Die Wolfsjagd – Eine Fortsetzungsgeschichte (4)

Foto: Ochota 12 (2011)

Um es gleich zu sagen: Der Wolf macht es weiterhin spannend. Auch an Tag vier des Abenteuers hat er sich nicht gezeigt. Was offenbar die Experten von BelGosOchota deutlich mehr beunruhigt, als meine Schwiegervater. Mit gewohnter Ruhe und Gelassenheit erinnert er an die unvergleichliche Scheu des Wolfes, der nur wenigen Jägern das Jagdglück beschwert. Die russische Zeitschrift „Ochota“ (Jagd) widmete dieser Faszination ein ganzes Heft im Dezember 2011 .
Über die Beweggründe des Wolfes, sich nicht zu zeigen, ließ sich auch gestern– bei noch milden 6-8 ˚C Frost und Speck und Wodka im Wald – trefflich spekulieren: Ist es ihm zu kalt und er schläft, um Kräfte zu sparen? Oder ist es noch nicht lange genug kalt, um auf Futtersuche gehen zu müssen? Sind die besonderen Umstände der Ranzzeit verantwortlich? Gibt es zu viele Rehe in der Gegend, so dass er satt ist und nicht umherzieht? Oder gibt es gar zu wenig Rehe in der Gegend, so dass er immer neue Wälder aufsucht – und in der Nacht bis zu 30 bis 40 km zurücklegt?
Noch immer heißt es also warten. Dies gestaltet sich indes als ein weiterer Kurs in Landeskunde. Immer klarer wird der Unterschied zwischen den Bürokraten und den Waldmenschen. War es schon ein Abenteuer, den Veranstaltern einen Vertrag über die vereinbarten Leistungen abzuringen, so zeigt sich jetzt einmal mehr ihre Aversion, sich in irgendeiner Form festzulegen. Immer wieder wird ein weiteres Telefonat vereinbart, muss der Direktor befragt und die Lage neu analysiert und wiederholt darauf hingewiesen werden, dass es keine Garantie gibt, um nicht festgenagelt zu werden. Dass das ganze Unterfangen einfach ein Vergnügen und eine unvergessliche Erfahrung ist – mit oder ohne Wolf, will ihnen nicht einleuchten. Und da sie zwischen uns und den Waldmenschen stehen, und die Waldmenschen von den Bürokraten abhängig sind (auch wenn es umgekehrt sein sollte), können wir sie davon auch nicht mehr überzeugen.
Ob das in der Harmonie des Wodkagelages gemachte Versprechen, diese Jagd werde nicht ohne den Wolf beendet, tatsächlich eingehalten werden kann, ist also nach wie vor offen. Derzeit läuft der nächste Versuch bei mittlerweile 15 ˚C Frost. Ich persönlich glaube ja, dass es daran liegt, dass niemand Kontakt mit dem Wolf aufgenommen hat. Aber das will natürlich keiner hören, es sei denn, die Waldmenschen haben genau das getan, und der Wolf hat entschieden, dass wir nicht würdig sind, ihm gegenüberzutreten.