Das Victoria & Albert Museum zu Gast in Belarus
„Zu uns kommen die Könige“, so lautete die Überschrift eines Artikels über die aktuelle Präsentation des Londoner Museums im Nationalen Kunstmuseum (WHERE MINSK 8/2012, S. 12). Ganz Minsk ist mächtig stolz auf diese Ausstellung und an einem Besuch führt kein Weg vorbei. Noch bis zum 4. November ist die Ausstellung „Königliche Kostbarkeiten: Europäische Schätze 1600-1800“ in Minsk und im Schloss Nezvizh zu sehen. Die thematisch gegliederte Schau zeigt über 40 Exponate, darunter Gemälde, Skulpturen, Keramik, Glas, Möbel, Textilien und Kleidung aus Großbritannien, Belgien, Frankreich, Holland und anderen europäischen Ländern.
Genau genommen sind alle ganz aus dem Häuschen wegen dieser Ausstellung und das hat wohl mehrere Gründe. Zum einen kommt es leider recht selten vor, dass ein wirklich bedeutendes europäisches Museum mit einem belarussischen Museum in diesem Maßstab kooperiert. In den letzten Jahren jedenfalls hat es keine nennenswerte Ausstellung aus einem westeuropäischen Museum oder ein vergleichbares Gemeinschaftsprojekt gegeben. Und wenn es dann eben doch mal dazu kommt, wie jetzt in diesem Fall, dann ist das auch ein Grund zum Feiern. Für die Kultur- und Museumsszene jedenfalls lassen sich die Reaktionen so zusammenfassen: Es gibt uns auch noch und wir haben auch etwas zu bieten! (Was stimmt!)
Das ist auch der zweite Grund für die fast euphorischen Besprechungen der Ausstellung: Letztlich zeigt die Ausstellung aus London doch nur, dass Belarus heute wie schon immer ein Teil Europas ist. Dies zeige sich, so eine Besprechung, insbesondere in dem Ausstellungsteil in Nezvizh, wo der Besuch der erst in diesem Jahr eröffneten Räumlichkeiten der Besichtigung der Exponate aus London in keiner Weise nachsteht. Nicht grundlos ist Nezvizh zudem auch die Kulturhauptstadt Weißrusslands in diesem Jahr. Und man ist stolz, dass Minsk die bisher erste Station der Ausstellung in Europa ist!
Drittens schließlich scheinen die für internationale Ausstellungen üblichen und daher meist nicht erwähnenswerten Standards der Präsentation (Licht, Klima, Sicherheit etc.) in Belarus den einen oder anderen Museumsprofi wieder daran zu erinnern, dass die Beachtung eben jener Standards auch den belarussischen Kostbarkeiten in den Ausstellungen ganz gut täte. Genauso scheint es mit der Beschriftung zu sein: Als außergewöhnlich wird hervorgehoben, dass man die Ausstellung mit Hilfe der Objektschilder, also ohne Führung, besichtigen und begreifen kann! Leider sind weder das eine noch das andere die Regel in Belarus, und man wundert sich des Öfteren über den sorglosen Umgang mit den eigenen Sammlungen.
Welche Gründe die Besucher auch immer haben, zu dieser Ausstellung kommen offenbar täglich 500 Besucher, so berichtet der Medienpartner „Sovetskaja Belarus“ . Es wären Belarus mehr solcher Großprojekte für die Sicht über den Tellerrand zu wünschen!