Neuer Kultur-Fernsehsender

Seit dem 8. Februar ist das Staatliche Fernsehen in Belarus um einen Sender reicher (BelaPan, 8.3.2013). „Belarus 3“ ist ausschließlich der Kultur des Landes verpflichtet und greift damit das Vorbild des russischen Kanals „Kultura“ auf. Dies ist natürlich zu begrüßen, denn viele der Kultur gewidmete Dokumentationen oder Berichte über Neuinszenierungen an Oper und Theater, Literatur, Museen sowie Filme gibt es auf dem anderen Sender nicht. Allerdings darauf man dabei nicht vergessen, dass es sich bei dem Sender um staatliche Informationspolitik handelt, so dass man auf ein umfassendes, gar neutrales Bild der Kultur nicht hoffen kann.

Dazu passt, dass die Ausstrahlung erstmal mit der Nationalhymne begann. Es folgte eine belarussische Doku-Serie aus der Reihe Zyamlya Belaruskaya (Belarussisches Land) – immerhin in weißrussischer Sprache. 70% des Programms sollen auch weiterhin in belarussisch ausgestrahlt werden, ein gutes Zeichen, ist der Anteil an belarussischen Sendungen auf den anderen Kanälen doch noch immer gering.

Reiseportal „100 Wege“ in Belarus

Der „erste interaktive und multimediale Atlas von Belarus“ befindet sich hier. Hier findet man für viele Orte und Städte verschiedene individuelle Reiseberichte mit zum Teil tollen Fotos. Sinn und Zweck des Projekts ist es, seine eigenen Reiseerfahrungen und Fotos auf der Landkarte zu verorten und einzustellen.

Angesichts der mehr als dürftigen Reiseliteratur über Belarus ist das ein willkommenes Informationsangebot, zumal es einige Kuriositäten zu entdecken gibt, die wahrscheinlich sowieso in keinem Reiseführer stünden.

Ergänzt wird das Angebot durch Links zu journalistischen Reisereportagen, weiteren Fotostrecken und Berichten über historische Spurensuchen, Videos und Audioberichte. Der Link zu den „Nachbarn“ schließlich ermöglicht einen Blick nach Polen und Litauen, der mit bisher sehr wenigen Angeboten freilich noch recht knapp ausfällt. Trotzdem – ein Blick lohnt sich für alle, die originelle Ausflugsziele suchen.

Die private Sammlung Feliks Janushkevich

Unlängst führte mich mein Weg nach Rakov, ca. 30 km westlich von Minsk. Dort befindet sich die private Kunstsammlung von Feliks Janushkevich, einem bekannten belarussischen Künstleroriginal. Einst Schüler von Leonid Shchemeljov und Mitglied der Künstlerwerkstatt Michail Savickijs, lebt und arbeitet er heute zurückgezogen in seinem schlossartigen Museumsbau. Dieser umfasst neben den Wohnräumen mehrere Ateliers, Ausstellungs- und Lagerräume, ein Hotel mit Veranstaltungsraum, eine Räucherei, eine Sauna und und und. Janushkevich empfängt Besucher auf Anfrage, die eine mehrstündige Führung einschließlich Verköstigung erhalten – ein sehr unterhaltsames Programm, das jedoch seinen Preis hat, den der Meister je nach Einschätzung der finanziellen Rücklagen seiner Besucher großzügig bestimmt.

Diese Unterstützung leistet man aber gerne, ist dieser Ort doch einer der ganz wenigen privaten Kunst- und Ausstellungsräume in Belarus. Zu sehen bekommt man neben seinen eigenen Werken eine bunte Mischung diverser Gegenstände aus belarussischer, polnischer, ukrainischer und jüdischer Kulturgeschichte, Landwirtschaft und Kunstgewerbe. Für Historiker ist die Sammlung aller möglichen Gegenstände aus seiner eigenen Lebens- und Familiengeschichte sowie der Nachbarn von unschätzbarem Wert, befindet sich Rakov doch in einer Gegend, die mehrfach und immer wieder unter russische, polnische, deutsche und sowjetische Herrschaft geriet, wovon Bücher, Haushaltsgegenstände, Textilien, Dokumente, Pässe, Familienpapiere und Fotos zeugen.

Hervorzuheben ist die Sammlung von Keramik aus der früheren Produktion in Rakov. Sie ist übrigens auch das Dissertationsthema des Malers gewesen, der damit neben seinem Kunststudium seine akademische kunsthistorische Ausbildung abschloss. Überhaupt ist die Familie ein Musterbeispiel an Produktivität: Die vier Brüder des Hausherrn sind ein bekannter Bildhauer (lebt nebenan im selben Dorf), ein „Monumentalist“, ein Philologe (seinerseits mit einer bekannten Künstlerin verheiratet) und ein Naturwissenschaftler. Janushkevich selber ist katholisch und Belarusse durch und durch. Seine Kinder schickt er jeden Tag nach Minsk auf ein belarussisches Gymnasium. Nur mit Mühe ringt er sich für mich einen russischen Vortrag ab, der sich mir angesichts des Tempos aber auch nur zu 70% erschließt. Den Rest erledigt der selbstgebrannte Wodka, der selbstgeräucherte Speck, Honig und Marmelade, alles aus eigener, 100%iger Bio-Produktion.

Einen Besuch kann ich jedem nur empfehlen, der sich für die Kunst und Kultur des Landes in einem früheren Grenzgebiet zwischen Polen und Belarus interessiert und sich ein Bild machen will von alternativen Lebensformen in einem Land, in dem es so etwas scheinbar nicht gibt.

Frühere Besucher haben darüber bereits berichtet, dort finde sich auch weitere Fotos von Haus, Hof und Kunst sowie weiterer Sehenswürdigkeiten von Rakov und Umgebung: http://www.holiday.by/blog/124  und http://news.tut.by/otklik/233552.html

Belarus auf der Buchmesse in Leipzig

Gerade geht die Leipziger Buchmesse zu Ende (14. bis 17. März 2013). Ein Schwerpunkt lag dabei auf der Literatur aus Polen, der Ukraine und Belarus.  Das Portal www.literabel.de stellt Autoren aus Belarus vor und bietet Texte auch in deutscher Sprache. Im Vorfeld der Messe hatte literabel aktuelle Literaturtermine mit belarussischer Beteiligung zusammengestellt, neben Leipzig auch in Dresden und Berlin. Hier seien die Neuerscheinungen genannt.

NEUERSCHEINUNGEN

Valentin Akudowitsch: Der Abwesenheitscode. Versuch, Weißrussland zu verstehen. Aus dem Russischen von Volker Weichsel. Suhrkamp 2013. http://www.suhrkamp.de/buecher/der_abwesenheitscode-valentin_akudowitsch_12665.html

Valzhyna Mort: Kreuzwort. Gedichte. Aus dem Englischen von Uljana Wolf und Katharina Narbutovič. Suhrkamp 2013.http://www.suhrkamp.de/buecher/kreuzwort-valzhyna_mort_12663.html

Dossier „Zensur“ in Literatur und Kritik Nr. 471/472-2013, herausgegeben von Martin Pollack, mit Beiträgen von Viktar Marcinovič, Alhierd Bacharevič, Nił Hilevič u.a. http://www.omvs.at/de/literatur-und-kritik/aktuelle-ausgabe/

RADAR 1(7)-2013 mit Texten aus Belarus, Polen und der Ukraine, u.a. von Valancin Akudovič, Uładzimier Arłoŭ, Andrej Fiedarenka, Palina Kačatkova und Valžyna Mort. http://e-radar.pl/pl,strona,3.html

Aleś Razanaŭ: Punktierungen. In: Akzente 2/2013 (April)

Museum der Filmgeschichte

Von der persönlichen Leidenschaft seines Direktors Igor Avdeev zeugt die Ausstellung im Minsker Filmmuseum. Es erzählt die Geschichte des belarussischen Films. Diese ist naturgemäß eng mit dem sowjetischen Kino verbunden, weist aber durchaus eigene, nationale Entwicklungen auf. Die Ausstellung ist nach Filmen strukturiert, die hierzulande einen besonderen Einfluss hatten oder besonders beliebt waren. Neben Texten und Fotos gibt es alte und neue Filmtechnik zu sehen sowie Highlights aus der umfangereichen Plakatsammlung des Museums, die einige Exemplare seltener Plakate enthält.

Darüber hinaus widmet sich das Museum der Suche nach Filmen, die während des Zweiten Weltkrieges beschlagnahmt wurden und seitdem verschollen sind. Ein entsprechender Eintrag mit der Bitte um Unterstützung findet sich seit 2005 in der LostArt-Datenbank.

Eine eigene Website hat das Museum nicht, dafür aber einen Wikipedia-Eintrag. Weitere Informationen zum Museum finden sich hier.

Das Azgur-Museum

Eines der außergewöhnlichsten Museen in Minsk ist sicherlich das Azgur-Gedenkmuseum. Es befindet sich in der ehemaligen Werkstatt des Bildhauers Zair Isaakovich Azgurs (1908-1995). Schon allein die Familiengeschichte des jüdischen Künstlers mit dagestaner Wurzeln ist bemerkenswert. Er studierte übrigens auch bei Ju. Pen, der auch ein Lehrer Chagalls gewesen war.

In seiner Minsker Werkstatt fand, wie auch bei dem Künstler Michail Savickij, zu Lebzeiten des Künstlers ein Lehrbetrieb für die Studenten statt. Nach seinem Tode entstand hier 1996 das Museum, dessen Konzeption unter der, man möchte fast sagen, quirligen Direktorin den Werkstattcharakter überzeugend aufnimmt. In dem eindrucksvollen Raum voller riesiger Büsten und Skulpturen aller Sowjetgrößen veranstaltet das Museum seit 2000 regelmäßig Events, Performances und Museumstheater. Damit ist das einzige monographische Museum in Minsk zu einem Kultort für die junge Generation und ein Geheimtipp für Museumstouristen geworden. In der langen Nacht der Museen ist kein Durchkommen und die Karten lange im Voraus ausverkauft.

Bis 2004 war das Haus mit seinen 397 m² Ausstellungsfläche eine Filiale des Nationalen Kunstmuseums, seitdem ist es der Stadt zugeordnet.

Das Museum für zeitgenössische Kunst in Minsk

Meine bisherigen Besuche im Museum für zeitgenössische Kunst waren immer ein wenig enttäuschend. Denn Positionen zur aktuellen Kunst in Belarus sind dort, entgegen nahe liegenden Erwartungen, nicht zu finden. Woran das eigentlich liegt, ist schwer zu sagen. Zum einen hat es mit dem Stand der Gegenwartskunst in Belarus im Allgemeinen zu tun, zum anderen sicher auch mit der Direktorin, Natalja Sharangovich, Tochter des bekannten Malers Konstantin Sharangovich, der bis 2011 an der Akademie der Künste unterrichtet hat. Er war es, der das Museum vor 15 Jahren gegründet hat. Offenbar lag es da nahe, dass die Tochter in seine Fußstapfen tritt, das sie nun seit vier Jahren leitet.

Ideen hat sie viele, aber zu sehen ist davon nicht viel. Sie selbst sagt, die Belarussen seien noch nicht reif für Performances, Installationen oder Public Art. Vielmehr rufe das bisher noch Irritationen bis Ablehnung hervor, so dass man die Leute vorsichtig heranführen müsse. Diese Vorsicht führt aber leider dazu, dass das Museum kaum eine Position bezieht und nichts aus der eigenen Sammlung dauerhaft ausstellt. Und das liegt nicht nur an dem Mangel an Ausstellungsfläche in dem kleinen Haus. Gezeigt werden stattdessen Ausstellungen zeitgenössischer Künstler, die sich eng am klassischen Kanon orientieren oder in die Kategorie Kunstgewerbe einzusortieren sind. Bei meinem jüngsten Besuch waren eine Keramik- und eine Puppenausstellung zu sehen.

Brav war auch die Ausstellung „Exlibris“ aus der Sammlung des Museums 2012 (englischer und belarussischer Katalog) oder die beiden Open-Air-Projekte mit polnisch-belarussischen Plakaten und Reproduktionen von Werken von Chagall. Zwar spricht Sharangovich begeistert von Kunst im öffentlichen Raum, die beiden realisierten Projekte jedoch hatten aber noch wenig mit der Wirkungsmacht zeitgenössischer Kunst jenseits der Grenzen des Museums zu tun.

Kreativer sind einige der Mitarbeiterinnen, darunter die Kuratorin Olga Rybchinskaja, für die das Museum bisher der einzige offizielle Ort für die zeitgenössische Kunst ist. Schade, dass sich deren Ideen nicht auch hier realisieren lassen, denn wo sonst sollte man nach aktuellen Tendenzen und Entwicklungen in der Kunst suche, wen nicht im Museum für zeitgenössische Kunst?

Österreich und Belarus

Kürzlich stieß ich durch Zufall auf eine Publikation http://www.bmlv.gv.at/wissen-forschung/publikationen/publikation.php?id=439 des Österreichischen Bundesheers im Internet. Sie ist zwar schon älter (2008) und daher in einigen Beiträgen auch schon veraltet, enthält aber durchaus einige noch immer aktuelle Beobachtungen. Der Fundort (Verteidigungsministerium Österreich) ist insofern interessant, als kein Verteidigungsattaché aus Österreich in Minsk stationiert ist (Belarus wird von Moskau aus betreut). Ein deutscher Attaché ist zwar noch immer im Dienst, eine detaillierte Auseinandersetzung im deutschen Verteidigungsministerium mit dem Land und den aktuellen Problemen ist mir allerdings nicht bekannt.

Auch an anderer Stelle ist Österreich aktiv in Sachen Belarus: Ein privater Verein in Wien erinnert aktiv an die österreichischen Opfer, die im Vernichtungslager Malyj Trostenec ums Leben gekommen sind. Die Vorsitzende hat das Projekt in Minsk im November 2012 vorgestellt. Derzeit gibt es eine deutsch-österreichische Initiative und in Abstimmung mit den Minsker Behörden, die von höchster Ebene unterstützt wird, um ein gemeinsames Denkmal in Trostenec zu erreichten. Erste öffentliche Informationen dazu wird es bei einer Konferenz in der Geschichtswerkstatt am 23. März geben.