Nachtrag zu den Kalyady-Zaren

Einer Meldung der unabhängigen Nachrichtenagentur BelPan vom 15. April zufolge, sollen neben den Kalyady-Zaren weitere 17 Rituale und Traditionen aus Belarus in die UNESCO-Liste des „immateriellen kulturellen Erbes, das dringend des Schutzes bedarf“ aufgenommen werden. Die Vorschläge wurden von Seiten der Assoziation des belarussischen Ökotourismus unterbreitet. Damit verbindet sich die Hoffnung, durch die Anknüpfung an die landestypischen Sitten und Bräuche, Touristen anzusprechen, die dann auch andere Angebote des Naturtourismus in Belarus nutzen. Dieses Thema ist hier sehr aktuell und wird häufig in den Abendnachrichten aufgegriffen, wenn neue Angebote in diesem Bereich entstehen. Hinsichtlich des immateriellen Kulturerbes, so die Assoziation, komme es aber darauf an, ein Gleichgewicht zwischen den touristischen Bedürfnissen und dem Erhalt der historischen Überlieferungen zu finden.

Auf der Liste des Weltkulturerbes stehen derzeit das mittelalterliche Schloss in Mir, das Palastensemble der Radziwiłłs in Nyasvizh, der Bialowieza-Nationalpark sowie der Struve-Bogen, ein Netz von Erdvermessungspunkten in Belarus und weiteren beteiligten Staaten.

Museum des Großen Vaterländischen Krieges III

 

Die Baustelle des neuen Museums.

Gestern meldete die Nachrichtenagentur BelPan, dass am 16. April ein landesweiter Subbotnik, ein sog. freiwilliger Arbeitstag, durchgeführt wird. Dabei sollen neben allgemeinen Aufräumarbeiten auch die Denkmäler des Größen Vaterländischen Krieges von den letzten Schneeresten befreit werden. Die Erträge sollen Kindern zugute kommen, die noch immer unter den Folgen des Reaktorunfalls von Tschernobyl leiden. Ein weiterer Teil aber, und hier eröffnen sich ungeahnte Möglichkeiten für alle Museen der Welt, wird dem Neubau des Museums des Großen Vaterländischen Krieges zugute kommen.

 

Dieses erhält ein aufwendiges neues Gebäude, für den die Stadt Minsk und der Staat bemerkenswert viel Geld bereitstellen. Ziel ist die Fixierung des ideologisch geprägten Geschichtsbildes in einer symbolträchtigen Architektur. 1995 ist ebendies in Moskau auf dem Verneigungshügel geschehen, an dessen Vorbild sich der Neubau unverkennbar orientiert.

 

Der geplante Neubau. Quelle: http://www.minchanka.by/rasskazy/museum.html

Für die Einrichtung der neuen Dauerausstellung muss das Museum freilich das Geld selber aufbringen. Ob dies mit entsprechenden inhaltlichen Freiheiten einher geht, bleibt abzuwarten. Die öffentlich einsehbare Konzeption lässt Zweifel aufkommen. In Gesprächen mit den Kollegen aber ist die Aufbruchstimmung zu spüren, der Wille, ein Museum auf „europäischem Niveau“ zu machen. Darin wird das Museum vom Goethe-Institut unterstützt, das eine Reihe von Seminaren zu Fragen des Museumsmanagements für die Mitarbeiter des Museums finanziert. Eine Mitarbeiterin kann für 14 Tage Einblicke in ein deutsches historisches Museum nehmen und eine Delegation des Museums hatte gerade die Gelegenheit, Berliner Museen und Kultureinrichtungen zu besuchen, um Ideen zu sammeln und sich mit den Kollegen auszutauschen. Als nächstes soll die Rolle des Museums als Ort nationaler Erinnerungskultur  auf einer Konferenz diskutiert werden, die vom 25.-27.5.2011 im Museum stattfinden wird.

 

„Kulturschaffende in Belarus“

So lautet der Titel eines neuerlichen Beitrags der Sendung Scala im WDR 5 (29.3.2011, Moderation Rebecca Link). Immer wieder schaut diese Redaktion auf Belarus und berichtet insbesondere über die Situation der Kultur im Land. Dieses Mal sind, neben einem kompkaten Überblick über die wechselvolle Geschichte des Landes, Eindrücke der Schriftstellerin Svetlana Alekseeva, des Sängers Ljavon Volkskij und des Künstlers Arthur Klinau zu hören. Sie alle bewegen sich mit ihrem Schaffen in dem schwierigen Feld von Kunst und Kultur, die sich in Belarus, insbesondere nach den Wahlen im Dezember 2010, zwischen Propaganda und Protest bewegen.

In der laufenden Woche ist die Sendung nachzuhören unter: http://www.wdr5.de/nachhoeren/scala.html

Nationalbibliothek

Das Gebäude der Nationalbibliothek, abends mit Beleuchtung.

Als international tätiger Wissenschaftler kommt man ja viel rum und forscht sich dabei auch durch so manche Bibliothek. Ich gebe zu, dass ich jedes Mal, zumal im Ausland, immer wieder Respekt davor habe: Wie funktioniert die Anmeldung? In welchen Katalogen ist welche Literatur zu finden? Wo kann ich kopieren? Und last but not least: Wie sind die Facilities des Hauses, wenn ich schon Stunden, Tage oder Wochen darin verbringe?

Diesen Test musste nun auch die Nationalbibliothek der Republik Belarus bestehen – und hat das eindrucksvoll getan. Natürlich war auch hier wieder meine russische Erfahrung der Maßstab meiner Erwartungen. Und wieder hat sich mein Eindruck bestätigt, dass die Dinge des Alltags in Belarus schlicht unkomplizierter sind als in Russland. Nach Zahlung von 7.000 Rubel (= weniger als 2 €) hatte ich einen Benutzerausweis und dank meines Doktortitels wurde ich dem Lesesaal der Wissenschaftlichen Mitarbeiter zugeteilt. Während bei uns jeder innerhalb der Bibliothek arbeitet, wo er möchte, so erfolgt in Belarus eine Zuordnung zu einem bestimmten Lesesaal. Dort erhält man seine bestellte Literatur, kann kopieren und ins Internet (1 Stunde frei für alle Nutzer).

Ein nicht gerade kleiner Wermutstropfen ist allerdings der wissenschaftliche Bestand: Derzeit umfasst dieser laut Website 8,9 Millionen Einheiten und kann über einen zentralen Katalog, verschiedene Datenbanken und auch online recherchiert werden. An eine ausreichende aktuelle Verfügbarkeit internationaler Literatur ist dabei aber leider nicht zu denken. Zwar gibt es vereinzelte Bestände, die man nicht unbedingt in der Bibliothek vermutet (ich habe das für konkrete Themen der deutsch-sowjetischen Geschichte und für Museumswissenschaften ausprobiert). Aber westlichen wissenschaftlichen Standards hält die Bibliothek nicht stand.

Daran ändert auch ihr 2006 fertig gestellter spektakulärer Bau nichts, der die Skyline von Minsk belebt und abends passend zur Jahreszeit oder Feiertagen beleuchtet wird. Er gehört zu den 50 originellsten Bauten der Welt. Dem eindrucksvollen Äußeren entspricht durchaus die Inneneinrichtung, von der so manche Bibliothek nur träumen kann. Die Lesesäle sind neu und komfortabel eingerichtet, es gibt ausreichend Computer für die Recherchen, wie gesagt, einige davon mit Internetanschluss. Kopien können unproblematisch bestellt werden, Cafés, eine Kantine und Ruhebereiche laden zu kreativen Pausen ein. Kein Wunder, dass der Präsident die Bibliothek zum Vorzeigeobjekt anlässlich staatlicher Veranstaltungen erhoben hat.

Weitere Eindrücke der Bibliothek aus Nutzerperspektive:

http://www.bibliothek2null.de/2010/10/25/ein-besuch-in-weisrussland/

Tag des Vaterlandsverteidigers

Am 23. Februar ist es mal wieder soweit: Der „Tag des Vaterlandsverteidigers“ steht an. Ich kenne das schon aus Russland bzw. eigentlich der Sowjetunion. Damals war es noch der „Tag der Sowjetischen Armee und der Kriegsmarine“. Und, mal ehrlich, mancherorts hängen heute noch immer die alten Plakate. Überhaupt ist der Feiertag zu Ehren aller Soldaten schon ziemlich alt: Er wird seit der Oktoberrevolution traditionell am 23.2. begangen und hieß ganz am Anfang „Tag der Roten Armee“.

Aber wie dem auch sei, auch Belarus gedenkt in der kommenden Woche seiner Soldaten, allerdings nur dieser. Will sagen: Nicht der Soldatinnen, die es natürlich in der weißrussischen Armee auch gibt. Ein solcher Ehrentag klingt für westeuropäische, zumal deutsche Ohren, vielleicht befremdlich und die Inszenierung mitsamt ihrer sowjetischen Bildsprache macht es einem auch wirklich nicht leicht. Trotzdem muss ich zugeben, dass mir der Gedanke gefällt. Und das nicht nur, weil ich mit einem Soldaten verheiratet bin. Vielmehr ist es eigentlich das Mindeste, was eine Gesellschaft für Ihre Soldaten tun kann, wenn es denn auch wirklich die Bevölkerung erreichen würde. Das ist in Belarus aus Gewohnheit aller möglicher Ehren- und Gedenktage, aber auch durch ein traditionell höheres Ansehen der Armee sicher noch eher der Fall, als z.B. in Deutschland. Schade nur, dass der Tag auch in Weißrussland in der Zwischenzeit zu einer Art Vatertag verkommen ist, an dem weniger eine ernsthafte Beschäftigung mit der Armee als ein allgemeines Besäufnis im Vordergrund steht. Vielleicht ist der Tag deshalb in Belarus, wie auch in der Ukraine, erst gar kein arbeitsfreier Tag, wie es in Russland der Fall ist.

Nähere Informationen zu den belarussischen Streitkräften finden sich hier:

Steven J. Main: The Belarussian Armed Forces: A Military-Political History 1991–2003, Conflict Studies Research Centre, RMA Sandhurst, 2003.

Ministerium der Verteidigung der Republik Belarus

Dresdner Studiengemeinschaft Sicherheitspolitik

Überblick

Kultur und Gesellschaft in Belarus auf „Kulturama“

Eine ganz wunderbare Website ist die Plattform von Journalisten und Publizisten, die schwerpunktmäßig aus und über das mittlere und östliche Europa schreiben. Die Internetpräsenz gehört zum Verein „n-ost Netzwerk für Osteuropa-Berichterstattung e.V.“ Seit Dezember 2009 schreibt dort auch der Journalist Ingo Petz, der sich seit Jahren mit Reportagen und Hintergrundberichten gerade über die Kulturszene in Weißrussland einen Namen gemacht hat.

Museen und Ausstellungen, zumal als professionelle Institutionen innerhalb der Kulturlandschaft, spielen bei beiden Websites eine eher untergeordnete Rolle.

Ein Abend zu weißrussischer Kultur in Berlin

Heute Abend findet in der Volksbühne am Rosa-Luxemburg-Platz um 20.00 Uhr ein Abend mit Vertretern der weißrussischen Kultur statt. Mehrere Veranstalter, u.a. die Deutsche Gesellschaft für Osteuropakunde, haben sich zusammengefunden, um einige Wochen nach den Präsidentschaftswahlen in Belarus über die Lage von Künstlern, Schriftstellern und anderen Kulturschaffenden zu sprechen.

Zur Diskussion werden erwartet die Schriftstellerin Swetlana Alexejewitsch, der Künstler Artur Klinau, der Musiker Ljawon Wolski sowie der deutsche Schriftsteller Ingo Schulze. Ein Hinweis auf die Veranstaltung gibt auch die in Weißrussland unterdrückte Zeitung Nascha Niwa.

Jüdische Spuren in Minsk

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Fotoausstellung zum Alltagsleben in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts

In über 130 Fotos entfaltet die derzeitige Sonderausstellung der Aufnahmen des Geistlichen Pavel Volyncevich (1875-1962) im Nationalen Historischen Museum ein Tableau ländlichen Lebens in der ersten Hälfte des 20. Jh. Der Dorfpfarrer, der mehrere Pfarreien im Gebiet Grodno innehatte, hat als Hobby-Fotograph zahlreiche Bilder seines Familienlebens, der Kirchen und des Alltags auf dem Dorf gemacht. Der Bestand ist nicht nur deshalb von großem Interesse, weil durch ihn seltene Abbildungen etwa heute zerstörter Gebäude oder des täglichen Lebens vorhanden, sondern auch, weil wenig Fotosammlungen auf Glasplatten überhaupt bis heute erhalten geblieben sind. Aufgrund der eigenen, akribischen Ordnung seiner Fotos sowie durch ergänzende Archivstudien war es nun möglich, das Leben Volyncevichs anhand seiner Bilder nachzuvollziehen.

Leider erfährt man jedoch nichts in der Ausstellung über die Einflüsse der historischen Ereignisse auf das Leben des Pfarrers (bzw. eines Dorfgeistlichen im Allgemeinen), seiner Gemeinden und seiner Familie. Allein Grodno befand sich in der von Revolution, Erstem Weltkrieg und Bürgerkrieg, Kollektivierung, Terror, Okkupation und Zweitem Weltkrieg geprägten Periode zuerst im Russischen Reich, unter deutscher Besatzung (1915-1919), in Polen, der Sowjetunion, wieder unter deutscher Besatzung (1941-1944) und schließlich wieder in der Sowjetunion. Es wäre spannend gewesen, die Fotos eines offenbar friedlichen Land- und Familienlebens in diesem größeren Kontext zu betrachten.

Weitere Informationen unter: http://religia.by/pravoslavie/segodnya-otkrylas-fotovystavka-pavel-volyncevich-fotoletopis-dlinoyu-v-polstoletiya

Nationales Historisches Museum

Blick in die Dauerausstellung.

Ambivalent fällt mein Urteil über das Nationale Historische Museum der republik Belarus (bis 2009 das Nationales Museum der Geschichte und Kultur von Belarus) in Minsk aus. Man bekommt nicht, was man erwartet, kann aber doch anregende Stunden dort verbringen.

Offenbar ist das Museum eher auf Minsker und belarussisches Publikum eingestellt, als auf Touristen und Fremde. Jedenfalls erhält man nicht, wie ich finde zu erwarten wäre, eine Einführung oder einen Überblick in die weißrussische Geschichte. Vielmehr setzt sich die Dauerausstellung aus einzelnen thematischen Abschnitten zusammen, die allenfalls ein mosaikartig zusammengesetztes Bild von der belarussischen Geschichte abgeben. Der Rundgang beginnt mit der (offenbar noch aus sowjetischen Zeiten stammenden) Präsentation archäologischer Funde auf heutigem belarussischem Gebiet. Und damit ist gleich ein zentrales Thema angesprochen: Wo und wann beginnt eigentlich „belarussische Geschichte“?  Wie hat sich das heutige Staatsgebiet entwickelt?

Leider gibt auch der weitere Rundgang, wie der erste Saal selbst, darüber keinen Aufschluss. Übergreifende Saaltexte sucht man vergeblich. Vielmehr durchwandert der Besucher einzelne Räume, die jeweils einem in sich geschlossenen Thema oder einer Sonderausstellung außerhalb eines Rundgangs gewidmet sind.

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Zeitungskultur

Internationale Zeitungen sind in Minsk bekanntlich Mangelware. Zu kaufen sind sie gar nicht, zu lesen nur an sehr wenigen Orten. Einer davon ist das News Café in der Ul. Karla Marksa. Hier gibt es eine, freilich überschaubare Auswahl tagesaktueller und ein bis zwei Tage alte Zeitungen. Welche genau verfügbar sind, schwankt, meist sind jedoch die aktuelle ZEIT, die WELT und Frankfurter Allgemeine Zeitung vorhanden. Hinzu kommen das Handelsblatt, einige Wirtschafts- und Managermagazine sowie englisch- und russischsprachige Zeitungen und Journale.

Ein deutlich geringeres Angebot hält das Grand Café in der Ul. Lenina vor, immerhin waren hier in letzter Zeit die ZEIT und die WELT (einige Tage alt) zu haben.

An den staatseigenen Kiosken und Zeitungsläden („Белсоюздрук“) gibt es dagegen ein zwar beeindruckend großes Angebot an Zeitungen, das sich jedoch auf den zweiten Blick in den staatlich kontrollierten Ausgaben der Tageszeitungen sowie zahlreichen Fachzeitungen und –zeitschriften (Angeln, Jagen, Heimwerken, Kochen, „Frauenthemen“ etc.) erschöpft.

Belarus-Reise

„Mehr als eine sozialistische Musterstadt“ – Unter diesem Titel bietet die Reiseagentur Ex Oriente Lux eine Reise nach Weißrussland an. Auf dem Programm stehen Minsk und Vitebsk, wobei touristische Besichtigungen und Begegnungen mit Vertretern aus Kultur und Gesellschaft eine vielversprechende Mischung eingehen. Der nächste Termin ist der 29.7. bis 6.8.2011. Nähere Infos unter http://www.eol-reisen.de/destination.php?id=12

Das Stadtmuseum Kopyl

Die Direktorin führt uns durch ihr Museum.

Der Eingangsbereich des Museums erinnert mit einer kleinen Installation an die ursprüngliche Bestimmung des Gebäudes, wo sich im 19. Jh. eine Lederwerkstatt befand. In drei Ausstellungsräumen zeigt das Museum mit Dokumenten, Fotos und zahlreichen Originalen die Geschichte der Region Kopyl. Ein vierter Saal ist Wechselausstellungen vorbehalten.

Unter der Leitung der Direktorin, deren lebhafte und engagierte Arbeit ich bereits auf dem Forum anlässlich des Wettbewerbs „Geschichte des 20. Jahrhunderts in der Erwachsenenbildung“ am 17.12.2010 in Minsk erleben konnte. wurden zwei Räume der Dauerausstellung bereits neugestaltet. Besonders hervorzuheben sind die archäologischen Ausgrabungen vom ehemaligen Schlossberg Kopyls, darunter ein seltenes chirurgisches Messer aus dem 13. Jh. und eine Kachel aus regionaler Produktion aus dem 16. Jh.

Leider ist, wie in vielen belarussischen Museen, auch hier zu beklagen, dass es weder einführende Texte noch erklärende Objektbeschriftungen gibt. Teilweise werden Objekte einfach benannt, manchmal werden Orts- und Zeitangaben gemacht, das alles in belarussisch. In keinem Fall aber werden die Geschichten erzählt, die mit den Objekten verbunden sind. Gemäß alter sowjetischer Tradition erfährt der Besucher davon nur durch eine Führung im Museum. Auf eine individuelle Erschließung und einen selbst gewählten Rundgang der Besucher sind die Museen bisher nicht eingestellt.

Das Museum verfügt über zwei Filialen im nahe gelegenen Dorf Semezhava, wo sich das Museum für den Konstrukteur Michail Vysockij und die örtliche Webstube befinden.

Die Adresse des Museums lautet: Minskaja Oblast’, Kopyl, Pl. Lenina, 1, Tel.: 80171955820.

Öffnungszeiten: Die-So 9-18. Eine eigene Website hat das Museum bisher nicht.

Auf dem Dorf: Semezhava (Semezhevo)

Dorfplatz in Semezhava

„Einmal im Jahr schaut die Welt auf unser Dorf“, so begann der Bürgermeister von Semezhava (Minsker Oblast’) seinen Toast beim abendlichen Festessen zum orthodoxen Neujahrsfest am 13. Januar. Zusammen mit dem Vertreter der UNESCO für Belarus, der nationalen Präsidentin des Internationalen Museumsbundes ICOM sowie Vertretern des Kulturministeriums, des Bezirks Kopyl sowie den örtlichen Honoratioren waren wir zu Gast bei einer Familie des Dorfes. Es war der Abend nach dem Umzug der Kalyady-Zaren, deren Schauspiel seit 2009 auf der Liste des zu schützenden Kulturerbes der UNESO steht. Noch hat nicht die ganze Welt dieses Kulturjuwel entdeckt, so dass wir einen wunderbaren Abend in sehr persönlicher und herzlicher Atmosphäre verbracht haben. Ein sicher einmaliges Erlebnis, um Kultur und Geschichte von Belarus zu erfahren.

Die Weberei und Webschule in Semezhava.

Auf Einladung der Bezirkskulturverwaltung von Kopyl, der nächstgelegenen, größeren Ortschaft, haben wir zunächst das dortige Stadtmuseum besucht. In Semezhava hatten wir nach dem Umzug der Kalyady-Zaren die Gelegenheit, das Vysockij-Museum zu besuchen sowie die örtliche Schule für Webkunst. Hier gibt die alte Generation auf alten und mit Hilfe von EU-Mitteln angeschafften, neuen Webstühlen die verschiedenen Techniken dieses Handwerks an die junge, meist weibliche Generation weiter. Die Werkstatt gehört, ebenso wie das Museum in Kopyl und andere Einrichtungen, zur sog. „grünen Route“, einem im Rahmen des belarussischen Tourismus neu konzipierten Angebot des Ökotourismus. Sie umfasst Sehenswürdigkeiten, Kulturerbe, Erholungsorte, Naturschutzgebiete sowie Folklore-Angebote in der Region Kopyl, die zu Fuß oder mit dem Fahrrad besucht werden können. Interessierte erhalten nähere Informationen beim Stadtmuseum Kopyl, das leider bisher keine eigene Website hat.

Ein Museum für Michail Stepanovich Vysockij

Michail S. Vysockij 2011

Unweit von Kopyl, südlich von Minsk, in dem Dorf Semezhava (Semezhevo) befindet sich seit 2008 ein kleines Museum für den weißrussischen „Hauptkonstrukteur des Automobilbaus“ Prof. Dr. Michail Vysockij. Dies ist ein in mehrfacher Hinsicht besonderes Museum: Zum einen erfreut sich der mit zahlreichen Preisen ausgezeichnete, bald 83 jährige Ingenieur durchaus noch bester Gesundheit und ist damit sicher einer der wenigen Persönlichkeiten, denen bereits zu Lebzeiten ein Museum gewidmet wird. Darüber hinaus befindet sich das Museum in seinem Geburtshaus, in dem seine Eltern bis zu ihrem Tod gelebt haben. Die Einrichtung in einem der beiden Räume mit Ofen, Tisch und Ikonenecke gibt einen Eindruck von den Lebensbedingungen, in denen Vysockij aufgewachsen ist.

Uns hat er bei unserem Besuch am Abend des Umzugs der Kalyady-Zaren durch das Dorf persönlich begleitet und lebhaft von seinen Erlebnissen und Erfindungen berichtet. Die Ausstellung, formal dem Stadtmuseum Kopyl unterstellt, spiegelt sein bewegtes Leben mit Fotos, Dokumenten, Automodellen und persönlichen Gegenständen wider: Als 18jähriger kam er aus Semezhava in die Autofabrik von Minsk, wo seine Karriere begann. Unter seiner Leitung wurde zum Beispiel die Modulkonstruktion des Autozugs MAZ-2000 „Perestroika“ entwickelt, eine der Attraktionen auf dem Pariser Autosalon 1988.

Blick in einen der beiden Ausstellungsräume

Wer’s genauer wissen will, findet Informationen auf der Seite der Minsker Autofabrik: http://www.maz.by/ und der Seite der Akademie der Wissenschaften: http://nasb.gov.by/rus/members/academicians/vysotskii.php

Neuerscheinung weißrussischer Literatur in Übersetzung

Kürzlich ist der Roman des belarussischen Autors Alhierd Bacharevič, „Die Elster auf dem Galgen“, in der deutschen Übersetzung von Thomas Weiler erschienen.

Am 11.1.2010 liest der Autor im Scharfrichterhaus in Passau aus seinem Werk. Heute hat der WDR in seiner Sendung SCALA darüber berichtet. Nähere Informationen und Hinweise auf weitere Publikationen von Bacharevič bietet Thomas Weiler im Blog novinki.

Das orthodoxe Neujahrsfest: Die Kalyady-Zaren

Die Kalyady-Zaren in einem der Häuser im Dorf.

Das Ritual der „Kalyady-Zaren“ findet traditionell am 13. Januar statt. Dies ist der Beginn des neuen Jahres nach dem alten, dem julianischen Kalender.

2009 wurde die Zeremonie in dem südlich von Minsk gelegenen Dorf Semezhava in die Liste der „Intangible Cultural Heritage in Need of Urgent Safeguarding“ der UNESCO aufgenommen. Sie gehört damit zu den zu schützenden Elementen kulturellen Erbes in Belarus. Die Kalyady-Zaren sind Teil des Karnevals, ihr Zug durch das Dorf verbindet heidnische mit christlichen Elemente. In der Sowjetunion waren die Feiern seit 1937 verboten, wurden aber zunächst weiter geführt und waren unter der deutschen Besatzung wieder erlaubt. 1957 wurden sie erneut verboten. Bereits in den 80er Jahren kam es zu einer Wiederbelebun in der Region. Heute kann man das Spektakel wieder jährlich in Semezhava verfolgen.

Die Prozession, angeführt von jungen Männern in den Kostümen der Kalyady(Weihnachts)-Zaren, führt durch das Dorf, wobei Elemente eines traditionellen Schauspiels dargeboten werden. Die Zaren erhalten Geschenke und gute Wünsche von den Einwohnern. Der Besuch der Zaren wird als gutes Omen für das neue Jahr betrachtet und bringt den Häusern, in die sie einkehren, besonderes Glück.

Am 8. Januar 2011 wurde das Ritual auf Initiative des belarussischen Kulturministers im Rahmen des „Staatlichen Programms zur Förderung der Belarussischen Kultur 2011-2015“ mit dem Preis des Präsidenten der Republik Belarus ausgezeichnet.

Die Wiederbelebung und Auszeichnung der Zeremonie fügt sich in das allgemeine Bestreben, nationale Traditionen zu stärken.

Die „Jama“

Ansicht der beiden Denkmäler in der Jama.

Der heute in einem Neubaugebiet gelegene Ort gehörte zwischen 1941 und 1943 zum Minsker Ghetto. Die Jama (russisch für: Grube) war einer der Orte, an dem die deutschen Besatzer die Juden erschossen. Nach dem Krieg errichteten Überlebende einen Obelisken zur Erinnerung an die Ereignisse in der Jama. Er trägt eine jiddische Inschrift und ist wohl das einzige Denkmal dieser Art, das in der Sowjetunion bestand hatte. Ein aktives Erinnern war jedoch bis zum Beginn der 90er Jahre des 20. Jh. nicht möglich.

Im Jahre 2000 konnte in der Jama ein Denkmal des belarussischen Architekten Leonid Lewin eingeweiht werden. Es zeigt eine Reihe von gesichtslosen, schattenhaften Bronzefiguren: Opfer, die hinab in die Grube steigen.

Nähere Informationen: http://ibb.by/de/news/376

Das Minsker Ghetto

Blick auf die Gedenksteine deutscher Städte auf dem ehemaligen jüdischen Friedhof in Minsk zur Erinnerung an die Deportationen.

Bereits kurz nach dem Überfall auf die Sowjetunion am 22. Juni 1941 besetzten die Deutschen Minsk. Im Zeitraum von Juli 1941 bis Oktober 1943 errichteten sie im nordöstlichen Teil der Stadt auf einem etwa zwei Quadratkilometer großen Gebiet einen abgeriegelten Bezirk, in dem die große Mehrheit der damals etwa 75.000 Juden leben mussten. Das Ghetto gehörte zu den größten in Europa mit zeitweise 30.000 bis 100.000 Menschen. Seit November 1941 wurden zudem aus den deutschen Städten Hamburg, Bremen, Düsseldorf, Köln, Frankfurt, Berlin und Königsberg sowie aus Wien und Brünn deportierte Juden hier untergebracht. Nicht arbeitsfähige Menschen wurden umgebracht, die übrigen zur Zwangsarbeit abkommandiert. Im August 1942 lebten noch weniger als 9.000 Menschen im Ghetto, zum Zeitpunkt der Auflösung am 21. Oktober 1943 gab es kaum Überlebende.

Die wenigen Überlebenden treffen sich heute in der Geschichtswerkstatt in Minsk und sprechen über ihre Erlebnisse. Einige von ihnen konnten mit Hilfe der Geschichtswerkstatt ihre Erinnerungen publizieren, andere geben ihre Erfahrungen an junge Menschen im Rahmen verschiedener Projekte weiter.

Portraits und Erinnerungen von Ghetto-Überlebenden finden sich unter: http://www.gwminsk.org, Link: Lebensläufe

Geschichtswerkstatt Minsk

Ein wenig versteckt und nicht leicht zu finden liegt in der Suchaja Straße 25 in Minsk die Geschichtswerkstatt, ein deutsch-belarussisches Gemeinschaftsprojekt. Der Besuch sei all jenen empfohlen, die sich für die nicht offizielle Seite der Geschichte von Belarus im Zweiten Weltkrieg interessieren. Themen der Ausstellungen und Veranstaltungen der Geschichtswerkstatt sind das Schicksal der jüdischen Bevölkerung und des Minsker Ghettos sowie des Konzentrationslagers Malyj Trostenec.

Das Gebäude der Geschichtswerkstatt.

Das Gebäude der Geschichtswerkstatt ist eines der letzten erhalten gebliebenen Baracken des Minsker Ghettos. Damals versteckten sich hier in einem unterirdischen Versteck, einer sog. Malina, 26 Menschen für die Dauer von neun Monaten vor den deutschen Besatzungstruppen. 13 von Ihnen überlebten.

Mehr Informationen unter: http://www.ibb-d.de/geschichtswerkstatt_minsk0.html und http://ibb.by/de/education/Geschichtswerkstatt. Derzeit entsteht eine neue Website, die demnächst unter www.gwminsk.org zu finden ist.

Zeitgenössische Kunst

Noch bis zum 9. Januar 2011 zeigt das Contemporary Art Centre in Vilnius (nur 170 km von Minsk entfernt) eine Ausstellung zeitgenössischer weißrussischer Künstler. Unter dem Titel „Durys atsidaro? Baltarusių menas šiandien“ („Öffnen sich die Türen? Weißrussische Kunst heute“) stellt die Ausstellung künstlerische Positionen zur aktuellen gesellschaftlichen und politischen Lage in Belarus vor. Der Zeitpunkt der Präsentation vor und nach den Präsidentschaftswahlen in Belarus ist zweifellos mit Bedacht gewählt und macht auf die Tatsache aufmerksam, dass zeitgenössische Kunst in Belarus kaum gefördert wird. Umso überraschender war eine kürzliche Initiative des Präsidenten zur Errichtung eines Zentrums für zeitgenössische Kunst. Es wird zu beobachten sein, welche der hier formulierten Ziele realisiert werden und wie sich das auf die Kunstszene auswirkt.

Zur Ausstellung in Vilnius ist ein Katalog in litauischer, englischer und russischer Sprache erschienen. Die weißrussische Zeitung BelGazeta hat, wohlgemerkt vor den Wahlen, am 13.12.2010 in der Ausgabe 49 (772), S. 5, eine ebenso bitterböse wie gute Kritik der Ausstellung publiziert.

Das Museum als Ort der Persönlichkeitsentwicklung?!

 

Abschlussveranstaltung am 21.12.2010

Erwachsenenbildung wird in Belarus noch klein geschrieben. Es gibt weder ein so dichtes Netz von Volkshochschulen, wie wir es aus Deutschland kennen, noch Fortbildungseinrichtungen oder gar Seniorenakademien. Das Bildungssystem wird vielmehr bestimmt durch die schulische Bildung, das Hochschulstudium und die Berufsausbildung. Zwar bieten zunehmend städtische und andere offizielle Bildungseinrichtungen Kurse speziell für Erwachsene an (siehe: Minsker Bezirksinstitut für Bildungsentwicklung), doch stecken diese Angebote noch in den Anfängen – ein Grund, warum sich der „Deutsche Volkshochschulverband e.V.“ in Belarus engagiert. Weiterlesen

Geschichte im Museum

Wie aktuell und wichtig Fragen der Geschichte auch für die Museen sind, hat die Abschlusspräsentation der Projekte gezeigt, dich sich an dem Wettbewerb „Geschichte des 20. Jahrhunderts in der Erwachsenenbildung“ beteiligt haben. Das Forum fand am 17.12.2010 im Minsker Bezirksinstitut für Bildungsentwicklung statt, gefördert wurde das Programm vom „Deutschen Volkshochschulverband e.V.“ in Minsk. Beteiligt haben sich insgesamt acht Institutionen, neben Museen auch Bildungseinrichtungen verschiedener Bezirke in Minsk und anderer Regionen Weißrusslands sowie die Orthodoxe Kirche.

Der Motivation und den Folgen von Emigration aus der Region in die USA widmete das Heimatmuseum Kopyl im Minsker Bezirk ein Projekt. Das Vitebsker Bildungsmuseum präsentierte seine ehrgeizigen Pläne zur Gründung im kommenden Jahr. Ebenfalls eine Museumsgründung in einem ehemaligen Seminar zur Bildungsgeschichte ist in Schtschutschin in der Region Grodno vorgesehen.

Weitere Institutionen wählten unterschiedliche, thematische Schwerpunkte, wie z.B. die Bildungssituation der 40er und 50er Jahre in Minsk, Spuren der Musikgeschichte im Kreis Mogiljow oder die Entwicklung von weiblichen Wohltätigkeitsorganisationen in Belarus.

Das Forum bot den Teilnehmern neben Vorträgen über die Rolle und Funktion der Museumspädagogik für die Erwachsenenbildung (von einer Vertreterin des Staatlichen Historischen Museums, Minsk), die Entwicklung und Methoden der „oral history“ (von einer Vertreterin des Minsker Bezirksinstitut für Bildungsentwicklung) sowie die Arbeit des Volkshochschulverbandes in Belarus, die Möglichkeit zum Erfahrungsaustausch. Die vier besten Projekte präsentierten sich zudem mit kleinen Ausstellungen und Materialien im Foyer.

Museumspädagogik

Vom aktuellen Stand der Fachdiskussion zur Museumspädagogik in Belarus konnte ich mich auf einem Fortbildungsseminar in der vergangenen Woche überzeugen. Veranstaltet vom Institut für Kultur in Belarus waren ca. 40, meist junge Museumsmitarbeiter/-innen aus ganz Belarus nach Minsk gekommen, um fünf Tage über „Ort und Rolle des Museums im Kontext aktueller Bildung“ zu sprechen. Nach einführenden Vorträgen über Tendenzen und Methoden der Bildungsarbeit im Museum, stellten Mitarbeiter/-innen aus verschiedenen Museen konkrete Projekte vor, darunter die pädagogische Arbeit der „Schloss- und Parkmuseen“ in Gomel, die sich mit einer beeindruckenden Vielfalt an Angeboten auf die Zielgruppe von Kindern mit Behinderungen spezialisiert hat, ein Museumsspiel für Schüler und Jugendliche im Staatlichen Historischen Museum, ein Programm für Senioren in der Städtischen Galerie Schtschemeljowa sowie Veranstaltungen für Erwachsene zur Traditionspflege im „Staatlichen Museum der Volksarchitektur und Alltagslegen der Republik Belarus“.

Ein Blick in eine nachgebaute Hütte im Museum für Volksarchitektur.

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Museum des Großen Vaterländischen Krieges I

Das Gebäude des Museums auf dem Platz der Republik.

Mitten im Zentrum der Stadt, Am Prospekt Nezavisimosti, befindet sich das „Belarussische Staatliche Museum der Geschichte des Großen Vaterländischen Krieges“, wie es richtig heißt. In einer Dauer- und verschiedenen Wechselausstellungen zeigt es die offizielle Sicht auf die Geschichte des Krieges gegen das nationalsozialistische Deutschland von 1941 bis 1945. Ergänzt werden die Ausstellungen durch die Präsentation von Großgerät im Außenbereich.

Bereits 1942 erhielt eine eigens zu diesem Zweck gegründete Kommission den Auftrag, Dokumente und Materialien zum Überfall der Deutschen auf die Sowjetunion sowie den eigenen Abwehrkampf zu sammeln. Auf dieser Grundlage eröffnete im November 1942 die erste Ausstellung  unter dem Titel „Belarus lebt, Belarus kämpft, Belarus war und wird sowjetisch sein“. Sie wurde in Moskau in den Räumen des Staatlichen Historischen Museums am Roten Platz gezeigt. Nach der Befreiung Weißrusslands durch die Rote Armee bildete die Ausstellung die Grundlage für das neu gegründete Museum im Haus der Gewerkschaften auf den Platz der Freiheit. Die Eröffnung für die Besucher fand am 22. Oktober 1944 statt. Seit 1966 befindet sich das Museum in dem heutigen Gebäude.

Museum des Großen Vaterländischen Krieges II

Anlässlich des 65. Jahrestages seit dem Ende des Großen Vaterländischen Krieges zeigt das Museum im Rahmen des Projekts „Die Parade des Sieges am 24.6.1945“ aktuell drei Sonderausstellungen. Zuerst eröffnete eine Präsentation über die sowjetische Gesellschaft im Krieg, danach eine Ausstellung über die die Lebensbedingungen und Aktionen der Partisanen. Seit dem 28.10.2010 ist auch die dritte Ausstellung zu sehen, die persönliche Gegenstände und erbeutete Waffen und Fahnen der Teilnehmer an der Siegesparade unter Einbeziehung von originalen Tondokumenten zeigt.

Ausstellungseröffnung am 27.10.2010

Auf den ersten Blick bieten die Ausstellungen nichts Neues auf die im Museum präsentierte Sicht des Krieges durch die Brille der sowjetischen Ideologie. Dieser Eindruck wird durch die traditionell überladene, in roten Farben gehaltene und sehr realistische Gestaltung unterstützt. Auch die Eröffnungszeremonien folgen alten Mustern, indem mit Orden beladene Veteranen die zur Anwesenheit verpflichtete Jugend auf die Heldentaten Stalins zum Sieg über die Faschisten und zur Befreiung von Belarus einschwören.

Auf den zweiten Blick jedoch zeigt sich eine differenzierte Sicht auf die Ereignisse. Weiterlesen

Museum der Geschichte der weißrussischen Literatur

Mein erster Museumsbesuch führte mich in das kleine, aber feine Staatliche Museum der belarussischen Literatur

Über meinen Besuch war man ebenso erfreut wie erstaunt, das Ticket (45 Rubel) wurde mir als einzigem Besucher erlassen und extra für mich das Licht in den Räumen eingeschaltet.

Ein Blick in die Ausstellung

Zu sehen ist seit Januar 2010 eine Ausstellung über den belarussischen Schriftsteller Vassilij Bykov (1924-2003). Sie berichtet über seine familiäre Herkunft aus der Region Vitebsk, seine künstlerische Entwicklung und die Rezeption seiner Werke im In- und Ausland durch Verfilmungen und Übersetzungen. Die Beschriftung ist in belarussisch und englisch gehalten, die Gestaltung schlicht, aber hochwertig und professionell. Mit Originaldokumente, Faksimiles, Fotos und persönlichen Gegenständen bietet die Ausstellung eine lebendige und kenntnisreiche Einführung in das Leben dieses bei uns weitgehend unbekannten Autors.

Informationen auf russisch zum Museum
Einen Einstieg in alle Literaturmuseen Weißrusslands bietet die Website: http://litmuseums.iatp.by/index_ru.html

Der Große Vaterländische Krieg I

Nicht zufällig ist einer der ersten Einträge in diesem Blog der Erinnerung an den „Großen Vaterländischen Krieg“, den Kampf gegen Deutschland von 1941 bis 1945 gewidmet. Zum einen ist der Krieg nach wie vor gegenwärtig: Nicht nur die gesamte architektonische Anlage der Innenstadt ist aufs engste mit den Zerstörungen und dem Wiederaufbau nach dem Krieg verbunden, auch erinnern zahlreiche Denkmäler und Erinnerungstafeln im Stadtbild an die Geschichte.

Ein T-34 vor dem Haus der Offiziere.

Das Foto zeigt einen sowjetsicher Panzer T 34 aus dem Zweiten Weltkrieg vor dem Haus der Offiziere. Der Veteranenverband nach wie vor einen bedeutenden Einfluss auf die (Geschichts-)Politik und staatlich geprägte Erinnerung. Das Museum des Großen Vaterländischen Krieges, eines der großen und zentralen Museen in der Stadt, transportiert diese offizielle Form des Gedenkens .

Darüber hinaus ist die Kriegserinnerung in Osteuropa ein mir vertrautes Thema und damit einer von vielen möglichen Zugängen zur Geschichte und Kultur des Landes. Die Annäherung auf diesem Wege ist, wie ich es bereits aus Russland kenne, eine gegenseitige.

Der ausdrücklichen Verantwortung der Deutschen für die unter dem Nationalsozialismus begangenen Verbrechen wird in der Regel mit Respekt begegnet. Ein klares Bekenntnis zu einer aktiven Auseinandersetzung mit der Geschichte öffnet Türen und bereitet den Boden für den Aufbau privater und geschäftlicher Beziehungen.

Goethe Institut Minsk

Zwar soll es hier um die Kultur und Geschichte Belarus gehen, aber es sei mir als Neuankömmling in einem fremden Land erlaubt, auch dem Goethe-Institut einen Besuch abzustatten. Neben den permanenten Angeboten von Sprachkursen und der Bibliothek, bietet das Institut eine Reihe von Veranstaltungen zu Themen der deutschen Literatur, Kultur und Wissenschaft. Viele der Programmpunkte in diesem Jahr standen im Zeichen des 20. Jahrestages der Deutschen Einheit. Aktuelle Infos bietet der, auf weißrussisch geschriebene, Blog .

Der Große Krieg oder der Erste Weltkrieg I

Unweit unserer Wohnung befindet sich ein Erinnerungsort, wie man ihn eher selten findet. Es handelt sich um eine gestaltete Grünanlage, die an den Ersten Weltkrieg erinnert, wie kleine Schilder an den Zugängen angeben. Mehr Informationen findet der Besucher nicht, es gibt keine Informationstafel oder einen anderen Hinweis. Angelegt wurde der Ort auf Initiative der Russischen Föderation, offenbar ohne Beteiligung der belarussischen zuständigen Stellen, wie die Vertretung des VdK in Minsk angibt. Ob es ein Zufall ist, dass der Ort gegenüber der neuen russischen Botschaft liegt? Besondere Aufmerksamkeit wird ihm jedenfalls nicht zuteil, jedenfalls ist die zentrale Stelle bisher ohne Denkmal oder Gedenkstein.

Fahrkultur

Ein hartnäckiges interkulturelles Problem ist ja bekanntlich das Autofahren. Die Kulturgrenzen sind sowohl durch so manche Landesgrenze, als auch durch Geschlechter und Generationen markiert. Vor diesem Hintergrund ist es schon schwer genug, sich auf die rauen Sitten auf den Straßen von Minsk einzulassen, wenn man überhaupt vorwärts kommen will. Den einzigen Trost bietet mir dabei immer die Gewissheit, dass es in Moskau alles noch viel schlimmer wäre (und hoffentlich noch zwei Jahre dauert, bis es hier genauso ist). Jedenfalls ist nicht allein das Fahren ein Abenteuer, sondern auch noch das Parken. Nachdem ich neulich einen (legalen!) Parkplatz erobern konnte, sah ich mich später leider als unerfahrene Ausländerin und Frau absolut überfordert, diesen auch wieder zu verlassen, ohne meine Nachbarn zu rammen. Gerettet hat mich ein milde gestimmter LKW-Fahrer, der seelenruhig auf seinem Parkplatz im fließenden Verkehr die Zeitung las. Erwärmt durch meinen Akzent und verzweifelten Augenaufschlag, hatte er ein Einsehen mit mir und rangierte kühn in wenigen Zügen den Wagen aus der Lücke, nachdem der Versuch, mich als Fahrerin in dieser heiklen Lage zu dirigieren, natürlich kläglich gescheitert war.

Servicekultur

In dieser Woche habe ich erneut die sehr positive Erfahrung einer freundlichen und kompetenten Kundenbetreuung gemacht. Es ging um Details unseres Internet-Anschlusses des Anbieters „Delovaja Set’“ in der Wohnung. Schon bei der Service-Hotline am Telefon habe ich ausführlich und in fließendem Englisch Unterstützung erhalten. Als es noch immer Probleme gab, bin ich mitsamt dem technischen Equipment in die Zentrale gefahren. Auch dort erfolgte der Service prompt, freundlich und kompetent. Als ich mich aufrichtig bedankt habe, erhielt ich die schlichte Antwort: „Gerne, das ist unser Job.“ Es mag daran liegen, dass wir in der Kundengruppe „Deutsche Botschaft“ registriert sind, allerdings habe ich diese Erfahrung in den ersten Wochen auch schon an verschiedenen anderen Stellen gemacht. Die Menschen sind ausgesprochen freundlich, hilfsbereit und zuverlässig.

Museum des Buches in Minsk

Vor der Bibliothek steht eine riesige Skulptur zu Ehren von Franziskus Skarina.

Sehenswert unter den Museen der Stadt ist das „Museum des Buches“ in der Staatlichen Nationalbibliothek. Neben den Museen in Polock und Gomel ist es das jüngste der drei Buchmuseen in Belarus. Mit dem neuen Bibliotheksgebäude 2006 eröffnet, präsentiert es ausgewählte Bestände der Bibliothek sowie kleine, wechselnde Ausstellungen. Einen Eindruck bieten die 3-D-Ansicht sowie Fotos von Exponaten auf der Website der Bibliothek (über den Link „Uslugi“). Die konservatorische Ausstattung ist von hohem Niveau, so dass auch empfindliche Handschriften und Drucke gezeigt werden können, darunter eine Togarolle weißrussischer Juden aus dem 19. Jh., eine Ausgabe der „Göttlichen Komödie“ (1481), eine weitere von Martin Luther (1523) sowie verschiedene Werke des ersten Buchdruckers in Belarus, Franziskus Skarina. Dieser druckte 1517, nur wenige Jahre nach Gutenberg, die erste Bibel in einer ostslawischen Sprache (altruthenisch).