Das Museum für zeitgenössische Kunst in Minsk
Meine bisherigen Besuche im Museum für zeitgenössische Kunst waren immer ein wenig enttäuschend. Denn Positionen zur aktuellen Kunst in Belarus sind dort, entgegen nahe liegenden Erwartungen, nicht zu finden. Woran das eigentlich liegt, ist schwer zu sagen. Zum einen hat es mit dem Stand der Gegenwartskunst in Belarus im Allgemeinen zu tun, zum anderen sicher auch mit der Direktorin, Natalja Sharangovich, Tochter des bekannten Malers Konstantin Sharangovich, der bis 2011 an der Akademie der Künste unterrichtet hat. Er war es, der das Museum vor 15 Jahren gegründet hat. Offenbar lag es da nahe, dass die Tochter in seine Fußstapfen tritt, das sie nun seit vier Jahren leitet.
Ideen hat sie viele, aber zu sehen ist davon nicht viel. Sie selbst sagt, die Belarussen seien noch nicht reif für Performances, Installationen oder Public Art. Vielmehr rufe das bisher noch Irritationen bis Ablehnung hervor, so dass man die Leute vorsichtig heranführen müsse. Diese Vorsicht führt aber leider dazu, dass das Museum kaum eine Position bezieht und nichts aus der eigenen Sammlung dauerhaft ausstellt. Und das liegt nicht nur an dem Mangel an Ausstellungsfläche in dem kleinen Haus. Gezeigt werden stattdessen Ausstellungen zeitgenössischer Künstler, die sich eng am klassischen Kanon orientieren oder in die Kategorie Kunstgewerbe einzusortieren sind. Bei meinem jüngsten Besuch waren eine Keramik- und eine Puppenausstellung zu sehen.
Brav war auch die Ausstellung „Exlibris“ aus der Sammlung des Museums 2012 (englischer und belarussischer Katalog) oder die beiden Open-Air-Projekte mit polnisch-belarussischen Plakaten und Reproduktionen von Werken von Chagall. Zwar spricht Sharangovich begeistert von Kunst im öffentlichen Raum, die beiden realisierten Projekte jedoch hatten aber noch wenig mit der Wirkungsmacht zeitgenössischer Kunst jenseits der Grenzen des Museums zu tun.
Kreativer sind einige der Mitarbeiterinnen, darunter die Kuratorin Olga Rybchinskaja, für die das Museum bisher der einzige offizielle Ort für die zeitgenössische Kunst ist. Schade, dass sich deren Ideen nicht auch hier realisieren lassen, denn wo sonst sollte man nach aktuellen Tendenzen und Entwicklungen in der Kunst suche, wen nicht im Museum für zeitgenössische Kunst?