Proteste gegen Grabungsarbeiten bei einem Massengrab

Foto: https://nash-dom.info/novosti/vse-novosti/proisshestviya/perekopayut/

Aktivisten des Menschenrechts-Netzwerkes „Nash Dom“ haben Protest erhoben gegen Grabungsarbeiten in Drozdy (bei Minsk). Dort befindet sich ein Massengrab aus dem Zweiten Weltkrieg, in dem Insassen des dortigen KZs begraben sind. Dabei handelte es sich um Kriegsgefangene und Zivilbevölkerung.

Das Netzwerk hat online sowohl über die historischen Hintergründe, als auch über die Pläne der Behörden berichtet und die Bevölkerung aufgerufen, sich an die zuständigen Abgeordneten zu wenden. Offenbar mit Erfolg: Immerhin sind diese an den Ort des Geschehens gefahren, um sich vor Ort ein Bild von der Lage zu machen. Die konkrete Aktion endet mit dem Aufruf an alle Bürger, ihre Rechte zum Protest wahrzunehmen und nicht zu schweigen.

 

Musical Jesus Christ Superstar in Belarus/Weißrussland verboten

Foto: http://en.ria.ru/world/20120301/171669636.html

Die Nachricht ist eigentlich schon veraltet, aber angesichts der anhaltenden Nachrichten zum Einfluss der Orthodoxen Kirche auf Kunst und Kultur in Russland, bleibt ein gewisser Nachgeschmack. Im Februar meldete BelPan (13.2.2012), dass das Musical Jesus Christ Supersrat in Belarus verboten wird.

Hintergrund war die Petition von 500 Gläubigen, die sich an die Regionalverwaltung gewandt hatten. Sie hatten insofern Erfolg, als der für Mogilev bereits von dem St. Petersburg Rock Opera Theater angesetzte Aufführungstermin wieder abgesagt und statt dessen die Aufführung der Rockoper „Orpheus und Euridike“ des russischen Komponisten Aleksandr Zhubrin ins Programm genommen wurde.

Mal ganz abgesehen von den finanziellen Verlusten des örtlichen Veranstalters ArtFest war dieser von der Intervention der Kirche überrascht, zumal bisher keine Einwände gegen das Musical überhaupt (das seit 41 Jahren gezeigt wird!) und auch nicht bei den Planungen für mehrere Veranstaltungen in Belarus (Gomel, Mogilyov, Brest and Minsk) erhoben worden waren. Erst jetzt bemängelten die Gläubigen in ihrem Brief, und mit ihnen die Kirche, dass Judas in dem Musical in einem zu positiven Licht dargestellt werde.

Ein Sprecher von ArtFest äußerte sogar Unverständnis darüber, dass in einem säkularen Staat und bei entsprechenden Gesetzen, die ein Verbot nur aufgrund von Gewalt, religiösem Hass oder Pornographie zulassen, die Kirche eine solche Entscheidung herbeiführen kann. Mit diesem Widerspruch sollen sich nun auch das Kulturministerium und das Nationale Komitee für Religiöse Angelegenheiten beschäftigen.

Ein vergleichbarer Einfluss der Kirche auf Staat, Politik und Gesellschaft wie in Russland, ist in Belarus nicht zu beobachten. Zwar ist der Präsident an Feiertagen und zu wichtigen Anlässen häufig in der Kirche zu sehen und auch über Konsultationen Lukaschenkos mit kirchlichen Würdenträgern wird immer wieder berichtet. Die Kirche erhält jedoch kein Geld vom Staat und ist auch in der öffentlichen Wahrnehmung deutlich getrennt von Politik und Regierung.

Lange Nacht der Museen in den Regionen

Das Museum der Stadt Mogiljov im Rathaus, Foto: http://globus.tut.by/mogilev/

Die Lange Nacht findet nicht nur in Minsk, sondern zunehmend auch in den Regionen statt. In Mogilkov zum Beispiel beteiligten sich das Museum der Geschichte der Stadt, das Regionale Heimatmuseum und das Ethnographische Museum an dem Programm am Internationalen Museumstag. Darüber berichtet das Portal für Informationen über die Regionen region.ej.by. Höhepunkt des vielfältigen Programms war um 22.00 Uhr ein Fackelzug, der viele Besucher anzog.

 

Nostalgie im Naturkundemuseum

Die Lange Nacht der Museen habe ich genutzt, mir endlich mal das Naturkundemuseum in Minsk anzusehen. Es befindet sich im Keller des Gebäudes, in dem auch das Nationale Historische Museum untergebracht ist – zum Leidwesen beider Museen. Das Historische Museum ist ja schon lange auf der Suche nach einem neuen Gebäude, um das „Staatlichen Museum für Natur und Ökologie der Republik Belarus“, wie es korrekt heißt, steht es noch schlechter. Selbst in kleinen Räumen im Untergeschoss untergebracht, träumen die Mitarbeiter ebenfalls von einem neuen und größeren Gebäude. Und das Historische Museum sieht im Auszug der Kollegen die einzige Chance, sich im derzeitigen Gebäude dauerhaft und mit der nötigen Renovierung erweitern zu können.

Der Eintritt zur Langen Nacht der Museen war frei, wie auch erstmals im Historischen Museum, übrigens im Unterschied zu allen anderen Museen, die sich daran beteiligt haben. Ein besonderes Programm hat das Naturkundemuseum nicht angeboten, aber es war, wie alle anderen Museen auch, mehr als gut besucht. Insbesondere Familien mit Kindern, aber auch viele junge Leute drängten sich vor den Vitrinen, lasen die russisch-belarussischen Beschriftungen und fotografierten sich vor den ausgestopften Tieren.

Nach all den historischen und militärischen Museen habe ich den Besuch sehr genossen! Das Museum ist klein, hat gerade mal acht mäßig große Räume, bietet keinerlei modernen Museumsservice und wirkt mit seiner Vitrinenausstellung mit mineralogischen Funden, Pflanzen und Tierpräparaten ein bisschen verstaubt. Aber es versprüht den Geist des guten, alten Museums, in dem man sich gut benimmt, die Exponate mit gebührendem Respekt betrachtet und in jedem Fall etwas dazulernt. Das habe auch ich getan, nämlich über die Welt der belarussischen Flora und Fauna, die zugleich europäisch vertraut und doch mit Bären, Wölfen, Störchen und Wisenten so einzigartig ist. Und so stand ich – wie früher in meinem Lieblingsmuseum, dem Bonner Museum König – lange vor den immer wieder faszinierenden Panoramabildern, die die lebensgroßen Tiere in ihrer natürlich nachempfundenen Umgebung zeigen und den Besucher in eine andere Welt des Museums und der Natur entführen.

„Nachkriegsfrühling“ – eine gelungene Sonderausstellung im Museum der Geschichte des Großen Vaterländischen Krieges

Derzeit zeigt das Museum des Großen Vaterländischen Krieges die dritte aus einer Reihe von Sonderausstellungen , deren Exponate in der Bevölkerung per Aufruf gesammelt wurden. Dieses Mal sind es Kleider und Accessoires für die Dame in den beiden Jahrzehnten nach dem Krieg. Dabei sind einzigartige Ausstellungsstücke zusammengekommen: handgenähte Kleider und Abendtaschen, Familienschmuck, der den Krieg wie auch immer überstanden hat, frühe Importe, u.a. aus Tschechoslowakei und der DDR, Gummiüberschuhe zur Schonung der einzigen Abendschuhe, Haarschmuck, Fotografien und vieles mehr.

Man kann auch bei dieser Ausstellung wieder vieles bemängeln, was nicht dem internationalen Standard entspricht. Sieht man von Beleuchtung, Präsentation, technischer Ausstellung etc. ab, so bleibt, wie fast immer, zu beklagen, dass es keinerlei Texte gibt. Damit fehlt jede Einordnung in den historischen Kontext, aus dem wir entnehmen könnten, wie es um die weibliche Bevölkerung nach dem Großen Vaterländischen Krieg stand, woher unter den gewaltigen Herausforderungen der Nachkriegszeit die Kleider und Stoffe kamen und wie sich das kulturelle und gesellschaftliche Leben in Friedenzeiten neu entwickelte, zu dessen Veranstaltungen die Kleider getragen wurden.

Man kann sich aber auch einlassen auf das Konzept dieser liebenswerten Ausstellung, in der einem angesichts des im übrigen Museum so bedrückenden Themas das Herz aufgeht. Für fast jedes Exponat findet sich eine kleine persönliche Geschichte darüber, von wem es stammt und unter welchen Umständen es entstanden oder in die Familie gekommen ist. Während man die teilweise einfach nur schönen oder anrührenden Erinnerungsstücke betrachtet, begleitet einen Tanzmusik der frühen 50er Jahre, und an einer Stelle kann man die Düfte der legendären Parfümfabrik „Neue Morgenröte“ ausprobieren oder sich ein einem Fotoabbild eines der Kleider fotografieren lassen.

Auf diese Weise verlässt man das Museum wohl gestimmt und durchaus zufrieden. So geht es übrigens wohl den meisten Besuchern, bei denen die Ausstellung sehr beliebt ist. In den ersten beiden Monaten kamen 3.000, der Journalistin von Narodnaja Volja hat es so gut gefallen, dass sie einen großen Artikel geschrieben hat. Die Ausstellung ist noch bis zum 1. Juni zu sehen.

Lange Nacht der Museen

Heute ist es mal wieder soweit, und das auch noch am Internationalen Museumstag: In Minsk startet die Lange Nacht der Museen mit einem vielfältigen Programm.

Reitsport in Belarus/Weißrussland

Der Außenreitplatz in Baran'.

Die Eröffnung der Grünen Saison auch in Belarus ist Anlass, noch mal einen Blick auf die Reiter- und Pferdeszene zu werfen. Seit April laufen die Qualifikationsturniere in Ratomka, wobei mir erst nach einem Jahr wirklich bewusst geworden ist, dass es eine Turnierszene wie bei uns in Deutschland gar nicht gibt. Es sind einfach zu wenig Reiter, die daran teilnehmen, auch wenn der Sport sich zunehmend verbreitet. Jedenfalls finden Turniere in der Dressur unterhalb von S gar nicht statt, die Wettbewerbe beginnen mit „Malyj Priz“ („Kleiner Preis“ = St. Georg) über „Mittlerer Preis“ (= Intermediaire) bis zum „Großen Preis“ (= Grand Prix). Bei den Springern und Vielseitigkeitsreitern ist es etwas anders, hier teilt sich die Spreu vom Weizen durch die Höhe, so dass man im Vergleich sagen könnte, die Turniere beginnen auf L-Niveau.

Insgesamt wird die Szene durch die wenigen Profi-Reiter bestimmt. Meine eigenen Ausflüge haben mich z.B. zu Alesija Tarasevich (Springen), zu Ekaterina Efremova (Dressur) und Irina Lis (Dressur) und zum „Zentrum der olympischen Reserve im Reitsport und der Pferdezucht“ in Baran’ und einem Richter-Fortbildungsseminar bei Natalja Petuchova geführt. An den Olympischen Spielen nimmt in diesem Jahr nur die Vielseitigkeitsreiterin Elena Telepuschkina teil.

Im Freizeitbereich ist der Reitsport allerdings auch auf dem Vormarsch. Immer mehr Kinder und Jugendliche nutzen die mittlerweile zahlreichen Angebote. Eine systematische Förderung oder ein Vereinswesen gibt es bisher nicht. Eigene Pferde werden immer mehr zum Statussymbol der neuen Mittelschicht. Die Unterbringung in einem Stall mit Halle und Vollpension kostet durchschnittlich 200 $, was bei einem Durchschnittseinkommen von 150-400$ eine stattliche Summe ist. Im letzten Jahr fand die erste und bisher einzige Pferdemesse in Minsk statt. Hier war zu beobachten, dass der Reitsport in die Konzeption des Ökotourismus integriert wird.

Belarussischer Reitsportverband: http://www.horses.org.by/

Nationales Reitsportzentrum Ratomka: http://www.ratomka.of.by/

Belarussische Gesellschaft für Reitsport und Hippotherapie: http://www.sudarrb.com/ru.html

Reitsport-Portal: http://www.podkova.by/
Hier sind u.a. Reitsportanlagen, Adressen zur Zucht und Geschäfte genannt, darunter das einzige Internet-Versand in Belarus: http://www.horsemarket.of.by/

Weitere Links und Infos bietet die private Seite: http://www.koni.by/

Spezialmuseen: Straßenbahnmuseum

Foto: http://www.photobelta.by/ru/photos?rubric_id=43&theme_id=3949&id=16374

Über die Geschichte des Straßenbahnverkehrs informiert ein Museum in einem alten Waggon. Der Wagen ist ein Geschenk aus Leningrad aus dem Jahre 1959. nach 20 Jahren im Einsatz wurde er zum Museum. Zu den Exponaten gehören der erste Arbeitskittel eines Straßenbahnfahrers, Bücher und Fotos.

 

Archive in Belarus/Weißrussland

Ein Forschungsprojekt führte mich jüngst erstmals in belarussische Archive. Vor dem Hintergrund meiner Erfahrungen in verschiedenen russischen Archiven zu unterschiedlichen Zeiten, war ich hier überrascht, wie einfach und letztlich unkompliziert der Zugang funktionierte. Natürlich braucht man auch hier ein Empfehlungsschreiben, aber einmal registriert, geht es problemlos.

Mein Thema war der „Große Vaterländische“, für den es einen eigenen, zweisprachigen (russisch – deutsch) Archivführer über die vorhandenen Bestände in allen Archiven von Belarus gibt: Dokumente zur Geschichte des Zweiten Weltkrieges in den Staatsarchiven der RB, 1941-1945, Minsk 2003.

Ähnlich positive Erfahrungen habe ich im Archiv für Kino- und Fotodokumente sowie im Minsker Bezirksarchiv gemacht. Angeblich ist auch das Militärarchiv für die Nutzung offen, wie es in einem Bericht anlässlich des „Tags der Archivare“ (6. Oktober) in der Militärzeitung heißt. Dieses Abenteuer steht mir noch bevor. Ebenso der Versuch, in das bisher geschlossene KGB-Archiv zu gelangen.

Einen guten Überblick verschaffen kann man sich auf der zentralen Website der Archive, von wo man auch zu allen anderen Archive gelangt.

Akten zur Geschichte von Belarus, die sich in ausländischen Archiven befinden, sollen in einer Datenbank zusammengefasst werden. Das Protal soll Archive der GUS und anderer Staaten zusammenführen. Von besonderem Interesse sind dabei die Dokumente zur Familie der Radziwills, die sich größtenteils in Warschau und teilweise in Litauen, Russland, der Ukraine und Deutschland befinden.

Ein Archivthema, das hier viel Beachtung findet, ist die Ahnenforschung. Auf der Seite der Staatlichen Archive wird gesondert auf weitere Datenbanken und Quellen verwiesen, mit denen man genealogische Forschungen betreiben kann. Hier wiederum gilt ein besonders Augenmerk der jüdischen Geschichte. Was die Suche nach Soldaten in Belarus aus der Zeit des Zweiten Weltkrieges betrifft, gibt es einen umgekehrten Hinweis auf den Seiten des DRK für Belarus/Weißrussland.

„The uncataloged Museum“ – Ein amerikanischer Museumsblog schaut auf Minsk

Am 13. April ist unsere Seminarreihe zum Ausstellungs- und Museumsmanagement im Goethe-Institut gestartet. Die erste Sitzung hat Katrin Hieke, eine Expertin für Marketing und Tourismus im Museumsbereich bestritten. Sie ist in Bonn bei der Agentur Projekt 2508 tätig. Über ihre Erfahrungen hat sie in einem amerikanischen Museumsblog geschrieben.

 

Familiensitz der Dostoevskijs

Dieser befindet sich in der Region Brest und soll nun mit Mitteln des Unionsstaates restauriert und zu einem kulturellen Anziehungspunkt ausgebaut werden. Das Gebäude ist 1943 im Krieg zerstört worden und danach völlig verfallen. Nun soll dort ein Museum zu Leben und Werk des berühmten Autors entstehen.

 

Schwarze Liste

Laut Kulturministerium gibt es keine „schwarze Liste“ (BelaPan 22.2.2012) mit unerwünschten Musikern in Belarus . So lautete die Antwort auf eine Eingabe der Band „Adis Abeba“, die sich nach Absagen von Konzerten der Gruppen „Neuro Djubel“ und „Krambambulja“ in Minsk an die Behörden gewandt hatten.

“We believe that music bands whose activities and works are in line with the law, national traditions and generally established standards of conduct should be in demand,” sagte der stellvertretende Kulturminister. “We do not see any problems with providing venues and air time to Belarusian-language bands and singers.”

Dass es mit oder auch ohne eine konkrete Liste für viele Musikgruppen schwierig bis unmöglich ist, in Belarus aufzutreten, ist bekannt. Gerade hat Ingo Petz wieder darüber in der FAZ berichtet (Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 14.04.2012 Seite Z4). Viele Bands sind mit Auftrittsverboten belegt oder werden durch sog. technische Probleme an ihren Auftritten gehindert.  Im letzten Jahr konnten Rockkonzerte u.a. von Lyapis Trubetskoi, Zmitser Vaytsyushkevich, Neuro Dubel, N.R. M. and Krambambulya, ein Projekt von Lyavon Volski, nicht stattfinden. Immer wieder ist daher die „Schwarze Liste“ im Gespräch, auf der, so heißt es, 30 einzelne belarussische und ausländische Künstler und 15 Bands stehen.