Kulturmanagement

Auf Wiedersehen, Belarus! Да пабачэння, Беларусь!

Alla Stashkevich, Tatjana Bembel und ich mit der Handreichung zu den Museumsseminaren.

Nun ist es soweit, nach drei Jahren geht unsere Zeit in Minsk zu Ende. Für mich war es eine anregende, spannende und lebhafte Zeit, die wohl einmalige Chance, als Slavistin und langjährige Russlandreisende endlich einmal in der Kultur- und Sprachregion zu leben, deren Studium ich mir zu meiner Lebensaufgabe gemacht habe. Auf meinen Wegen durch dieses für viele noch immer unbekannte Land haben mich Menschen begleitet, denen ich für ihr Vertrauen danke. Sie haben mich an die Hand genommen auf meinen Erkundigungen durch die Museums- und Kulturlandschaft, bei der Erforschung und der teilweise schmerzvollen Erinnerung an die tragische Geschichte, die unsere beiden Länder verbindet, sowie bei meinen Ausflügen in die verbindende Welt des Sports, allen voran des Dressurreitsports. Sie alle werde ich vermissen!

Mit dem Rückumzug nach Deutschland endet auch der Blog. Zwar ließe sich auch von Deutschland aus eine Kommentierung der Museums- und Kulturszene fortsetzen. Da es noch immer recht wenig Informationen zur aktuellen Kulturlandschaft in Belarus gibt, würde das einer Annäherung und dem gegenseitigen Austausch auch gut tun. Dennoch scheint mir die Beendigung des Blogs folgerichtig, da ich diese Form der freien Rede, kurzer Kommentare und persönlicher Eindrücke in der Absicht gewählt hatte, um meine punktuellen, nicht immer systematischen Beobachtungen im Lande zu notieren. Dieser unmittelbare Zugang ist nun nicht mehr gegeben.

Unser Rückumzug nach Deutschland ist zugleich auch die Schließung des deutschen Militärattaché-Stabes in Minsk, d.h. es wird kein Nachfolger kommen. Zu den vorausgegangenen Verwicklungen hatte ich berichtet, sie haben letztlich zu diesem Schritt geführt, für dessen Einschätzung und Bewertung dieser Blog nicht der richtige Ort ist. Diesen Moment hat die Belarussische Militärzeitung zum Anlass genommen, ein lange geplantes Interview mit meinem Mann, Niels Janeke, zu führen. Seine Publikation ist ein Überblick und Rückblick auf die Arbeit des Militärattachéstabes der letzten drei Jahre aus belarussischer Sicht.

Foto zum Artikel in der Belarusskaja Voennaja Gazeta, 26.6.2013

Was mich betrifft, so werde ich auch weiterhin mit meinen belarussischen Kollegen in verschiedenen Projekten zusammenarbeiten und meinen Teil dazu beitragen, die kulturellen Kontakte auszubauen und zu vertiefen. Sofern es dazu etwas zu berichten gibt, tue ich dies nter der Rubirk Aktuelles auf meiner Website. Die aktuelle und regelmäßige Analyse überlasse ich anderen, die noch näher dran sind, weil sie im Land leben oder sich ausschließlich Belarus widmen. Ihre Blogs und Websites sind in der Rubrik Links genannt.

Dank dieser Mischung aus Internet und persönlichen Kontakten wird Belarus weiterhin eine wichtige Rolle in meinen beruflichen und persönlichen Interessen spielen. Ich habe das Land schätzen und lieben gelernt und will es nicht wieder verlieren. Auf Wiedersehen, Belarus! Да пабачэння, Беларусь!

„Museen als Bildungsorte des 21. Jh.“ – Eine Handreichung

Eine meiner letzten Amtshandlungen in Belarus war die Fertigstellung der Handreichung, die die Materialien der Museumsseminare im Goethte-Institut 2012 zusammenfasst. Zusammen mit Alla Stashkevich, Insitut für die Kultur von Belarus und Vorsitzende von ICOM Belarus, haben wir die Unterlagen aller Referenten mit Einleitungstexten, Glossarien zu den einzelnen Themen sowie einer Bibliographie versehen. Nun endlich ist unser Werk auf russisch (als gedrucktes Handbuch) und auf deutsch (als beigefügte CD) erschienen. Beide sprachlichen Versionen sollten demnächst zum Download auf den Websites des Goethe-Instituts und des Instituts für die Kultur Belarus’ bereitstehen. Zudem können sie in der Literaturliste von Tradicia als PDF sowie die deutsche und die russische Version heruntergeladen werden. Und schließlich ist in den Mitteilungen 35 (2013) von ICOM Deutschland ein Abschlussbericht zu dem Projekt erschienen.

Damit kommt eines meiner umfangreichsten Projekte in Belarus zum Abschluss, gerade noch rechtzeitig vor unserer Ausreise. Ich freue mich sehr, dass ich auf diese Weise ein sichtbares und greifbares Resultat meiner Zusammenarbeit mit dem Goethe-Institut, ICOM Belarus, den belarussischen Museen und den deutschen Partnern hinterlassen kann. Möge es sich verbreiten und zu neuen Projekten und Kooperationen führen.

Dass die Reise nach Minsk und der Austausch mit den belarussischen Museumskollegen auch für die deutschen Kollegen ein inspirierendes Erlebnis war, belegen die Blogeinträge von Katrin Hieke und Jörn Brunotte. Möge auch das zur weiteren Vernetzung beitragen!

Fachpublikation des Instituts für die Kultur Belarus’ zur Lage der Museen

Unter dem Titel „Muzei Belarusi. Prablemy. Perspektyvy. Inavacyi“, Minsk 2012, ist vor Kurzem eine umfangreiche Broschüre zu verschiedenen Museums- und Ausstellungsfragen erschienen. Herausgeber sind das Kulturministerium und das Institut für die Kultur Belarus’.

Sie umfasst Kurzinterviews mit Akteuren zur Lage der Museen, darunter die Direktoren des Museums für den Großen Vaterländischen Krieg, Sergej Azaronok, des Nationalen Kunstmuseums, Vladimir Prokopcov, sowie weiterer Direktoren, auch aus den Regionen des Landes. Die folgenden Aufsätze werden eröffnet durch einen Beitrag von der Leiterin der Abteilung Museen im Institut für die Kultur Belarus’, Irina Laptjonok zur Entwicklung der Museen zwischen 1991 und 2011 mit Besucherzahlen und Statistik. Es folgt die thematische Abteilung „Schlösser und Paläste“, dabei steht Nezwizh im Mittelpunkt, wo in diesem Jahr zahlreiche neue Räumlichkeiten eröffnet wurden. Vorgestellt werden aber auch bisher nicht renovierte Schlösser und Kulturstätten. In der Rubrik „Konzeptionelle Projekte“ steht das im Sommer eröffnete Museum der belarussischen Staatlichkeit im Zentrum, gefolgt von dem Großprojekt des Museums des Großen Vaterländischen Krieges. Als „Erinnerungsausstellungen“ werden Chatyn und das Museum für Jakub Kolas vorgestellt, sowie Ausstellungen in der Festung Brest und das Chaim Soutine-Zentrum. Unter dem Thema

„Sammlungen“ werden Exponate aus dem Nationalen Kunstmuseum, dem Minsker Regionalmuseum, verschiedenen Heimat- und Spezialmuseen sowie einzelne Schlüsselobjekte vorgestellt.

Eine große Abteilung bildet das Thema „Interaktive Ausstellungen“: Hier wird über die Kinderprogramme aus dem Museumskomplex Polock berichtet, über Projekterfahrungen im Museum für zeitgenössische Kunst sowie zu theoretischen Aspekten der Museumspädagogik. Ebenfalls umfangreich ist die Rubrik „Design und Gestaltung“, ein hierzulande sehr aktuelles Thema. Für den durchaus anderen Umfang mit dem Aspekt hier in Belarus (wie übrigens auch in Russland) sprechen die ersten beiden Texte, in denen Künstler über ihre Arbeit als Gestalter berichten. Theoretisch wird dies noch einmal von Irina Laptjonok eingeordnet.

Zum Thema der „Neuen Medien“ werden die Beiträge eines Rundtischgesprächs auf der ADIT-Konferenz von Mai 2012 abgedruckt sowie weitere Beiträge zur Buchkonservierung und elektronischer Verfügbarkeit von Exponaten. Der Blick ins Ausland stellt das Chopin-Museum in Warschau, den Umgang mit Schlössern in Österreich vor und offeriert einen deutschen Blick auf die Museumslandschaft in Belarus (meine erste belarussische Publikation!).

Eigentlich sollte diese Art der Bestandsaufnahme der nationalen Museumslandschaft öfters erscheinen, dafür gibt es aber nicht genug Geld. Diese Ausgabe jedenfalls ist Teil des Kulturförderprogramms 2011-2015. Infolge dessen finden sich darin auch die Vorworte des Kulturministers (hier noch Latuschko) sowie der im Ministerium zuständigen Bearbeiterin Svetalana Gavrilova. Von Seiten des Instituts führt Irina Laptjonok in das Thema ein.

Das handliche DIN A 4-Format verleiht der Publikation einen Arbeitscharakter. Schade ist, dass alle Text ausschließlich auf belarussisch zu lesen sind, es gibt auch weder eine russische noch eine englische Zusammenfassung. Positiv zu vermerken sind dagegen die vielen farbigen Abbildungen. Literaturangaben finden sich teilweise am Ende der Texte, auch diese meist nur belarussisch, eine Gesamtbibliographie, die auch einige wenige russische und englische Titel nennt, steht am Ende des 200 Seiten dicken Buches.

Erstes belarussisches Museumsforum in Grodno

Foto: http://www.grodnonews.by/ru/0/13217/news

Nach offiziellen Angaben haben am ersten Museumsforum des Landes, das vom 12.-14. Oktober in Grodno stattgefunden hat und vom Kulturminister eröffnet wurde, 17 Nationen teilgenommen, darunter Russland, Litauen und Deutschland. Der Minister betonte, dass es um den Austausch zwischen den 1.914 Museen des Landes ging, von denen „nur“ 156 zum Kulturministerium gehörten. (Dazu muss man wissen, dass jedoch alle anderen Museen ebenfalls an die Vorgaben des Ministeriums gebunden sind.)

Das Forum bot einen guten Überblick und Einblick in die Arbeit von ca. 150 Museen. Das Angebot reichte von der Vorstellung der Museen über die Darbietung von traditionellen Handwerkstechniken und Bräuchen bis hin zum Verkauf von museumseigenen Publikationen. Besonders beeindruckt haben mich die Stände der kleinen Museen, wie z.B. des Stadtmuseums Gomel oder des Heimatmuseums Rečica. Bilder von der Ausstellung mit der durchaus modernen Gestaltung finden sich auf der Website des Museums. Thema der Darstellung war die durchaus eindrucksvolle Tätigkeit des Museums auf dem Feld der experimentellen Archäologie. Sie waren durchweg kreativer in ihren Präsentationen, als die großen, etablierten Museen und Museumskomplexe.

Enttäuschend dagegen war das Rahmenprogramm, das letztlich „nur“ die Präsentation weiterer Museen (z.B. aus Österreich und Israel), Konzerte sowie organisierte Museumsbesuche beinhaltete. Podiumsdiskussionen oder Expertengespräche gab es keine.

Ungünstig waren auch die Räumlichkeiten in einem Stadion, das man erstmal durchqueren musste, um überhaupt zur Museumsmesse zu kommen. Wer es nicht wusste, hätte es wohl kaum gefunden.

Freitag war die Messe dem Fachpublikum vorbehalten, am Wochenende stand sie allen Besuchern offen. Gar nicht beteiligt war die nationale Sektion von ICOM, was zum einen mit persönlichen Animosität zwischen den verantwortlichen Damen hier wie dort zusammenhängt, aber natürlich auch mit der Dominanz des Kulturministeriums über die gesamte Museumsszene. Internationale, kritische und nicht planbare Beiträge, etwa in Diskussionsrunden, sind da nicht erwünscht.

Trotz aller Kritik ist die Veranstaltung aus meiner Sicht trotzdem als gelungen anzusehen, wobei ich mir für die Zukunft mehr Informationen für Museumsprofis, weniger für den „Allgemeinbesucher“ wünsche. Es ist geplant, das Forum alle zwei Jahre in einer anderen belarussischen Stadt abzuhalten.

Museumswissenschaftliche Fachliteratur

Eine neue Dissertation zur Museumslandschaft in Belarus war Anlass für mich, mal einen (nicht vollständigen und nicht erschöpfenden) Blick auf die Fachliteratur zu Fragen rund ums Museum zu werfen. Die erwähnte Dissertation von Evgenija Krasnova (russisch) gehört zweifellos dazu, so wie auch die Arbeiten von Tamara A. Džumantaeva, die bis dahin die einzige Doktorarbeit zu den belarussischen Museen (zur „Entwicklung der Kulturmuseen in Grodno“, 2009, belarussisch) vorgelegt hatte.

Hier deutet sich bereits ein Problem für ausländische Wissenschaftler an: Wer einen genauen Blick auf die belarussische Museumsszene werfen will, der muss auch belarussisch zumindest lesen können. Z.B.

Alexander A. Gužalovskij, Professor für Museumswissenschaften an der BGU, schreibt meist auf belarussisch. Von ihm stammen zahlreiche Veröffentlichungen, darunter die dreibändige Übersicht über die Geschichte der belarussischen Museen von 1918 bis 1991 (letzter Band: Minsk 2004) sowie die umfangreiche Einführung in dem Nachschlagewerk „Muzei Belarusi“, Minsk 2008.

Ebenfalls zur Lage der belarussischen Museen publiziert Alla Staskevič vom Institut für belarussische Kultur, und zugleich Vorsitzende von ICOM Belarus. Vgl. Музеи Литвы и Беларуси: пути и перспективы развития в XXI веке: [материалы конференции, Минск ― Вильнюс ― Тракай, 2006―2007 / составители: Е. Матевосян, В. Повилюнас, А. Сташкевич]. – Минск [и др.], 2007. – 111 c. Das Institut für belarussische Kultur sammelt übrigens statistisches Material über die Museen des Landes, was allerdings nur unregelmäßig veröffentlicht wird.

An der im Exil befindlichen Europäischen Humanistischen Universität in Vilnius beschäftigt sich Alexander Kolbaska mit dem Thema, der auch viel auf Englisch publiziert, über Belarus hinaus in andere Länder schaut und dabei Fragen des Museumsmanagements berührt.

Eine eigene Fachzeitschrift gibt es in Belarus nicht. Unregelmäßig erscheinen lediglich die Музейныя сшыткi. Навуковая апрацоўка музейных прадметаў. Пiсьмовыя i фотадакументальныя помнiкi: Навук.-метад.зб. – Мн.: БелIПК sowie eine Sammlung von Aufsätzen zu Museumsfragen vom Staatlichen Museum für Geschichte. Für allgemeine Fragen der Museumswissenschaften und theoretische Aspekte sind die entsprechenden russischen Zeitschriften zu nennen, z.B. Voprosy Museologii, Mir Muzeja u.a. Die Berichte zur Entwicklung der Museumslandschaft, ihrer Institutionen und Personen, beziehen sich hier natürlich auf Russland – die Lücke für Belarus bleibt bisher offen. Einzelne Aufsätze zum Museumswesen dagegen finden sich in folgenden Zeitschriften: Vestnik Instituta sovremennych znanii, Vestnik Belarusskogo gosudarstvennogo universiteta kul’tury i iskusstva (auf belarussisch) sowie Čelovek. Gramadstva, Svet (Informationsministerium).

2003 ist ein Leitfaden zur Behandlung von Sammlungsgut erschienen (Naučnaja obrabotka muzejnych predmetov, Mogiljov 2003) sowie 2004 ein Wegweiser zur Entwicklung musealer Konzeptionen (Канцэпцыя развiцца музейнай справы, Minsk 2004, hg. vom Kulturministerium). 2005 hat das Nationale Kunstmuseum einen Sammelband herausgegeben (Muzej kak kreativnoe prostranstvo kul’tury, Minsk 2005) und 2006 veröffentlichte das Erziehungsministerium zusammen mit der Vitebsker Universität ein Handbuch für Studenten (Музей. Вучэбна-метадычны комплекс, Vitebsk 2006).

Die häufigste Publikationsform ist die Veröffentlichung von Konferenzbeiträgen, wie z.B. 2009 „90 год Вiцебскаму абласному краязнаŷчому музею (2009), darin ein Aufsatz über die Entwicklung des belarussischen Ausstellungswesens. Es lohnt sicher daher, die rege Konferenztätigkeit der Museen zu verfolgen. 2010 schließlich ist die Veröffentlichung Культурная спадчына, менеджмент, маркетинг (Minsk 2010)  erschinen.

Der Zugang zu internationaler Literatur und vor allem Zeitschriften ist sehr eingeschränkt. Sei es, weil die Bibliotheken kein Geld für Ankäufe haben, sei es, weil es doch einen Filter gibt, so dass es so manche Veröffentlichung nicht in die belarussischen Kataloge schafft. Fachliteratur zu allgemeinen Fragen des Kulturmanagements ist auch in Russland erst in den letzten Jahren erschienen, seitdem aber eine große Anzahl von Büchern und Aufsätzen. Hier lohnt sich ein Blick in die Publikationsliste des Studiengangs an der Petersburger Universität (G.L. Tul’činskij und E.L. Šekova). Aber nicht mal diese Literatur oder auch die verschiedenen Angebote von ICOM Russland sind hierzulande immer bekannt, geschweige denn verbreitet.

 

Gesellschaftliches Mäzenatentum à la Belarus

http://news.open.by/region/81329

Dank der beharrlichen Initiative des Museums der Geschichte von Mogiljow ist es gelungen, ein Statut des Großfürstentums Litauen zu erwerben. Es handelt sich um ein von Lew Sapega im Jahre 1588 herausgegebenes Dokument.

Eine erste Präsentation hat nun am 9. Juni im Stadtrat von Mogiljow stattgefunden. Demnächst soll es einen Ehrenplatz im Stadtmuseum erhalten.

Dem Museum war es gelungen, 15.000 $ aus privaten Spenden zu sammeln, die noch fehlenden 30.000 $, um das Dokument von einem russischen Sammler erwerben zu können, stiftete die Unternehmensgruppe „Alpari“. Ganz freiwillig war diese Spende jedoch wohl nicht, die Nationalbank hatte darum „gebeten“.

Für das Museum handelt es sich um eine bedeutende Neuerwerbung, wie der Direktor, Alexej Batjukow, betonte: „Der Kauf des Statuts wurde dank der großen gesellschaftlichen Unterstützung ermöglicht. Diese Aktion ist ein Teil der Maßnahmen zur Rückgewinnung kulturhistorischer Wertgegenstände“.

Neben dem Statut sind im Rahmen dieser Maßnahmen vier Slucker Gürtel erworben worden, die in Nezvizh gezeigt werden sollen (Svaboda.org, Kultura). Insgesamt sind laut Kulturministerium 10 Mrd. BYR für den Ankauf von Kulturgütern im Zeitraum 2011-2012 vorgesehen.

Studiengänge zum Kulturmanagement in Belarus/Weißrussland

In der letzten Woche hatte ich Gelegenheit, an der Verteidigung einer Doktorarbeit (hier: Kandidat der Wissenschaft) zur „Zeitgenössischen Museumslandschaft in Belarus“, teilzunehmen – Anlass, einen Blick auf die verschiedenen Studiengänge zum Kulturmanagement in Belarus zu werfen.

Da ist zum einen das Angebot „Management des Kultur- und Sozialbereichs“ an der vergleichsweise jungen Universität für Kunst Kultur in Minsk. Eben diese Hochschule bietet darüber hinaus den Studiengang „Museumswissenschaften, Konservierung und Restaurierung historisch-kultureller Objekte“ an, wo die o.g. Dissertation verteidigt wurde.

An der Staatlichen Universität kann man an der Historischen Fakultät „Museumswissenschaften und Ethnologie“ belegen, an der Humanistischen Fakultät Kulturologie oder Medienmanagement am Institut für Journalistik studieren.

Die Universität Vitebsk hat einen Studiengang «Museumswissenschaften und Erhaltung historisch-kulturellen Erbes» eingerichtet.

Einige der Studiengänge führen zum Bachelor, der hier längere Zeit in Anspruch nimmt als in den meisten westlichen Universitäten, andere sind Master-Aufbaustudiengänge, die wiederum nur ein Jahr dauern. Am Bologna-Prozess in Belarus nicht beteiligt, so dass man hier nicht von einer automatischen Anerkennung der Studienleistungen ausgehen kann. Derzeit gibt es Überlegungen auf deutscher Seite, einen neuen, eigenen Masterstudiengang „Kulturmanagement“ über zwei Jahre zusammen mit einer belarussischen Universität einzurichten.

Die erwähnte Dissertation ist übrigens erst die zweite dieser Fachrichtung. Schwerpunkt der Arbeit ist die Vermittlungsarbeit der Museen in ihren Dauerausstellungen. Leider muss man bemängeln, dass die Autorin auf einen Blick jenseits von Belarus verzichtet hat, mit der Begründung, die „vaterländische“ Museumslandschaft analysieren zu wollen. Insgesamt ist die Arbeit ein weiterer wichtiger Schritt zur Professionalisierung der hiesigen Museumslandschaft, hält aber dem wissenschaftlichen Standard der internationalen Museumswissenschaften nicht stand.

Die Verfasserin, Evgenija L. Krasnova, ist wissenschaftliche Mitarbeiterin des Regionalmuseums Vitebsk, die erste Absolventin, Tamara A. Džumantaeva, Direktorin des Polocker Schloss- und Museumsensembles. Sie ist bei der Disputatio als eine der beiden Opponenten aufgetreten. Der zweite war Aleksandr A. Gužalovskij, Professor für Museumswissenschaften an der Staatlichen Universität (siehe oben) – die Museumswelt ist hier noch sehr überschaubar. Der Verlauf der Veranstaltung erinnerte mich ansonsten an meine eigene Verteidigung der Doktorarbeit: Vortrag der Kandidatin, Diskussion, Vorträge der Opponenten, die eigentliche Verteidigung. Das Ganze dauerte ca. 3 Stunden, alles sehr formalisiert, dafür aber auch deutlich feierlicher als ich es, zumindest an der Freien Universität Berlin, kennengelernt habe. Herzlichen Glückwunsch, Evgenija!

Neues vom Museumsviertel in Minsk

Foto: http://www.profi-forex.org/news/entry1008115626.html

Eine neuerliche Meldung des Museumsdirektors Vladimir Prokopcov (BelaPan 13.4.2012) kündigt den schon länger geplanten Ausbau des Viertels rundum das Nationale Kunstmuseum für 2017 an. Demnach geht die Idee auf den Präsidenten selbst zurück.

Ziel des Ausbaus zum Museumsviertel ist die Erweiterung der Ausstellungsfläche, so dass die gesamte Sammlung des Kunstmuseums gezeigt werden kann. Bisher sind insbesondere die Bestände alter und moderner belarussischer Kunst sowie der orientalischen Kunst weitestgehend im Depot. Außerdem soll ein Besucherservicebereich mit Café und Shops entstehen.

In die Erweiterung einbezogen wird das ehemalige Wohnheim der Staatlichen Universität. Bei anderen Gebäuden, die derzeit noch mit Wohnungen belegt sind, gibt es noch Verhandlungsbedarf, ob uns wie diese in die Erweiterung mit einbezogen werden können.

Warum die Meldung gerade jetzt wieder aktuell ist, ist nicht erkennbar. Die Idee jedenfalls ist nicht neu und immer mal wieder im Gespräch.

Talkshow zur Lage der Museen in Belarus/Weißrussland

Am 2.4.2012 hat sich die wöchtenliche Talkshow von Vjacheslav Bondarenko, Otkrytj format, mit der aktuellen Lage der Museen befasst. Gäste waren der Direktor des Nationalen Kunstmuseums, der Direktor des Museums der Geschichte des Großen Vaterländischen Krieges, die stellvertretende Leiterin der Museumsabteilung im Kulturministerium und zwei Künstler. Außerdem gab es, wie immer, Wortmeldungen aus dem Publikum, darunter vom Direktor der Gedenkstätte Chatyn, Alexander Guzhalovskij, einem führenden und kritischen Professor für Museumswissenschaften an der BGU oder Alexander Zimenko, einem freien Kurator für zeitgenössische Kunst.

Ausgangspunkt war die Einführung eines Eintrittsgeldes für den Ruhmeshügel. Es kamen aber auch andere Themen zur Sprache wie der Anstieg der Besucherzahlen, die in belarussischen Museen fehlenden Shops und Servicebereiche, Veranstaltungsprogramme und Lange Nacht, private Sammlungen sowie die Frage, warum es in Belarus eigentlich klein Open-Air-Automuseum gibt.

Interessanter als diese Frage war aus meiner Sicht die Umfrage, die während der Sendung bei den Zuschauern durchgeführt wurde. Demnach halten 83% der Belarussen Museen für einen Ort der Aufklärung, nur 17 % bringen sie mit Freizeit und Unterhaltung in Verbindung.

Insgesamt war die Sendung wenig ergiebig. Es gab kein erkennbares Konzept bzw. eine klare Fragestellung. Die Beiträge wirkten daher überwiegend beliebig, wie auch die zusammenfassende Stellungnahme von Bondarenko in seinem Blog: Angesichts der Tatsache, dass Museen lebendige Orte sein sollten, nehme die Verwaltung überhand.

Museen als Bildungsorte des 21. Jahrhunderts – Seminarreihe im Goethe-Institut

Mit dem Seminar „Zeitgeschichte in Museen“ hat am Freitag die Seminarreihe zu Fragen des Ausstellungs- und  Museumsmanagements im Goethe-Institut begonnen. Die Referentin, Dr. Irmgard Zündorf vom Zentrum für Zeithistorische Forschung (Potsdam) berichtete den 25 Teilnehmern aus verschiedenen Minsker und regionalen Museen über die Erinnerungslandschaft in Deutschland und wie diese sich in Diskursen (z.B. über die Gedenkstättenkonzeption) und Museen widerspiegelt.

Die komplexen Strukturen in Deutschland zwischen Föderalismus und Bund sowie Aufarbeitung der NS- und DDR-Vergangenheit riefen zunächst viele Nachfragen hervor. In den teilweise sehr lebhaften Diskussionen und Gruppenarbeitsphasen entstanden dann aber sehr differenzierte Entwürfe für die Situation im eigenen Land mit sehr konkreten Vorschlägen, wie zum Beispiel der Stärkung regionaler Strukturen gerade im Kulturbereich, wie es in letzter Zeit schon ansatzweise zu beobachten ist.

Die Veranstaltung konnte das Bewusstsein dafür schärfen, dass es zeitgeschichtliche Museen im deutschen Sinne in Belarus gar nicht gibt, sondern allenfalls temporäre Ausstellungen zu einzelnen Aspekten der jüngsten Geschichte. Der Hinweis auf die eine, hochaktuelle Ausnahme, das „Museum der belarussischen Staatlichkeit“ (dessen Eröffnung unmittelbar bevorsteht), das keiner kennt und bis auf weiteres auch keiner besuchen darf, machte die dafür verantwortlichen kultur- und geschichtspolitischen Verantwortlichkeiten einmal mehr deutlich. Überhaupt verlief die Diskussion sehr offen, mit viel Humor und Kreativität. So wurden als neue zeithistorische Museen im Falle völliger Planungsfreiheit folgende Ausstellungen vorgeschlagen: Ein Museum der Geschichte der Republik Belarus, in dem die leeren Regale und Schlangen vor den Wodkaregalen Anfang der 90er Jahre gezeigt werden könnten, um die aktuelle Situation umso heller erstrahlen zu lassen, ein Museum der Biographien, das den individuellen Umgang mit der jüngsten Entwicklung exemplarisch dokumentieren würde, ein Museum der BSSR mit einem ähnlich nostalgischen Konzept wie die privaten DDR-Museen in Deutschland, ein Museum des gegenwärtigen belarussischen Films, das ohne Objekte auskommen müsste, da die Requisiten regelmäßig im Auftrag privater Sammler aus den Filmstudios gestohlen würden oder ein Museum des Schmuggels, das den eigentlich wahren Kern der belarussischen Identität dokumentieren würde, da das Land seit jeher als Transitgebiet zwischen den übermächtigen Nachbarn fungiere.

Das nächste Seminar wird sich am 13. April mit strategischem Marketing und Tourismus beschäftigen.

Seminare zum Ausstellungs- und Museumsmanagement

Auch in diesem Jahr wird es wieder eine Reihe von Veranstaltungen für Mitarbeiter/-innen von weißrussischen Museen am Goethe-Institut geben. Anders als im letzten Jahr wird eine regelmäßig tagende Arbeitsgruppe zusammenkommen, die sich aus einem festen Teilnehmerkreis zusammensetzt. Die Museumsfachleute erhalten am Ende ein Zertifikat über ihre Teilnahme, ausgestellt vom Goethe-Institut, ICOM und Tradicia History Service. Darüber hinaus finden zwei mehrtägige Workshops zur Vertiefung einzelner Themen statt.

Der Ausschreibungstext zur Bewerbung um die Teilnahme ist ab heute in deutscher, russischer und belarussischer Sprache auf der Website des Goethe-Instituts zu finden.

Außerdem habe ich in der vergangenen Woche mit meinem „Speckurs“ zum Thema Ausstellungsmanagement an der Historischen Fakultät am Lehrstuhl für Museumswissenschaften der Staatlichen Universität begonnen. Eine durchaus lohnende Erfahrung: Die Studierenden sind engagiert und saugen den Stoff praktisch auf, zur Bearbeitung von Texten, Websites etc. kann ich auf deutsche, englische und französische Sprachkenntnisse zurückgreifen, die Technik (Beamer, WiFi) hat bis jetzt einwandfrei funktioniert.

Weniger erfreulich sind das Honorar (10.0000 Rubel (ca. 1 €) pro Stunde), nur mäßig geheizte Räumlichkeiten mit zwar vielen PCs, dafür aber keiner Tafel, einer Flipchart o.ä., die nicht vorhandene Fachliteratur für einen Handapparat und die Organisation seitens der Uni. Dafür ist es umso erstaunlicher, dass sich aber auch inhaltlich niemand um mich kümmert, sprich: ich bin vollkommen frei in der Wahl meiner Seminarinhalte und Beispiele, incl. uneingeschränktem Zugang zum Internet. Auch hier also wieder die so oft zu beobachtende Ambivalenz: Ein insgesamt zu niedriges Niveau, nicht nachvollziehbare Strukturen und vor allem die eingeschränkte Freiheit zu Forschung und Lehre behindern den Beitritt des Landes zum Bologna-Prozess. Eine Kontrolle oder Aufsicht ausländischer Referenten, so jedenfalls meine eigene Erfahrung, findet offenbar nicht systematisch statt.

Private Kunsthandlung und Rahmungen in Minsk

Wie so oft, hat sich die Sendung „Alte neue Heimat“ auf WDR 5 auch an diesem Sonntag (5.2.2012) wieder Belarus/Weißrussland zugewandt. In einem Beitrag über die Situation privater Unternehmen im Lande stand eine Kunsthandlung in der Hauptstadt im Mittelpunkt, die Rahmen, Rahmungen und hochwertige Kunstdrucke anbietet.

Unter Verweis auf die doch erheblichen Schwierigkeiten und bürokratischen Schikanen, mit denen ein privates Unternehmen heute in Belarus zu kämpfen hat, wollten die Inhaber der Kunsthandlung nicht genannt werden.

Diesen Wunsch wollen wir nicht unterlaufen. Hochwertige Rahmen, Leisten und Kunstdrucke gibt es jedenfalls an verschiedenen Stellen: http://www.ramka.by/, http://baget.by/, http://heritage.belcoins.com/podzemka.html, http://www.bagetstudia.by/contact.html

Die Museumslandschaft in Belarus …

… ist vielfältig und birgt viele Überraschungen in einem politischen System, in dem man wenig Spielräume vermutet. Mehr noch als die Museen selbst profitieren die Museumsmitarbeiter noch immer von der Aufbruchstimmung der frühen 90er Jahre. Was fehlt, sind internationale Kontakte und die Entwicklukng von Qualitätsstandards.

Eine Bestandsaufnahme der gegenwärtigen Situation, aktueller Tendenzen und Herausforderungen habe ich für die aktuelle Ausgabe der „Belarus-Analysen“ der Forschungsstelle Osteuropa an der Universität in Bremen zusammengestellt, ergänzt von statistischen Angaben zur lage der Museen, die vom Institut für Belarussische Kultur stammen. Zum vollständigen Text geht es hier.

Zeitgenössische Kunst in der Galerie Ȳ

Die gestrige Eröffnung der Ausstellung „Wie in einem schrecklichen Märchen“ möchte ich nutzen, um endlich über die einzige unabhängige Galerie für zeitgenössische Kunst zu berichten. Leicht versteckt in einem typischen Minsker Hinterhof, bildet die 120 m² große, 2009 gegründete Galerie den Mittelpunkt einer Reihe von Geschäften und Einrichtungen der alternativen Jugend- und Kunstszene. Dies war gestern Abend wieder mal eindrucksvoll zu erleben: Eine erfrischend schräge Mischung aus jungen und ganz jungen Leuten, vielen Künstlern und Literaten, aber auch „ganz normaler“ mittelalter Besucher und einigen Ausländern. Im Zentrum der Aufmerksamkeit stand zunächst die Eröffnung der Ausstellung des Künstlers Michail Senk’kov, der eine Reihe von Gemälden und Graphiken in seiner ersten Einzelausstellung präsentierte. Eindrucksvoll in ihrer Wirkung und technisch präzise in der Ausführung sind seine Werke Ausdruck für die inneren Konflikte, Ängste und Träume des Künstlers. Verstärkt wurde die zugleich beklemmende wie inspirierende Atmosphäre durch den Auftritt von Schauspielern des Freien Theaters, die in eindrucksvollen Kostümen die Fantasie der Märchenwelt in die Galerieräume trugen.

Draußen vor der Tür wurde alsbald ein Feuer in einer alten Tonne entzündet – endlich mal wieder ein Gefühl wie in Berlin-Kreuzberg – und die Gespräche bei einem Glas Wein, einer Flasche Bier und einer Zigarette fortgesetzt. Der Galerieshop (mit seinem in Minsk einzigartig originellen Angebot), das Designer-Büro direkt neben der Galerie, war ebenso geöffnet wie das Café Malako, das sich auf wohltuende Weise von den sonst entweder teuren und schicken, provisorisch in einem Zelt untergebrachten oder standarisierten Cafés in Minsk unterschiedet. Allein die Buchhandlung des Verlags Loginoȳ mit ihrem reichen Angebot an belarussischer (Naša Niva, PARTisan, Arche etc.) sowie nicht überall zu habender russischsprachiger Literatur war nicht mehr geöffnet.

Das Programm der Galerie kommt bereits in ihrem Namen zum Ausdruck, dem Buchstaben ȳ, den es nur im belarussischen Alphabet gibt. Dies verweist auf den Programmschwerpunkt der Galerie: belarussische Künstler sowie solche, die mit ihrem Werk in Beziehung zu Belarus stehen. Galina Kisiljova, eine der beiden Direktorinnen, ist selbst zugezogen, nicht mit belarussisch als Muttersprache aufgewachsen und spricht zur Eröffnung auch russisch. Dafür die ist Internetseite der Galerie nur auf belarussisch, für eine englische Variante hat bisher das Geld nicht gereicht. Überhaupt ist das der wunde Punkt: Die Galerie ist im wesentlichen auf Eigenmittel angewiesen, Sponsoren finden sich nur selten und das System der Spenden oder eines Freundeskreises ist in Belarus bisher nicht sehr verbreitet. Staatliche Unterstützung gibt es keine, dafür zwischendurch eine Projektförderung durch den German Marshall-Fund oder das Goethe-Institut im Rahmen des Programms für Kulturmanager. Insgesamt vier Personen arbeiten in der Galerie, die neben dem Ausstellungsraum über ein winziges Büro und einen Lagerraum verfügt. Von Anfang an hat das Projekt Resonanz in internationalen Künstlerkreisen gefunden, der sich mit den Jahren stetig erweitert. Leider ist es nur selten möglich, die zum Verkauf stehenden Arbeiten der Künstler in einem Katalog zu veröffentlichen. Ernsthafte Probleme mit „den Behörden“ gab es bisher nicht, wenngleich die Arbeit schwierig bleibt. Doch das Engagement lohnt sich, die Galerie ist ohne Zweifel ein besonderer Ort in Minsk.

Interview mit den beiden Leiterinnen: http://news.tut.by/146438.html

Weiteres zur zeitgenössischen Kunst in Belarus: www.art-belarus.com

Planerfüllung im Museum

Wieder mal ein schönes Beispiel für die staatlich reglementierte Kulturpolitik ist der jüngste Beschluss des Ministeriums vom 28. Juli (Meldung bei der Nachrichtenagentur Belapan). Demzufolge müssen alle Museen, die zum Kulturministerium gehören, bis Ende 2012 eine Website aufweisen können.

Ebenfalls vorangetrieben und bis 2015 abgeschlossen sein soll die digitale Erfassung der Sammlungen, die dann online zugänglich sein sollen. Bisher nutzen 125 von 153 Museen eine Software für die Sammlungsverwaltung. Bereits seit im September 2010 existiert ein Nationaler Sammlungskatalog, in den bisher 4.000 Objekte eingespeist wurden. Besser aufgestellt sind die Bibliotheken des Landes, von denen nach Aussage des Ministeriums alle bereits ans Internet angeschlossen sind.

Museumskonferenz für den russischsprachigen Raum

Vom 10. bis 14. Mai fand in Minsk mit Unterstützung durch die Kulturministerien Russlands und Belarus’ die jährliche ADIT-Konferenz statt. ADIT ist eine russische, nichtkommerzielle Vereinigung (die Abkürzung steht für „Automatisierung von Museumsaufgaben und Informationstechnologie), die sich der Vernetzung und Kommunikation in Museen widmet. 1996 gegründet, ist sie aus der Tätigkeit des ICOM-Sonderkomitees CIDOC (International Committee for Documentation) als russischsprachiges Nationalkomitee hervorgegangen. ADIT veranstaltet jährliche Konferenzen, die bisher immer in Russland, 2011 erstmals in einem der Nachbarländer stattgefunden haben, gibt Bücher und Internetpublikationen zu verschiedenen Aspekten der Informationstechnologie in Museen heraus und veranstaltet Fortbildungsseminare.

Die diesjährige Konferenz war keinem speziellen Thema gewidmet, hatte aber aufgrund des Veranstaltungsortes einen Schwerpunkt auf den Museen in Minsk und Belarus. Neben zahlreichen, leider meist sehr kurzen, schlecht moderierten Vorträgen, die unmittelbar aufeinander folgten und kaum Raum für eine Diskussion ließen, gab es eine Präsentation von

Internet- und Multimedia-Präsentationen verschiedener Museen in der Nationalbibliothek. Themenschwerpunkte der Beiträge waren die Vernetzung von Museen, Bibliotheken und Archiven, multimediale Anwendungen in Ausstellungen, computergestützte Verwaltungssysteme und die Arbeit mit Kindern im Museum.

Ein weiterer zentraler Programmpunkt waren die Workshops für Anfänger und Fortgeschrittene zu dem Informationssystem KAMIS. Dabei handelt es sich um eine Museumssoftware einer Petersburger Firma für alle Arbeitsbereiche von Sammlung über Verwaltung, Leihverkehr und Restaurierung, das in vielen russischsprachigen Museen im Einsatz ist, bei weitem aber nicht das einzige Programm für diese Zwecke ist.

Insgesamt war die dreitägige Konferenz eine ideale Plattform für die Vernetzung der russischsprachigen Museumsszene und einen Einblick in die aktuellen Themen und Tendenzen der Region. Wer in diesem Feld auf dem Laufenden bleiben will, dem sei eine Teilnahme im kommenden Jahr empfohlen. Die Thesen der Vorträge sind in einer Broschüre bereits zur Konferenz erschienen (ISBN 978-985-459-210-7), die Konferenzberichte sind in Kürze auf der Website von ADIT zu finden.

Neues vom Museumsviertel Minsk

Seit längerem bereits ist rund um den Standort des Nationalen Kunstmuseums (Leninstraße 22/Kirovstraße 25) ein Museumsviertel geplant. Nun meldet der „Minsker Kurier“ (29.4.2011) neue Aktivitäten zu dessen Realisierung, die bis 2017 abgeschlossen sein sollen.

In den Gebäuden wurden nach dem Krieg Bewohner der Stadt untergebracht. Derzeit sind dort Büros des Museumspersonals untergebracht. Für Ausstellungszwecke sind die Bereiche eher ungeeignet. Durch Umbau- und Restaurierungsmaßnahmen in der Kirovstraße sollen die Räume als Depot und Bibliothek nutzbar gemacht werden. Die schon jetzt dort befindlichen Gästezimmer für das Museum sollen erhalten bleiben. Das Gebäude erhält eine neue Etage, die nach derzeitigem Planungsstand einem Kunstatelier für Kinder überlassen werden soll. Bisher für die Administration genutzte Räume in der Leninstraße sollen dann als Ausstellungsbereich zur Verfügung stehen.

Das neue Museumsquartel. Quelle: http://mk.by/ (29.4.2011)

Speziell für den Ausbau zu einem Museumsquartal erhält das Museum zusätzlich das Gebäude des ehemaligen Wohnhauses der Staatlichen Belarussischen Universität in der Karl-Marx-Straße 24, das perspektivisch die nationale Kunst von Belarus sowie ein Café und einen Museumsshop beherbergen soll. Im Café plant der Direktor des Museums, Vladimir Prokopcov, eine zusätzliche Fläche für Sonderausstellungen von Werken sowohl professioneller Künstler als auch von Studenten. Während es tagsüber nur den Besuchern des Museums offen stehen soll, wird es abends von der Straße aus öffentlich zugänglich sein.

Alle Gebäude des zukünftigen Kulturstandortes sollen untereinander verbunden sein und im Innern einen gemeinsamen Hof bilden, der als Ort der Begegnung und Kommunikation geplant ist. 2012 starten die ersten Baumaßnahmen, die abschnittsweise fertig gestellt werden sollen. Als Vorbilder für das, zumal in Zeiten akuter Devisenknappheit wahrlich ambitionierte Projekt werden Wien, Berlin und Amsterdam genannt.

Kulturoffensive

Gemäß verschiedener Präsidialbeschlüsse, zuletzt von September und Oktober 2010, ist eine umfassende strukturelle Erweiterung des Museumsbereichs in Minsk vorgesehen. Neben der bereits begonnenen Neukonzeption des Museums der Geschichte des Großen Vaterländischen Krieges, ist die Konzeption und Realisierung eines Zentrums für Zeitgenössische Kunst geplant sowie ein Museumsviertel um das Nationale Kunstmuseum.

Die genannten Vorhaben sind im Kontext mit dem staatlichen Programm zur Förderung der „Kultur Belarus“ für die Jahre 2011-2015 zu sehen. Während die Planungen für das neue militärhistorische Museum schon seit zwei Jahren laufen, befinden sich die Projekte rund um das Museumsquartal in der Grobplanung durch das Kulturministerium, zusammen mit städtischen Behörden. Ein konkretes Gebäude ist bereits ebenso vorgesehen wie die finanzielle Unterstützung des Sponsors Priorbank.

Sowohl der Umfang als auch die Komplexität der einzelnen Teilprojekte zeigen, dass der Kultur, und speziell der Museumslandschaft, in der Strategie der belarussischen Politik eine bedeutende Rolle zukommt. Dies ist zum einen an dem vorgesehenen erheblichen finanziellen Volumen erkennbar, zum anderen an der Benennung der Zielgruppen. Die Projekte richten sich, mit unterschiedlichen Schwerpunkten, an die belarussische Gesellschaft, insbesondere Jugendliche, sowie die internationale Öffentlichkeit. Damit verbunden ist das nach innen gerichtete Ziel, die eigene kulturelle Identität zu stärken sowie die nach außen orientierte Absicht, über die Verbreitung der weißrussischen Kunst, Kultur und Geschichte den Anschluss an die europäische Kultur- und Erinnerungslandschaft auszubauen.

Museum des Großen Vaterländischen Krieges III

 

Die Baustelle des neuen Museums.

Gestern meldete die Nachrichtenagentur BelPan, dass am 16. April ein landesweiter Subbotnik, ein sog. freiwilliger Arbeitstag, durchgeführt wird. Dabei sollen neben allgemeinen Aufräumarbeiten auch die Denkmäler des Größen Vaterländischen Krieges von den letzten Schneeresten befreit werden. Die Erträge sollen Kindern zugute kommen, die noch immer unter den Folgen des Reaktorunfalls von Tschernobyl leiden. Ein weiterer Teil aber, und hier eröffnen sich ungeahnte Möglichkeiten für alle Museen der Welt, wird dem Neubau des Museums des Großen Vaterländischen Krieges zugute kommen.

 

Dieses erhält ein aufwendiges neues Gebäude, für den die Stadt Minsk und der Staat bemerkenswert viel Geld bereitstellen. Ziel ist die Fixierung des ideologisch geprägten Geschichtsbildes in einer symbolträchtigen Architektur. 1995 ist ebendies in Moskau auf dem Verneigungshügel geschehen, an dessen Vorbild sich der Neubau unverkennbar orientiert.

 

Der geplante Neubau. Quelle: http://www.minchanka.by/rasskazy/museum.html

Für die Einrichtung der neuen Dauerausstellung muss das Museum freilich das Geld selber aufbringen. Ob dies mit entsprechenden inhaltlichen Freiheiten einher geht, bleibt abzuwarten. Die öffentlich einsehbare Konzeption lässt Zweifel aufkommen. In Gesprächen mit den Kollegen aber ist die Aufbruchstimmung zu spüren, der Wille, ein Museum auf „europäischem Niveau“ zu machen. Darin wird das Museum vom Goethe-Institut unterstützt, das eine Reihe von Seminaren zu Fragen des Museumsmanagements für die Mitarbeiter des Museums finanziert. Eine Mitarbeiterin kann für 14 Tage Einblicke in ein deutsches historisches Museum nehmen und eine Delegation des Museums hatte gerade die Gelegenheit, Berliner Museen und Kultureinrichtungen zu besuchen, um Ideen zu sammeln und sich mit den Kollegen auszutauschen. Als nächstes soll die Rolle des Museums als Ort nationaler Erinnerungskultur  auf einer Konferenz diskutiert werden, die vom 25.-27.5.2011 im Museum stattfinden wird.