Archäologisches Museum in Brest feiert Geburtstag

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Mit einer Konferenz, einem Mittelalterfestival und zahlreichen weiteren Veranstaltungen feierte das Archäologische Museum in Brest in diesen Tagen seinen 30.  Geburtstag. Es ist das einzige Museum, in dem der Besucher sich ein umfassendes Bild von einer mittelalterlichen, ostslawischen Stadt machen kann.

Bei Ausgrabungen zwischen 1969 und 1988 wurden dort mehr als 220 Holzbauten des 11.-13. Jh. gefunden. Die Ausstellung dokumentiert die Grabungen sowie zahlreiche Exponate zur Alltagsgeschichte.

Das Museum befindet sich auf der sog. „Krankenhaus-Insel“ des Brester Festungsgelände und ist von dort über eine Brücke zu erreichen. Es ist eine Filiale des Regionalmuseums und verzeichnet nach eigenen Angaben pro Jahr 60.000 Besucher.

Chagall in Vitebsk

Das Chagall-Art-Center.

Sowjetische Lexika führten Marc Chagall als französischen Künstler, so dass er nach 1991 für seine belarussische Heimat erst wieder entdeckt werden musste. Ein erster Schritt war die Gründung des Chagall-Kunst-Zentrums in Vitebsk, in dem heute in wechselnden Ausstellungen graphische Arbeiten des Künstlers ausgestellt werden. 1997 wurde das Wohnhaus, in dem Chagall seine Jugend verbrachte, als Museum hergerichtet und verzeichnet seitdem eine wachsende Besucherzahl.

Außerdem kann man in der Stadt noch das Gebäude der Kunstschule besichtigen, das Chagall als Kommissar für die „Schönen Künste“ 1919 gegründet hat. Hier ist ein Zentrum für zeitgenössische Kunst geplant, von dem bisher aber nur eine Baustelle zu sehen ist. Darüber hinaus steht noch ein Gebäude, in dem Chagall vermutlich in die jüdische Sonntagschule gegangen ist.

Dass Chagall noch immer nicht ganz im belarussischen Bewusstsein angekommen ist, zeigt z.B. die Tatsache, dass bisher keines der Gebäude mit einer Gedenktafel oder einem anderen Hinweis versehen. Auch gibt es kein Tourismuskonzept, keine Hinweise in der Stadt, geschweige denn Merchandising-Artikel.

Glaubt man der umtriebigen Direktorin, Ludmilla Chmelnickaja, der beiden Chagall-Museen, so ist all das für die Zukunft geplant. Bis jetzt aber muss sie die Sammlungsbetreuung, Führungen und Veranstaltungen mit zwei wissenschaftlichen Mitarbeitern bestreiten.

Das ehemalige Wohnhaus von Marc Chagall.

Seit einigen Jahren veranstaltet das Kunstzentrum die jährlichen „Chagall-Lesungen“ und gibt seit 2000 ein „Bulletin“ heraus. Es informiert über Neuigkeiten zum Museum, Veranstaltungen, Ausstellungen, enthält wissenschaftliche Beiträge, Texte von Chagall sowie die Publikation der jährlichen Konferenzbeiträge. Nach der anfänglichen zweisprachigen Veröffentlichung in russisch und belarussisch, erscheinen die Hefte nunmehr nur auf russisch – zu wenig Feedback zu der belarussischen Ausgabe, wie mir die Direktorin sagte.

Erwähnenswert ist noch die umfangreiche Bibliothek zu Chagall, mit über 5.000 Bänden, die mittlerweile Forscher aus aller Welt anlockt. Zur Sammlung des Museums gehören ca. 300 Arbeiten des Künstlers, darunter eine vollständige Sammlung der Illustrationen zu Gogols „Toten Seelen“, die es sonst nur in Moskau und den USA gibt.

Chagall in Minsk

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Seit dem 7. Juni ist im Zentrum von Minsk eine Open-Air-Ausstellung mit Reproduktionen von Werken von Marc Chagall zusehen. Anlass ist der 125. Geburtstag des Künstlers, der in diesem Jahr mit verschiedenen Veranstaltungen und Ausstellungen begangen wird.

Die vom Museum für Zeitgenössische Kunst initiierte Ausstellung wird bis zu, 9. September, dem Geburtstag der Stadt Minsk, auf dem Jakub Kolas-Platz zu sehen sein. Sie zeigt 19 Arbeiten des in Vitebsk geborenen Künstlers, die sich heute in Moskau, Petersburg und Vitebsk befinden. Sie alle sind entstanden, bevor Chagall seine Heimat verließ und nach Paris umsiedelte.

Open-Air-Ausstellungen gibt es so gut wie keine in Belarus, es handelt sich also um ein für die Stadt ungewohntes Format. Hinzu kommt, dass die Arbeiten in einem vergrößerten Format gezeigt werden, womit sie dem Platz einen ganz ungewohnten Charakter verleihen.

Im September sollen im Kunstmuseum die vor Kurzem von einer Bank erworbenen Werke von Chagall und Soutine sowie weitere Originalwerke gezeigt werden. Dies gab Kulturminister Latuschko bei der Eröffnung am 7. Juni bekannt. In der Ausstellung sollen auch 92 Werke Chagalls aus Jerusalem gezeigt werden.

Gesellschaftliches Mäzenatentum à la Belarus

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Dank der beharrlichen Initiative des Museums der Geschichte von Mogiljow ist es gelungen, ein Statut des Großfürstentums Litauen zu erwerben. Es handelt sich um ein von Lew Sapega im Jahre 1588 herausgegebenes Dokument.

Eine erste Präsentation hat nun am 9. Juni im Stadtrat von Mogiljow stattgefunden. Demnächst soll es einen Ehrenplatz im Stadtmuseum erhalten.

Dem Museum war es gelungen, 15.000 $ aus privaten Spenden zu sammeln, die noch fehlenden 30.000 $, um das Dokument von einem russischen Sammler erwerben zu können, stiftete die Unternehmensgruppe „Alpari“. Ganz freiwillig war diese Spende jedoch wohl nicht, die Nationalbank hatte darum „gebeten“.

Für das Museum handelt es sich um eine bedeutende Neuerwerbung, wie der Direktor, Alexej Batjukow, betonte: „Der Kauf des Statuts wurde dank der großen gesellschaftlichen Unterstützung ermöglicht. Diese Aktion ist ein Teil der Maßnahmen zur Rückgewinnung kulturhistorischer Wertgegenstände“.

Neben dem Statut sind im Rahmen dieser Maßnahmen vier Slucker Gürtel erworben worden, die in Nezvizh gezeigt werden sollen (Svaboda.org, Kultura). Insgesamt sind laut Kulturministerium 10 Mrd. BYR für den Ankauf von Kulturgütern im Zeitraum 2011-2012 vorgesehen.

Neue Broschüre zu Minsker Museen

Das Minsker Touristenzentrum hat eine neue Museumsbroschüre-2 zu den Museen der Stadt herausgebracht. Jeweils mit Foto, Angaben zu Ort und Öffnungszeiten sowie einer kurzen Inhaltsangabe kann man sich damit schell über 15 Museen informieren. Ein Stadtplan zeigt die Lage der Museen in der Stadt.

Als schier unverzeihliches Versäumnis muss man leider anmerken, dass die Websites der einzelnen Einrichtungen nicht genannt werden!

Eine vergleichbare Broschüre gibt es zu den Theatern der Stadt.

Studiengänge zum Kulturmanagement in Belarus/Weißrussland

In der letzten Woche hatte ich Gelegenheit, an der Verteidigung einer Doktorarbeit (hier: Kandidat der Wissenschaft) zur „Zeitgenössischen Museumslandschaft in Belarus“, teilzunehmen – Anlass, einen Blick auf die verschiedenen Studiengänge zum Kulturmanagement in Belarus zu werfen.

Da ist zum einen das Angebot „Management des Kultur- und Sozialbereichs“ an der vergleichsweise jungen Universität für Kunst Kultur in Minsk. Eben diese Hochschule bietet darüber hinaus den Studiengang „Museumswissenschaften, Konservierung und Restaurierung historisch-kultureller Objekte“ an, wo die o.g. Dissertation verteidigt wurde.

An der Staatlichen Universität kann man an der Historischen Fakultät „Museumswissenschaften und Ethnologie“ belegen, an der Humanistischen Fakultät Kulturologie oder Medienmanagement am Institut für Journalistik studieren.

Die Universität Vitebsk hat einen Studiengang «Museumswissenschaften und Erhaltung historisch-kulturellen Erbes» eingerichtet.

Einige der Studiengänge führen zum Bachelor, der hier längere Zeit in Anspruch nimmt als in den meisten westlichen Universitäten, andere sind Master-Aufbaustudiengänge, die wiederum nur ein Jahr dauern. Am Bologna-Prozess in Belarus nicht beteiligt, so dass man hier nicht von einer automatischen Anerkennung der Studienleistungen ausgehen kann. Derzeit gibt es Überlegungen auf deutscher Seite, einen neuen, eigenen Masterstudiengang „Kulturmanagement“ über zwei Jahre zusammen mit einer belarussischen Universität einzurichten.

Die erwähnte Dissertation ist übrigens erst die zweite dieser Fachrichtung. Schwerpunkt der Arbeit ist die Vermittlungsarbeit der Museen in ihren Dauerausstellungen. Leider muss man bemängeln, dass die Autorin auf einen Blick jenseits von Belarus verzichtet hat, mit der Begründung, die „vaterländische“ Museumslandschaft analysieren zu wollen. Insgesamt ist die Arbeit ein weiterer wichtiger Schritt zur Professionalisierung der hiesigen Museumslandschaft, hält aber dem wissenschaftlichen Standard der internationalen Museumswissenschaften nicht stand.

Die Verfasserin, Evgenija L. Krasnova, ist wissenschaftliche Mitarbeiterin des Regionalmuseums Vitebsk, die erste Absolventin, Tamara A. Džumantaeva, Direktorin des Polocker Schloss- und Museumsensembles. Sie ist bei der Disputatio als eine der beiden Opponenten aufgetreten. Der zweite war Aleksandr A. Gužalovskij, Professor für Museumswissenschaften an der Staatlichen Universität (siehe oben) – die Museumswelt ist hier noch sehr überschaubar. Der Verlauf der Veranstaltung erinnerte mich ansonsten an meine eigene Verteidigung der Doktorarbeit: Vortrag der Kandidatin, Diskussion, Vorträge der Opponenten, die eigentliche Verteidigung. Das Ganze dauerte ca. 3 Stunden, alles sehr formalisiert, dafür aber auch deutlich feierlicher als ich es, zumindest an der Freien Universität Berlin, kennengelernt habe. Herzlichen Glückwunsch, Evgenija!

Gedenkstätte für die zerstörten Dörfer in Dalva

Unweit von Chatyn, der zentralen Gedenkstätte für die im Zweiten Weltkrieg zerstörten und verbrannten Dörfer in Belarus, befindet sich ein weiterer, kleinerer Gedenkort für die Dörfer. In dem ehemaligen, am 19.6.1944 zerstörten Dalva, gibt es ein Denkmal und ein kleines Museum.

Wie in Chatyn, zu dessen Verwaltung Dalva auch gehört, wurden auch hier die 44 Bewohner in eine Scheune gesperrt, die daraufhin abgebrannt wurde. Einer der Überlebenden initiierte die Gedenkstätte, die 1973 eröffnet wurde. Die Gestaltung der Gedenkstätte stammt von dem Bildhauer Vladimir Terebun. Insbesondere durch die angedeuteten Umrisse der ehemaligen Häuser erinnert die Konzeption stark an Chatyn, man könnte fast sagen, es handelt sich um ein Plagiat.

Das kleine Museum umfasst einen Raum und ist eher ein Gedenkraum, als eine Ausstellung. Auch hier gibt es keinerlei erklärenden Text, sondern nur eine Aneinanderreihung von Dokumenten, Fotos und Erinnerungsstücken, die im Einzelnen nicht erklärt werden. 

Nochmal: Belarus in Cannes

Der Film “Im Nebel” nach einer Erzählung des belarussischen Schriftstellers Vasilij Bykov hat bei den 65. Filmfestspielen in Cannes den Internationalen Kritikerpreis gewonnen (BelaPan 28.5.2012).

Die deutsch-belarussisch-lettisch-niederländisch-russische Ko-Produktion des belarussischen Regisseurs Sergej Lozhnica war der einzige russisch-sprachige Film im Wettbewerb um die Goldene Palme.

Die Geschichte des Films geht auf eine Erzählung Bykovs von 1989 zurück, in der ein Dorfbewohner der Kollaboration mit den deutschen Besatzern beschuldigt wird. Das Thema ist bis heute in Belarus nicht auf der offiziellen Agenda der Geschichtswissenschaft und Kriegserinnerung. Es stellt sich daher jetzt die Frage, ob und wann der Film auch in Belarus gezeigt wird.

Das Werk Bykovs, der in Belarus von vielen verehrt wird, ist aufgrund seiner durchaus kritischen Sicht auf den Krieg nach Regierungsmaßstäben nur bedingt akzeptabel. Gerüchten zufolge plant die Witwe des Schriftstellers ein Museum mit dem Nachlass des Schriftstellers; die Unterstützung staatlicherseits für dieses Vorhaben wird aber von einer bestimmten Auswahl an Exponaten und Werken abhängig gemacht.

Ausstellung in der Geschichtswerkstatt

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Noch bis zum 22. Juni zeigt die Geschichtswerkstatt die Ausstellung des weißrussischen Künstlers Vladimir Vol’nov „Asche in den Himmel“. Zur Eröffnung sprachen der Vorsitzende der Jüdischen Gemeinden und Organisationen, Leonid Levin, und der Leiter des IBB Minsk, Viktor Balakirev.

Die Arbeiten des Künstlers reflektieren dessen persönliche Verarbeitung des Holocaust in Belarus. Dazu verwendet er persönliche Erinnerungs- und Fundstücke von Opfern der nationalsozialistischen Besatzung und verarbeitet sie in Gemälden, Kollagen und Installationen. Vol’nov hat den Krieg als 4jähriger in Vitebsk überlebt, bevor er in ein Kinderheim in Russland kam. Erst 1961 wurde sein Vater gefunden, und er kehrte in seine Heimat zurück. Dort war ihm 2011 eine Einzelausstellung gewidmet.

Ursprünglich war geplant, eine der großen Installationen „Asche in den Himmel“ im Parkgelände vor der Geschichtswerkstatt aufzustellen. Darauf wurde aufgrund der Wetterbedingungen, aber auch des wohl unendlichen Genehmigungsverfahrens verzichtet. Sehr zum Vorteil der Geschichtswerkstatt, wie ich finde, die mit dieser Ausstellung eine der leider zu seltenen, für Minsk und Belarus so besonderen Ausstellungen zeigen kann. Noch immer ist die Auseinandersetzung mit dem Holocaust und den individuellen Erinnerungen an den Krieg in der zeitgenössischen Kunst in Belarus eine Seltenheit. Wo, wenn nicht in der Geschichtswerkstatt, sollte sie gezeigt werden?

Die düsteren, aber sehr wirkungsmächtigen Werke kommen in dem Gebäude, dem letzten erhaltenen Haus im Gebiet des ehemaligen Ghettos, eindrucksvoll zur Geltung. Zuvor war die Ausstellung in Nienburg in Deutschland zu sehen. Arbeiten des Künstlers sind in Deutschland bereits mehrfach ausgestellt worden.

Gehälter an der Staatlichen Universität

Foto: istfak.bsu.ru

Im Februar und April habe ich einen „Speckurs“, also nach deutschem Sprachgebrauch eine „Übung“ an der Historischen Fakultät der Staatlichen Universität abgehalten. Mein Auftraggeber war der Lehrstuhl für Museumswissenschaften und Ethnologie und das Thema meines Kurses das „Ausstellungsmanagement“.

Insgesamt habe ich 49 akademische Stunden (à 40 Minuten) unterrichtet, die nach für mich noch immer undurchschaubaren Berechnungen in Vorlesung, Seminar, Hausaufgaben, Konsultation, Examen und Kontrollarbeiten aufgeteilt waren. Letztlich belief sich der Aufwand auf eine Arbeitszeit, wie sie in Deutschland für ein Seminar im Semester anfällt, die Vorbereitung und Korrekturen der Seminararbeiten freilich ausgeschlossen. In diesem Fall habe ich noch die Kopien für die Studenten hergestellt, was hier deutlich teurer ist als in einem deutschen im Copyshop.

Für all das habe ich ein Honorar in Höhe von 948.000 BY Rubeln bekommen, zum Auszahlungszeitpunkt ca. 94 €. Hätte ich den Rang eines Professors (hier: Doktor der Wissenschaften) (und nicht bloß einen Doktortitel, hier: Kandidat der Wissenschaften), dann hätte ich (unwesentlich) mehr bekommen. Erhalten habe ich das Honorar am 10. April, dem Tag jeden Monats, wo alle Dozenten und Angestellten der Uni ihr Geld bekommen. Man erhält es in bar und muss es sich an der zentralen Kasse der Universität gegen Vorlage des Passes abholen. Das hat aber immerhin einwandfrei geklappt!

Die auch für belarussische Verhältnisse niedrige Bezahlung für die Lehre führt dazu, dass es immer weniger Nachwuchs für die Universitäten gibt. Das wiederum hat zur Folge, dass das Durchschnittsalter der Professoren und Dozenten immer weiter ansteigt, wie der Rektor der Universität kürzlich beklagte. Es liegt zwischen 57 und 65 Jahren! Ein junger Dozent, der noch keinen akademischen Titel trägt, erhält derzeit im Monat 2.600.000 Millionen BY Rubel (ca. 310 $), ein Professor immerhin schon 6.500.000 BY Rubel (ca. 780 $). Die Lehrbelastung bei den Engagements ist dabei deutlich höher als bei uns, von dem niedrigen Organisationsgrad und bürokratischen Aufwand aller Aktivitäten, die nochmals Zeit kosten, ganz zu schweigen.