Schlagwortarchiv für: Traditionen

Konzerte mit belarussischer Musik in Berlin und Dresden

Ich zitiere hier eine Mail von Ingo Petz an den Verteiler des Minsk-Forums:

Liebe Mitglieder und Freunde der dbg, liebe Belarus-Interessierte,
hiermit möchten wir Sie zu zwei wunderbaren Konzert-Abenden am 1. und 3. Oktober 2012 in Berlin und Dresden einladen. Uns ist es gelungen, erstmals das belarussische Frauengesangsensemble MIZHRECHCHA nach Deutschland einzuladen. Das Ensemble aus der Region Palessje in Belarus präsentiert in dem Programm „Belaruskaja Duscha: Die Belarussische Seele“ authentische Volkslieder, Rituale und Traditionen, die sogar auf der UNESCO-Liste für das geistige Weltkulturerbe stehen.
Wir bitten Sie, dieses schöne Ereignis mit Ihrem Besuch zu unterstützen.
Anbei finden Sie weitere Infos zu dem Ensemble und zu den Veranstaltungsorten: Konzert_1.+3.10.2012
Mit besten Grüßen,
Ingo Petz

dbg-Vorstand
Minsk Forum Office
deutsch-belarussische gesellschaft (dbg)
Schillerstraße 59
D-10627 Berlin
Email minskforum@dbg-online.org

Frühlingsanfang im Freilichtmuseum

Am 24. März wird im „Museum nationaler Architektur und Lebensform“ einer der ältesten belarussischen Feiertage „Rufen des Frühlings“ (Гуканне вясны) begangen. Mit Liedern, die Vogelgesang im Frühling ähneln, wird hierbei die neue Jahreszeit begrüßt. Aus Weidenzweigen wird ein Freudenfeuer entzündet, drum herum wird getanzt.

Wie auch bei anderen traditionellen Festen sind auch dieses Mal die Museumsbesucher eingeladen, an dem Ritual selber teilzunehmen. Ergänzt wird das Angebot durch Workshops, in denen die traditionellen Puppen oder Teigfiguren hergestellt werden können, Konzerte, Verkaufsstände und natürlich belarussische Küche.

Filzkultur

Foto: http://www.aktuell.ru/russland/panorama/filzstiefel

Unbedingt zum Thema Kultur gehören die unverwüstlichen Walenki und ich bin froh, dass das nun auch die FAZ und die ZEIT erkannt haben.

Mit Verzierung oder ohne, mit Innenschuh oder ohne, mit Gummisohle (der moderne Ersatz für die Galoschen aus Gummi) oder ohne stehen sie in verschiedenen dezenten Erdtönen in allen Minsker Schuhgeschäften und machen schon beim Anblick warme Füße.

Sie werden in Smilovichi bei Minsk seit 1928 überwiegend in Handarbeit produziert. Die Wolle kommt allerdings nicht aus Belarus, sondern aus Dagestan, Zentralasien und Belgien. Man sieht die Stiefel an Füßen von Milizionären ebenso wie an denen von Jägern und wohl auch von Häftlingen in sibirischen Lagern. Aktuell kosten sie ca. 20 €, der Fellschuh als Einlage nochmal ca. 5 €.

Altes Neues Jahr

Heute wird nach dem julianischen Kalender in den orthodoxen Ländern das „alte neue Jahr“ gefeiert. Im letzten Jahr waren wir aus diesem Anlass im Dorf Semezhava, wo die Tradition des Umzugs der Kalyady-(Weihnachts-)Zaren in besonderer Weise begangen wird.
In diesem Jahr will ich das Datum zum Anlass nehmen, einen Blick zurück auf das orthodoxe Weihnachtsfest zu werfen, das hierzulande wieder mehr Aufmerksamkeit erfährt, als dies noch zu Sowjetzeiten und in den letzten Jahren der Fall war.
Der Heilige Abend, Sochelnik, also der 6. Januar abends, gilt gläubigen orthodoxen Christen als Vorbereitung für das Fest. An diesem Abend darf nichts gegessen werden, bis der erste Stern am Himmel erscheint. Dann allerdings wird ein großzügiges Mahl mit der ganzen Familie eingenommen, nachdem zuvor das Haus, so jedenfalls die Tradition, gründlich geputzt und geschmückt wurde.
Auch ein Kirchgang ist für diesen Abend vorgesehen, um sich auf den Weihnachtstag am 7. Januar vorzubereiten. Die Nachtgottesdienste um 0.00 Uhr dauern oft mehrere Stunden. Der Gottesdienst am Vormittag des 7. Januar fällt deutlich kürzer aus und wird überwiegend von Familien besucht.
Insgesamt lässt sich eine Rückeroberung der alten Traditionen beobachten, inwieweit diese jedoch religiöse motiviert sind, oder der auch hier zunehmenden Kommerzialisierung der Weihnachtszeit zuzuschreiben sind, lässt sich schwer sagen. In jedem Fall waren in diesem Jahr schon mehr Weihnachtsbäume und blinkender Fensterschmuck verbreitet, als noch im letzten Jahr. Anders aber als in Russland wird das öffentliche Leben in Belarus nicht für zwei Wochen lahm gelegt – im Gegenteil: Ein Erlass des Präsidenten sieht vor, dass am 21. Januar nacharbeiten muss, wer am 6. Januar frei gemacht hat.

Wie im letzten Jahr gibt es in dem gesamten Zeitraum von Mitte Dezember bis Mitte Januar Verkaufsmärkte mit Fleisch, Fisch und Gemüse vom Feld. Um den Erlebnischarakter zu erhöhen, findet an den Wochenende ein musikalisches Programm auf den Bühnen der Märkte statt, deren Angebot von propagandistischen Durchhalteliedern bis zu bekannten Schlagern reicht. Weihnachtslieder, wie wir sie kennen, gibt es nicht, allerdings dudelte neulich im Supermarkt „Oh Tannenbaum“ (auf deutsch!) im Hintergrund und im Gottesdienst am 6. Dezember in einer kleinen Kirche ertönte „Stille Nacht“ auf russisch. Überall stößt man auf „Väterchen Frost“ und Snegurochka (seine Tochter, das Schneeflöckchen). Stets im Doppelpack erfüllen sie hier die Funktion des Weihnachtsmann und/oder des Christkindes.
Insgesamt ist die Stimmung weihnachtlicher als noch im letzte Jahr, wenngleich die erstmals aufgestellten „Weihnachtsmärkte“ noch ausbaufähig sind: Noch sind es wenige Buden mit eher alltäglichen Waren, aber ein Glühweinstand ist schon dabei und erfreut sich großer Beliebtheit. Ein Weihnachtsfest haben wir noch vor uns in Belarus, um zu sehen, wohin die winterliche Reise geht.

Brand im Freilichtmuseum Dudutki

http://www.agroecotour.com/forum/viewtopic.php?f=19&t=11

Am Abend des 10. September ist im Freilichtmuseum Dudutki ein Feuer ausgebrochen und hat erhebliche Schäden angerichtet. Ob es Brandstiftung oder Fahrlässigkeit war, ist noch nicht geklärt.

Das Museum ist eines von drei (!) privaten Museen in Belarus. 1994 gegründet, bietet es unweit von Minsk ein vielfältiges Angebot rundum belarussische Volkskultur, Handwerk und Landwirtschaft. Finanziell muss es sich selber tragen. Folglich arbeitet es kommerziell. Die Preise können als gemäßigt bis hoch, gemessen an den hiesigen Einkommen, bezeichnet werden. Dennoch sind das Museum und das dazugehörige Gelände ein beliebtes Ausflugsziel.

Im Rahmen des in Belarus sehr geförderten Öko- oder Agrotourismus spielt das Museum eine wichtige Rolle.

Totengedenken

Heute ruht der Alltag in Belarus zugunsten der Toten. Radunica/Radonica , wie der heutige religiöse Feiertag heißt, ist im slawischen, insbesondere dem russischen Kulturraum dem ersten Totengedenken, am 9. Tag nach den Osterfeierlichkeiten, gewidmet. Die russisch-orthodoxe Kirche unterstützt diesen Feiertag, der jedoch auch auf heidnische Traditionen zurückgeht.

Es ist Brauch, an diesem Tag zu den Gräbern auf den Friedhöfen zu fahren und den Sieg des Lebens über den Tod zu feiern. Viele Angehörige begehen diesen Tag mit zum Teil ausgelassenen Festen auf den Friedhöfen, wiederum zum Befremden derjenigen, die die stille Trauer vorziehen.

Radunica ist ein arbeitsfreier, wenngleich auch kein staatlicher Feiertag. Die öffentlichen Verkehrsmittel zu den Friedhöfen, die oft weit außerhalb der Städte liegen, fahren in verstärktem Aufkommen und auch die Polizei ist zu höherer Wachsamkeit aufgerufen.

Nachtrag zu den Kalyady-Zaren

Einer Meldung der unabhängigen Nachrichtenagentur BelPan vom 15. April zufolge, sollen neben den Kalyady-Zaren weitere 17 Rituale und Traditionen aus Belarus in die UNESCO-Liste des „immateriellen kulturellen Erbes, das dringend des Schutzes bedarf“ aufgenommen werden. Die Vorschläge wurden von Seiten der Assoziation des belarussischen Ökotourismus unterbreitet. Damit verbindet sich die Hoffnung, durch die Anknüpfung an die landestypischen Sitten und Bräuche, Touristen anzusprechen, die dann auch andere Angebote des Naturtourismus in Belarus nutzen. Dieses Thema ist hier sehr aktuell und wird häufig in den Abendnachrichten aufgegriffen, wenn neue Angebote in diesem Bereich entstehen. Hinsichtlich des immateriellen Kulturerbes, so die Assoziation, komme es aber darauf an, ein Gleichgewicht zwischen den touristischen Bedürfnissen und dem Erhalt der historischen Überlieferungen zu finden.

Auf der Liste des Weltkulturerbes stehen derzeit das mittelalterliche Schloss in Mir, das Palastensemble der Radziwiłłs in Nyasvizh, der Bialowieza-Nationalpark sowie der Struve-Bogen, ein Netz von Erdvermessungspunkten in Belarus und weiteren beteiligten Staaten.

Tag des Vaterlandsverteidigers

Am 23. Februar ist es mal wieder soweit: Der „Tag des Vaterlandsverteidigers“ steht an. Ich kenne das schon aus Russland bzw. eigentlich der Sowjetunion. Damals war es noch der „Tag der Sowjetischen Armee und der Kriegsmarine“. Und, mal ehrlich, mancherorts hängen heute noch immer die alten Plakate. Überhaupt ist der Feiertag zu Ehren aller Soldaten schon ziemlich alt: Er wird seit der Oktoberrevolution traditionell am 23.2. begangen und hieß ganz am Anfang „Tag der Roten Armee“.

Aber wie dem auch sei, auch Belarus gedenkt in der kommenden Woche seiner Soldaten, allerdings nur dieser. Will sagen: Nicht der Soldatinnen, die es natürlich in der weißrussischen Armee auch gibt. Ein solcher Ehrentag klingt für westeuropäische, zumal deutsche Ohren, vielleicht befremdlich und die Inszenierung mitsamt ihrer sowjetischen Bildsprache macht es einem auch wirklich nicht leicht. Trotzdem muss ich zugeben, dass mir der Gedanke gefällt. Und das nicht nur, weil ich mit einem Soldaten verheiratet bin. Vielmehr ist es eigentlich das Mindeste, was eine Gesellschaft für Ihre Soldaten tun kann, wenn es denn auch wirklich die Bevölkerung erreichen würde. Das ist in Belarus aus Gewohnheit aller möglicher Ehren- und Gedenktage, aber auch durch ein traditionell höheres Ansehen der Armee sicher noch eher der Fall, als z.B. in Deutschland. Schade nur, dass der Tag auch in Weißrussland in der Zwischenzeit zu einer Art Vatertag verkommen ist, an dem weniger eine ernsthafte Beschäftigung mit der Armee als ein allgemeines Besäufnis im Vordergrund steht. Vielleicht ist der Tag deshalb in Belarus, wie auch in der Ukraine, erst gar kein arbeitsfreier Tag, wie es in Russland der Fall ist.

Nähere Informationen zu den belarussischen Streitkräften finden sich hier:

Steven J. Main: The Belarussian Armed Forces: A Military-Political History 1991–2003, Conflict Studies Research Centre, RMA Sandhurst, 2003.

Ministerium der Verteidigung der Republik Belarus

Dresdner Studiengemeinschaft Sicherheitspolitik

Überblick

Auf dem Dorf: Semezhava (Semezhevo)

Dorfplatz in Semezhava

„Einmal im Jahr schaut die Welt auf unser Dorf“, so begann der Bürgermeister von Semezhava (Minsker Oblast’) seinen Toast beim abendlichen Festessen zum orthodoxen Neujahrsfest am 13. Januar. Zusammen mit dem Vertreter der UNESCO für Belarus, der nationalen Präsidentin des Internationalen Museumsbundes ICOM sowie Vertretern des Kulturministeriums, des Bezirks Kopyl sowie den örtlichen Honoratioren waren wir zu Gast bei einer Familie des Dorfes. Es war der Abend nach dem Umzug der Kalyady-Zaren, deren Schauspiel seit 2009 auf der Liste des zu schützenden Kulturerbes der UNESO steht. Noch hat nicht die ganze Welt dieses Kulturjuwel entdeckt, so dass wir einen wunderbaren Abend in sehr persönlicher und herzlicher Atmosphäre verbracht haben. Ein sicher einmaliges Erlebnis, um Kultur und Geschichte von Belarus zu erfahren.

Die Weberei und Webschule in Semezhava.

Auf Einladung der Bezirkskulturverwaltung von Kopyl, der nächstgelegenen, größeren Ortschaft, haben wir zunächst das dortige Stadtmuseum besucht. In Semezhava hatten wir nach dem Umzug der Kalyady-Zaren die Gelegenheit, das Vysockij-Museum zu besuchen sowie die örtliche Schule für Webkunst. Hier gibt die alte Generation auf alten und mit Hilfe von EU-Mitteln angeschafften, neuen Webstühlen die verschiedenen Techniken dieses Handwerks an die junge, meist weibliche Generation weiter. Die Werkstatt gehört, ebenso wie das Museum in Kopyl und andere Einrichtungen, zur sog. „grünen Route“, einem im Rahmen des belarussischen Tourismus neu konzipierten Angebot des Ökotourismus. Sie umfasst Sehenswürdigkeiten, Kulturerbe, Erholungsorte, Naturschutzgebiete sowie Folklore-Angebote in der Region Kopyl, die zu Fuß oder mit dem Fahrrad besucht werden können. Interessierte erhalten nähere Informationen beim Stadtmuseum Kopyl, das leider bisher keine eigene Website hat.

Das orthodoxe Neujahrsfest: Die Kalyady-Zaren

Die Kalyady-Zaren in einem der Häuser im Dorf.

Das Ritual der „Kalyady-Zaren“ findet traditionell am 13. Januar statt. Dies ist der Beginn des neuen Jahres nach dem alten, dem julianischen Kalender.

2009 wurde die Zeremonie in dem südlich von Minsk gelegenen Dorf Semezhava in die Liste der „Intangible Cultural Heritage in Need of Urgent Safeguarding“ der UNESCO aufgenommen. Sie gehört damit zu den zu schützenden Elementen kulturellen Erbes in Belarus. Die Kalyady-Zaren sind Teil des Karnevals, ihr Zug durch das Dorf verbindet heidnische mit christlichen Elemente. In der Sowjetunion waren die Feiern seit 1937 verboten, wurden aber zunächst weiter geführt und waren unter der deutschen Besatzung wieder erlaubt. 1957 wurden sie erneut verboten. Bereits in den 80er Jahren kam es zu einer Wiederbelebun in der Region. Heute kann man das Spektakel wieder jährlich in Semezhava verfolgen.

Die Prozession, angeführt von jungen Männern in den Kostümen der Kalyady(Weihnachts)-Zaren, führt durch das Dorf, wobei Elemente eines traditionellen Schauspiels dargeboten werden. Die Zaren erhalten Geschenke und gute Wünsche von den Einwohnern. Der Besuch der Zaren wird als gutes Omen für das neue Jahr betrachtet und bringt den Häusern, in die sie einkehren, besonderes Glück.

Am 8. Januar 2011 wurde das Ritual auf Initiative des belarussischen Kulturministers im Rahmen des „Staatlichen Programms zur Förderung der Belarussischen Kultur 2011-2015“ mit dem Preis des Präsidenten der Republik Belarus ausgezeichnet.

Die Wiederbelebung und Auszeichnung der Zeremonie fügt sich in das allgemeine Bestreben, nationale Traditionen zu stärken.

Der Große Vaterländische Krieg I

Nicht zufällig ist einer der ersten Einträge in diesem Blog der Erinnerung an den „Großen Vaterländischen Krieg“, den Kampf gegen Deutschland von 1941 bis 1945 gewidmet. Zum einen ist der Krieg nach wie vor gegenwärtig: Nicht nur die gesamte architektonische Anlage der Innenstadt ist aufs engste mit den Zerstörungen und dem Wiederaufbau nach dem Krieg verbunden, auch erinnern zahlreiche Denkmäler und Erinnerungstafeln im Stadtbild an die Geschichte.

Ein T-34 vor dem Haus der Offiziere.

Das Foto zeigt einen sowjetsicher Panzer T 34 aus dem Zweiten Weltkrieg vor dem Haus der Offiziere. Der Veteranenverband nach wie vor einen bedeutenden Einfluss auf die (Geschichts-)Politik und staatlich geprägte Erinnerung. Das Museum des Großen Vaterländischen Krieges, eines der großen und zentralen Museen in der Stadt, transportiert diese offizielle Form des Gedenkens .

Darüber hinaus ist die Kriegserinnerung in Osteuropa ein mir vertrautes Thema und damit einer von vielen möglichen Zugängen zur Geschichte und Kultur des Landes. Die Annäherung auf diesem Wege ist, wie ich es bereits aus Russland kenne, eine gegenseitige.

Der ausdrücklichen Verantwortung der Deutschen für die unter dem Nationalsozialismus begangenen Verbrechen wird in der Regel mit Respekt begegnet. Ein klares Bekenntnis zu einer aktiven Auseinandersetzung mit der Geschichte öffnet Türen und bereitet den Boden für den Aufbau privater und geschäftlicher Beziehungen.