Die Wolfsjagd – Eine Fortsetzungsgeschichte (1)
Bekanntlich bietet die belarussische Natur ein weites Betätigungsfeld für Jäger. Der Jagdtourismus wird gefördert, die Infrastruktur stetig ausgebaut. Und doch bleibt das Jagen ein Sport für Abenteurer, und wer an einen organisierten Urlaub denkt, liegt völlig falsch.
Dies erfahren wir gerade am Beispiel meines Schwiegervaters, seines Zeichens leidenschaftlicher und erfahrener Jäger, Waldbesitzer und Vorsitzender der Jagdgenossenschaft in seinem Revier. Nun ist er, wen wundert’s, nach Belarus gekommen, um auch hier sein Glück zu versuchen. Von Wildschweinen redet hier niemand, hier geht es um mehr: Hirsche, Elche, Luchse und auch Bären reizen den Jäger. Am schwierigsten jedoch ist die Wolfsjagd, und genau diese hält uns seit gestern in Atem.
Genau genommen hat es ja schon vorher angefangen, als wir nämlich versucht haben, diese Reise zu organisieren. Viele Möglichkeiten hat man nicht, man wendet sich auch hier vertrauensvoll an den Staat, an BelGosOchota. Mündliche Absprachen unter Jägern und ein Handschlag sollten die Sache besiegeln, und unser Wunsch nach einem Vertrag brachte schon die ersten Schwierigkeiten mit sich.
Die zweite Sorge bereitete das Wetter. Der im Dezember ungewöhnlich milde Winter ohne Schnee drohte uns einen Strich durch die Rechnung zu machen. Doch das sprichwörtliche Jägerglück stellte sich mit 20 cm Schnee pünktlich Mitte Januar ein.
Die nächste Hürde war dann die Einreise mit der Waffe. Es hätte mich schon stutzig machen müssen, als wir die Kontrollen der Bundespolizei problemlos und freundlich absolviert hatten. Die Ernüchterung kam beim Schalter der Belavia: Trotz aller erdenklicher Anfragen, wie es geht und was wir brauchen, hatten wir das entscheidende Dokument nicht, ohne dass es wirklich und unter keinen Umständen geht, denn „in Belarus ist man sehr streng mit Waffen“. Eine Zeitlang sah es tatsächlich so aus, als wäre das bereits das Ende der Geschichte. Einige Telefonate, das entscheidende ein Monolog Fedor Fedorovichs von BelGosOchota gegenüber dem Belavia-Tageschef, haben dann nach vertrauter Methode dazu geführt, dass es dann heute auch ausnahmsweise mal ohne das Dokument geht.
Nachdem die Waffe dann als Übergepäck bezahlt und als Sperrgepäck aufgegeben war, konnte es losgehen. Hier in Minsk läuft bisher alles nach Plan, wenngleich den auch nur Fedor Fedorovich kennt. Eben jener hat uns empfangen und die Waffe nach einer eher gelangweilten Prüfung des Zolls an sich genommen. Die Überprüfung der Munition ist hier wie dort übrigens unter den Tisch gefallen… Also haben wir uns auf den Heimweg gemacht, um Fedor Fedorovich mitsamt Waffe nach Hause zu bringen. Bass erstaunt darüber, dass wir gar kein Wässerchen zur Begrüßung vorbereitet hatten, kam er nach einem Augenblick mit einer Flasche und einem Teller voll zünftiger Speisen zurück zum Auto, so dass wir erstmal auf das deutsch-belarussische Jägerglück anstoßen konnten.
Nun hängt alles vom Wetter und dem Wolf ab. Ob er Spuren hinterlässt und nicht „durch die Lappen geht“ (so heißt es auf deutsch und auf russisch), ist unter ständiger Beobachtung der Experten. Zur Sondierung des Terrains sind die Herren heute Mittag rausgefahren – 70 km nordöstlich von Minsk. Was auch immer dort passiert, es wird zweifellos die Jägerbande unserer Länder vertiefen – mit oder ohne Erscheinen des Wolfs.