Das Kunstmuseum Vitebsk
Das Vorurteil, in der Provinz lohne sich der Museumsbesuch erst gar nicht, ist in Bezug auf Russland in Fachkreisen längst überholt. Ganz im Gegenteil: Oft gibt es abseits der Metropolen wahre Schätze zu entdecken. Hängt man das Maß nicht all zu hoch und erwartet keine kunsthistorischen Sensationen, dann sollte man seine Vorgenommenheit auch in Belarus ablegen. In Vitebsk jedenfalls gab es einiges im Kunstmuseum zu entdecken, angefangen von den Beständen, bis hin zur Ausstattung des Museums.
Als Filiale des Regionalmuseums befindet sich das Kunstmuseum seit 1992 im Gebäude des ehemaligen Amtsgericht aus dem 19. Jh. Die Sammlung umfasst verschiedene in den 20er Jahren verstaatlichte Privatsammlungen sowie die Werke, die das Museum nach 1945 systematisch zusammengetragen hat. Die Sammlung umfasst Ikonen, Gemälde, Graphik, Holzschnitzereien, religiöse Objekte und Skulpturen. Unter den Gemälden sind einige Werke niederländischer und italienischer Künstler des 16.-18. Jh. zu nennen sowie eine durchaus bemerkenswerte Sammlung russischer Kunst aus dem 19. Jh., darunter Ivan Aivazovsky und Ilja Repin, sowie aus dem 20. Jh. Werke von Vasilij Kandinsky, Marc Chagall, A. Lentulava, A. Kuprin, V. Rosanow, Natalja Gontscharowa u.a.
Einzigartig aufgrund ihres regionalen Bezugs und ganzer Stolz des Museums ist die Sammlung von 800 Werken M. Pengs, die 1939 ins Museum kam. Dem Lehrer Chagalls ist ein eigener Saal gewidmet und bestätigt einmal mehr, wie wichtig es für Chagall-Liebhaber ist, nach Vitebsk zu reisen. Da die Sammlung des Museums im Zweiten Weltkrieg überwiegend verloren ging, ist es ebenso wunderbar wie unverständlich, wie diese Sammlung den Krieg überstanden hat.
Die Räumlichkeiten des Museums sowie die Architektur sind vor Kurzem restauriert und modernisiert worden, wenn gleich die Mittel für eine Klimatisierung offenbar nicht gereicht haben. Insgesamt macht das Museum einen modernen und offenen Eindruck. Wie fast immer fehlen leider auch hier einführende Texte, es gibt weder einen Audioguide noch Informationstexte oder eine Broschüre zum Mitnehmen, von einem Katalog ganz zu schweigen. Neben der Dauerausstellung veranstaltet das Museum regelmäßig Wechselausstellungen, die mal mehr, mal weniger zum Thema des Hauses passen. Hier entscheidet, wie in den meisten belarussischen Museen, die Miete, die der Veranstalter für die Räumlichkeiten zahlt.