Schlagwortarchiv für: Kulturpolitik

„Museen als Bildungsorte des 21. Jh.“ – Eine Handreichung

Eine meiner letzten Amtshandlungen in Belarus war die Fertigstellung der Handreichung, die die Materialien der Museumsseminare im Goethte-Institut 2012 zusammenfasst. Zusammen mit Alla Stashkevich, Insitut für die Kultur von Belarus und Vorsitzende von ICOM Belarus, haben wir die Unterlagen aller Referenten mit Einleitungstexten, Glossarien zu den einzelnen Themen sowie einer Bibliographie versehen. Nun endlich ist unser Werk auf russisch (als gedrucktes Handbuch) und auf deutsch (als beigefügte CD) erschienen. Beide sprachlichen Versionen sollten demnächst zum Download auf den Websites des Goethe-Instituts und des Instituts für die Kultur Belarus’ bereitstehen. Zudem können sie in der Literaturliste von Tradicia als PDF sowie die deutsche und die russische Version heruntergeladen werden. Und schließlich ist in den Mitteilungen 35 (2013) von ICOM Deutschland ein Abschlussbericht zu dem Projekt erschienen.

Damit kommt eines meiner umfangreichsten Projekte in Belarus zum Abschluss, gerade noch rechtzeitig vor unserer Ausreise. Ich freue mich sehr, dass ich auf diese Weise ein sichtbares und greifbares Resultat meiner Zusammenarbeit mit dem Goethe-Institut, ICOM Belarus, den belarussischen Museen und den deutschen Partnern hinterlassen kann. Möge es sich verbreiten und zu neuen Projekten und Kooperationen führen.

Dass die Reise nach Minsk und der Austausch mit den belarussischen Museumskollegen auch für die deutschen Kollegen ein inspirierendes Erlebnis war, belegen die Blogeinträge von Katrin Hieke und Jörn Brunotte. Möge auch das zur weiteren Vernetzung beitragen!

Schweden und Frankreich pflegen Beziehungen zu belarussischen Museen

Frankreich plant ein Trainung für belarussische Museumsmitarbeiter (BelaPan 14.6.2013). Hinter dieser Initiative, führende Museumsangestellte zur Fortbildung in französische Museen einzuladen, steckt, wen wundert’s, der belarussische Botschafter in Paris und ehemalige Kulturminister seines Landes, Pavel Latushko. Ob es zu zu dieser Maßnahme kommt, die auf höchster politischer Ebene besprochen wurde, steht freilich in den Sternen. Auch bleibt abzuwarten, was die belarussischen Museen letztlich wirklich davon haben und welche Anregungen sich im Museumsalltag abbilden werden.

Deutlich konkreter ist die belarussisch-schwedische Zusammenarbeit in diesem Bereich. Schon lange gibt es hier intensive Beziehungen, die dem Engagement der belarussischen ICOM-Vorsitzenden, Alla Stashkevich zu verdanken sind. Einzelne Projekte werden finanziell unterstützt und es finden Seminare statt. So z.B. im Frühjahr ein Seminar zur Sammlungsinventarisierung, zu dem schwedische Museumsvertreter nach Minsk kamen, und im Juli ein Seminar in Schweden, bei dem Vertreter belarussischer Museen sich vor Ort über die Tätigkeit der Kollegen informieren konnten. Der Ausbau der Kooperation ist geplant.

Denkmal für Kalinowski in Minsk?

Foto: http://virtual.brest.by/news19568.php

An ihm scheiden sich die Geister der nationalen Erinnerung, es geht schon los mit der Schreibweise. Kastus Kalinouski oder Konstantin Kalinowski … Gemeint ist der polnische Adlige und führende Kopf der belarussischen Nationalbewegung im 19. Jh. 1863/64 war er der Anführer des Aufstandes im Gebiet des früheren Großfürstentums Litauen gegen die Russen.

Und da fangen auch schon die Probleme an. Die einen wollen ihm ein Denkmal für die belarussische Identität setzen, die anderen wollen dies aus eben diesem Grund nicht. Nun hat die (oppostionelle) Jugendorganisation Alternatyva Unterschriften für ein solches Denkmal gesammelt (BelaPan 15.4.2013). Die Aktion läuft noch bis zum Sommer und die Initiaroren gehen von einer gropßen Zustimmung aus. Beteilitgt haben sich auch Persönlichkeiten wie Uladzimir Padhol, Uladzimir Arlow, Nina Bahinskaya, Syarhey Sys, Anastasiya Dashkevich (Palazhanka), and Andrey Dzmitryyew.

Die Petition soll sodann dem zustänidgen Behörden, darunter das Minsker Exekutivkomitee und das Kulturministerium, übergeben werden. Auf eine Absage aufgrund fehlenden Geldes ist Alternatyva vorbereitet und selbst bereit, eine Sponsorenkampagne zu starten. Doch auch wenn der Antrag vollstänidg abgelehnt werden sollte, so ein Sprecher von Alternatyva, ist die Kampagne schon deshalb sinnvoll, weil viele Menschen davon erfahren. Vor Jahren war eine ähnliche Initiative gescheitert, die eine Straße in Minsk nach Vassilij Bykov benennen sollte. Dies wurde abgelehnt, hat aber viele Einwohner von Minsk überhaupt dazu gebracht, über die Frage nachzudenken, waum die Behörden das verweigert haben.

Kulturstatistik

Statistik: MINSK WHERE 8/2012, S. 22.

Laut einer Übersicht des Stadtmagazins WHERE MINSK (9/2012) gehen die Minsker am liebsten ins Kino. Direkt danach folgt schon das Museum, das Theater steht an dritter, Konzerte an vierter Stelle. Mit ihrer Vorliebe für die Lichtspiele überbieten die Belarussen demnach die Russen um das dreifache, die Ukrainer um das vierfache.

127 Vorführungen bieten die 15 Minsker Kinos durchschnittlich am Tag, jeder 12. sah darin den Film „Fluch der Karibik – Auf zu neuen Ufern“ und das, obwohl sich die Zahl der Sitzplätze seit 2005 (18.000) bis 2011 halbiert hat (9.000). Die Zahl der Besucher ist aber im selben Zeitraum von 3.200.000 auf 5.000.000 gestiegen.

Zu den Museen: 1.200.000 Menschen haben 2011 die Minsker Museen besucht (insgesamt 17, davon drei historische, vier kunsthistorische sowie „andere“). Das Museum der Geschichte des Großen Vaterländischen Krieges hatte 700 Besucher pro Tag zu verzeichnen, das Nationale Kunstmuseum 584 und das Nationale Historische Museum 555 pro Tag. Wenig Besucher hatten (erstaunlicherweise!) das Azgur-Museum mit 10.300 Besuchern im Jahr, das Medizinhistorische Museum mit 4.500 und das Sportmuseum mit 6.200 Besuchern im Jahr. Die reichste Sammlung hat das Nationale Historische Museum (284.300 Objekte), die kleinste das Museum für zeitgenössische Kunst (2.709 Objekte).

Unter den Theatern ist das Opern- und Balletttheater das weitaus beliebteste (238.000 Besucher 2011), gefolgt vom Musiktheater (198.000) und dem Gorkij-Theater (105.000). Jede siebte Vorstellung ist eine Premiere, insgesamt wurden 2011 940 Aufführungen gezeigt, 139 von ihnen waren neu.

Der heimliche Favorit ist schließlich der Zirkus: Hier wurden 2011 386.000 Eintrittskarten verkauft, oft lange im voraus.

Das sowjetische Minsk

Foto: http://www.spiegel.de/fotostrecke/widerstand-in-weissrussland-schule-im-untergrund-fotostrecke-92495.html

Im November 2012 veröffentlichte das Stadtmagazin WHERE MINSK eine Übersicht über die noch heute nach kommunistischen Führern oder entsprechenden historischen Ereignissen benannten Orte in Minsk. Demnach gibt es noch ganze 16 Lenindenkmale in Minsk, 40 Straßen sind nach Lenin, Marx, der Pariser Kommune und anderen kommunistischen Helden(-taten) benannt, 3 Firmen bzw. Geschäfte führen die Namen „Kommintern“, „Kommunarka“ und „Roter Lebensmittelverkäufer“ [sic!], 4 Durchhalteparolen an der Metro Oktrjabrskaja sind noch immer in Stein gemeißelt zu bewundern und 4 Zeitungen heißen „Roter Oktober“, „Oktoberweg“, „Licht des Oktober“ und „Flagge des Oktober“. Straßen mit religiösen Namen und Bezeichnungen gibt es dagegen keine einzige, nachdem die „Lutherstraße“ 1966 umbenannt wurde.

Auch wenn viele Betrachter von außen diese Seite der Vergangenheit deutlich in Politik und Gesellschaft auszumachen meinen, so spielt sie für die belarussischen Marketing- und Tourismusexperten keine Rolle. Für die Marke Minsk, über die sich derzeit alle hier den Kopf zerbrechen, gelten andere Bezugspunkte. Beauftragt mit der Markenbildung wurde ausgerechnet eine britische Firma, die bereits Ergebnisse vorgelegt hat. Folgt man dem Reiseführer Lonely Planet, so hätte man durchaus auch den Kommunismus zur Markenbildung heranziehen können: Seine Autoren bezeichnen die Stadt als „Kommunismus mit Cappuchinogeschmack“, wie MINSK WHERE treffend zitiert.

Zeitschrift ARCHE wieder zugelassen

Laut einer Meldung von BelaPan (24. Mai) wurde die Neuregistrierung der einzigen unabhänigen, auf belarussisch erscheinenden historischen Zeitschrift durch das Kulturministerium akzeptiert. Die Zeitschrift war im letzten Jahr verboten. Damit gab das Ministerium dem vierten Antrag der Herausgeber seit November 2012 auf Genehmigung statt.

Im September 2012 wurde der Herausgeber Bulgakov in Grodno bei einer Buchpräsentation verhaftet. Ihm wurde vorgeworfen, das Buch „Die Sowjetifizierung von Westbelarus“ illegal verkauft zu haben. Anschließend wurde das Bankkonto von ARCHE eingefroren. Der Fernsehsender Belarus 1 beschuldigte die Herausgeber des Extremismus und der Nazi-Propaganda. Daraufhin floh Bulgakov ins Ausland. Nun ist er seit einiger Zeit wieder in Minsk. Die Anklage gegen ihn wurde fallen gelassen, das Bankkonto wieder freigegeben.

Kulturelles Erbe in Belarus

Um 104 Ergänzungen wird die Liste des “historischen und kulturellen Erbes” in diesem Jahr erweitert (BelaPan 16.4.2013), so das Kulturministerium vor Kurzem. Aufgenommen werden 89 materielle und 15 immaterielle Kulturgüter, datunter eine Unierten-Kirche in Velikaja Svarotova bei Baranavich, ein Gedenkkreuz und eine Kapelle am Ort der Kämpfe mit den Russen 1863 im Ivacevich Gebiet, das Haus des Dichters Maksim Tank in der Minsker Region u.v.m.

Die gesamte Liste umfasst derzeit 5.532 Einträge, die in diesem Jahr mit 103,3 Billionen Rubeln ( das entspricht etwa 11,9 Millionen Dollar) unterstützt werden.

Direktor des Museums Großer Vaterländischer Krieg entlassen

Sergej Azaronok und ich im letzten Jahr, als er mir stolz eine aus Moskau geschenkte Fahne (Moulage) vorführte.

Laut einer Meldung vom 10. Mai ist der Direktor des Museums der Geschichte des Großen Vaterländischen Krieges, Sergej Azaronok, am Vortag des 8. Mai entlassen worden (BelaPan). Ein Mitarbeiter des Museums berichtet, dass Azarokok dies seinen Mitarbeitern mitgeteilt habe. Eine weitere Bestätigung gibt es noch nicht.

Als Gründe werden Verzögerungen beim Neubau und der Räumung des alten Gebäudes vermutet, was nicht verwundert. An beidem hat Azaronok nur bedingt seinen Anteil. Der Neubau wird immer wieder von baulicher Seite verzögert, so dass an einen Einzug mit Museumsobjekten gar nicht zu denken ist. Das alte Gebäude am Oktoberplatz wiederum konnte bisher nicht geräumt werden, da dem Museums das immer wieder versprochene Zwischenlager niemals zur Verfügung gestellt wurde.

Laut ursprünglichem Plan sollte der Neubau im Mai diesen Jahres fertig sein, die Eröffnung des Museums ist für den 3.7. 2014 geplant. Bereits zum 9. Mai in diesem Jahr sollten allerdings ein bis zwei Säle fertig fertig sein, was angesichts des Baufortschritts schlicht nicht realistisch war. Am alten Platz des Museums soll ein multifunktionales Gebäude, darunter eines der vielen neuen 5-Sterne-Hotels für die Eishockey-Weltmeisterschaft 2014.

Die Objekte sollten schon im letzten Jahr aus dem Gebäude zwichengelagert werden. Abgesehen von der Tatsache, dass immer unklar war, wohin, hat die interne Organisation des Umzugs und der Neukonzeption einen reibungslosen Ablauf allerdings auch nicht begünstigt. Hinzu kommt, dass Azaronok während der Planungsprozesse langjährige und kompetente Mitarbeiter sowie einen weiteren, für die Organistion und Planung zuständigen Manager entlassen hat. Dies waren aus meiner Sicht nur zwei Fehlentscheidungen unter mehreren, kombiniert mit einer, wie es schien, ständigen Überforderung mit dem Projektmanagement.

Trotzdem ist diese Entscheidung sehr zu bedauern, nicht nur für Azaronok persönlich, der sich trotz erheblicher gesundheitlicher Einschränkungen mit ganzer Kraft für das Museum eingesetzt hat, sondern auch weil es schwer sein wird, ein Jahr vor der Eröffnung und unter diesem Druck einen neuen und vor allem fähigen Direktor zu finden, der es schafft, das Museum, von dem der Präsident jüngst noch verkündet hat, es werde das „beste in der Welt“ sein, rechtzeitig zu eröffnen. Zudem haben einige Mitarbeiter des Museums angekündigt, das Museum zusammnen mit dem Direktor zu verlassen.

Denkmäler für Minsk und Belarus

Neulich hat mich mein Kollege Vjacheslav Bondarenko mal wieder in eine seiner TV-Sendungen bei ONT „Offenes Format“ eingeladen. Es ging um Denkmäler. Mit gutem Willen kann man meine Kompetenz zu diesem Thema aus meinen kulturellen Interessen ableiten, mehr aber auch nicht. Und richtig: Vjacheslav bat mich ganz offen, an der Sendung teilzunehmen, um den belarussischen Gesprächspartnern zu demonstrieren, was eigentlich eine Talk-Show sei. Niemand begreife, dass es um einen schnellen und offensiven Meinungsaustausch handle, und nicht um eine gesittete Selbstdarstellung mit vorher abgesprochenen Texten. Auch dafür fühle ich mich eigentlich nicht kompetent, und schon gar nicht auf russisch, aber bitte, man hilft ja gerne. Kurz vorher wurde mir dann doch sehr mulmig, aber die erstaunlich vielen Rückmeldungen von Bekannten und Kollegen lassen vermuten, dass ich meine Aufgabe gemeistert habe. Apropos: Man wundert sich, wer diese Sendung alles guckt, angefangen von unserer Dezhurnaja über einige Nachbarn zu Hause bis hin zu meinen Kollegen aus der Uni.

Es sollte also um Denkmäler gehen – ganz allgemein: Für wen oder was werden sie aufgestellt? Wer hat die Initiative? Wer entscheidet darüber? Und wer bezahlt dafür? Letztlich ging es aber um den immer währenden belarussischen Diskurs: Woran wollen wir eigentlich erinnern? Hierzu gab es durchaus unterschiedliche Auffassungen bei meinen Gesprächspartnern, dem stellvertretenden Kulturminister, einem Bildhauer und dem Vertreter der russisch-freundlichen Organisation „Westbelarus“. Dieses Thema wiederum liegt mir viel näher und so habe ich mich so gut es eben ging engagiert und für eine offene und kontroverse Diskussion geworben.

Mir persönlich hat der Standpunkt von Michail Volodin gut gefallen, der seine kritischen Anmerkungen zum Denkmalswesen in Belarus im Studio vorgetragen hat mit der Kernthese, dass es so lange problematisch bleibt, wie allein der Staat darüber entscheidet. Ein sympathischer Standpunkt, der die ursprünglich gplanten Fragen zur Diskussion in einem neuen Licht erscheinen lässt.

Planungen für Malyj Trostenec

Foto: http://www.my-minsk.ru/novosti-respubliki/7579-trostenec-kakim-budet-memorial-i-kak-belorusam-ne.html

Gleich im Anschluss an die Konferenz zu Chatyn fand am 23.3.2013 eine weitere „wissenschaftlich-praktische Konferenz“ in der IBB Minsk statt. Veranstaltet wurde sie von der IBB selbst sowie der Geschichtswerkstatt aus Anlass ihres 10-jährigen Bestehens. Thema waren die aktuellen Planungen für einen Gedenkort in Trostenec.

Kurz zur Erinnerung: Es handelt sich um das größte Vernichtungslager der Nationalsozialisten auf dem Gebiet der ehemaligen Sowjetunion. Die Angaben zu den Opfern schwanken in deutschen und belarussischen Publikationen zwischen 50.000 und 206.500. Insgesamt geht es um drei historische Orte: Schaschkowa, wo ein Gedenkstein an die Verbrennung zahlreicher Opfer erinnert. Ein Friedhof in einiger Entfernung am Standort des ehemaligen Gutes Trostenec erinnert an die Mordaktionen kurz vor der Befreiung im Juli 1944. Schließlich der Wald von Blagowschtschina, in dem bis zu 150.000 Juden aus Belarus, Österreich und Deutschland ermordet wurden. Offiziell dient ein Obelisk als Erinnerungsort, dessen Standort aber mit dem historischen Geschehen nicht in Zusammenhang steht und auch keinen Aufschluss über die Ereignisse gibt.

Auf der Konferenz stellte erstmals die zuständige Architektin, Anna Aksenova, ihre im Auftrag der Stadt Minsk erarbeiteten Entwürfe vor. Ihre Gestaltungsideen beziehen sich auf zwei der insgesamt drei historischen Orte (ausgenommen ist die Blagowtschina) auf ca. 65 ha. Die von ihr vorgestellten Pläne lassen eine konservative Anlage mit ausgewiesenen Wegen vermuten, die sich nicht erkennbar auf diesen Ort bezieht oder ihn gar problematisiert. Positiv anzumerken ist, dass, sollte der Entwurf tatsächlich realisiert werden, die Stadt Minsk sich erstmals überhaupt mit diesem für das historische Gedenken so wichtigen Ort beschäftigt. Pessimistisch stimmt die bisher bereit gestellte Summe vom a. 100.000 €, die die kosten bei weitem nicht decken kann. Gerüchte besagen, dass die schon seit langem und immer wieder diskutierten Überlegungen zu Trostenec gerade jetzt wieder auf die Tagesordnung kommen, weil ursprünglich ein Besuch des israelischen Staatspräsidenten angesagt gewesen war. Kurzerhand hatte man die Blagowtschina mit einem Erdwall zugeschüttet, um den Ort unbegehbar zu machen. Nachdem der Staatsbesuch dann gar nicht stattgefunden hatte, wurde beschlossen, die Planungen nun voranzutreiben. Ob das stimmt, kann ich nicht beurteilen, allein diese Gerüchteküche zeigt aber, wie schwer sich das Land noch immer mit dem Gedenken an überwiegend jüdische Opfer tut.

Es ist daher auch ein positives Signal, dass die Stadt Minsk offenbar einem Vorschlag von deutscher Seite zugestimmt hat, die Planung der Stadt durch einen zusätzlichen Entwurf des Architekten Leonid Lewin, Vorsitzender der Jüdischen Gemeinden in Belarus, ergänzen zu lassen. Dahinter steht eine Initiative der IBB Dortmund, zusammen mit der österreichischen Bürgerinitiative der Aktivistin Waltraud Barton, speziell der jüdischen Opfer, die in der Blagowtschina ums Leben gekommen sind, zu gedenken. Über die Realisierung dieser Idee gibt es durchaus Differenzen zwischen der deutschen und österreichischen Seite. Immerhin konnte der österreichische Bundespräsident für ein Engagement seines Landes in Trostenec gewonnen werden, der deutsche Bundespräsident wurde um Unterstützung des Vorhabens gebeten.

Der Entwurf von Lewin ist sehr viel konkreter und unmittelbarer auf den ort bezogen als der der Stadt Minsk, er bleibt dem Stil dieses Architekten mit einer Verbildlichung der zu erinnernden Ereignisse treu und arbeitet mit stilisierten Waggons, umgestürzten jüdischen Symbolen und einer Gruppe von Koffern, die die Reise in den Tod symbolisieren sollen. Ob es zur Realisierung des Entwurfs kommen wird, hängt von vielen Faktoren ab, darunter der bisher völlig offenen Finanzierung und der Frage, ob es nicht doch einen internationalen Wettbewerb geben muss.

Sollten beide Entwürfe tatsächlich umgesetzt werden, so wäre zwar dieser historische Ort als sichtbarer Erinnerungsort markiert, würde aber die nach wie vor geteilte Erinnerung an „friedliche sowjetische Bürger“ und Juden offenbaren. Darüber hinaus ist bisher weder an ein Leitsystem in dem sehr weitläufigen  Gelände gedacht noch an Informationstafeln, die darüber aufklären würden, an was hier erinnert wird. Schließlich bleibt anzumerken, dass die Ereignisse in der Blagowtschina vor 1941, also die Nutzung des Ortes als Erschießungsstätte des NKWD, in den bisherigen Überlegungen überhaupt nicht vorkommt. Dies ist freilich ein sehr schwieriges Thema, insbesondere, wenne s von deutscher Seite angesprochen wird. Aus wissenschaftlicher Perspektive bzw. im Sinne der historischen Aufarbeitung darf darüber aber nicht hinweggegangen werden.

Fotos zu den einzelnen Gedenkorten finden sich hier.

Neuer Kultur-Fernsehsender

Seit dem 8. Februar ist das Staatliche Fernsehen in Belarus um einen Sender reicher (BelaPan, 8.3.2013). „Belarus 3“ ist ausschließlich der Kultur des Landes verpflichtet und greift damit das Vorbild des russischen Kanals „Kultura“ auf. Dies ist natürlich zu begrüßen, denn viele der Kultur gewidmete Dokumentationen oder Berichte über Neuinszenierungen an Oper und Theater, Literatur, Museen sowie Filme gibt es auf dem anderen Sender nicht. Allerdings darauf man dabei nicht vergessen, dass es sich bei dem Sender um staatliche Informationspolitik handelt, so dass man auf ein umfassendes, gar neutrales Bild der Kultur nicht hoffen kann.

Dazu passt, dass die Ausstrahlung erstmal mit der Nationalhymne begann. Es folgte eine belarussische Doku-Serie aus der Reihe Zyamlya Belaruskaya (Belarussisches Land) – immerhin in weißrussischer Sprache. 70% des Programms sollen auch weiterhin in belarussisch ausgestrahlt werden, ein gutes Zeichen, ist der Anteil an belarussischen Sendungen auf den anderen Kanälen doch noch immer gering.

Kultur als Stütze der Gesellschaft

Gleich zu Beginn des Jahres hat der Präsident deutlich gemacht, wo der Hammer hängt: Kultur in Belarus ist und bleibt eine offizielle Angelegenheit. Am vergangenen Mittwoch bei der Vergabe der „Auszeichnung für geistige Erneuerung 2012“ (BelaPan 10.1.2013) warnte er davor, einen Keil zwischen den Staat und die „Intelligentsia“ zu treiben. Kunst, so der Präsident, entfalte und entwickle sich in Belarus in einem freien und offenen Umfeld, und dennoch (!) sei er dagegen, Künstler und Kulturschaffende in verschiedene politische Richtungen einzuteilen.

Er betonte die Erfolge und Errungenschaften des belarussischen Kulturlebens, das die Lebensader der Gesellschaft bilde. Die Regierung werde daher auch weiterhin alles tun, um all diejenigen zu fördern, die sich kreativ entfalten wollten. In einem Rückblick auf 2012 hob er die zentralen Projekte der Kulturpolitik hervor: die vollständige Wiederherstellung des aus dem 16. Jh. stammenden Schlosses der Radziwills in Nezvizh, die Modernisierung des Janka-Kupala-Theaters in Minsk sowie den Bau des neuen Gebäudes für das Museum des Großen Vaterländischen Krieges.

Schaut man von außen auf diese Leuchtturm-Projekte, so sind die zentralen Bezugspunkte offizieller Kulturförderung klar erkennbar: Die geistlich-kulturellen Leistungen belarussischer Geschichte im 16.-18. Jh. in Form klassischer Schlossausstellungen, der Rückgriff auf große Namen der klassische belarussische Literatur, ohne dies mit einer echten Förderung belarussischer Literaturwissenschaft zu verknüpfen sowie die noch immer stark von sowjetischer Geschichtsschreibung geprägte Geschichtspolitik. Leider nichts Neues in 2013!

Zeitschrift Arche wurde eingestellt

Die in Belarus wohl einmalige Zeitschrift „Arche“ wurde eingestellt. Dies ist die Folge langer Schikanen von offizieller Seite, das Ende der Zeitschrift kommt damit letztlich einem Verbot gleich. Die weitere Arbeit ist wohl nur noch im Internet möglich.

Bei der Zeitschrift handelt es sich um eine seit 1998 erscheinende unabhängige Publikation zu meist historischen Fragen in belarussischer Sprache. Arche ist einmalig in der belarussischen Publizistik, auch wenn viele Belarussen die Zeitschrift wohl gar nicht kennen. Neben belarussischen Autoren publizieren hier auch internationale Historiker. Zudem übersetzt die Zeitschrift Artikel aus anderen Sprachen. Die Beiträge sind in dem Netzwerk eurozine zu lesen.

Angefangen hat es mit der Präsentation einer Ausgabe von Arche zum Thema „Sowjetifizierung von Westbelarus“ am 14. September in Grodno durch den Herausgeber der Zeitschrift, Valer Bulhakaw. Während der Präsentation wurde er verhaftet, das Buch beschlagnahmt und in der Folge der Autor wegen „Verkaufs belarussischer Bücher ohne Lizenz“ zu einer Strafe von 500.000 Rubeln (ca. 58 $) verurteilt (BelaPan 23.10.2012). In demselben Zusammenhang sind auch die Entlassungen mehrerer Historiker der Universität Grodno aufgrund unliebsamer Publikationen zur Geschichte von Belarus zu sehen.

Politisch wurde die Angelegenheit durch die Fernsehberichterstattung Ende Oktober, in der die Zeitschrift des Extermismus und der NS-Propaganda bezichtigt wurde. Bulhakaw hat in der Zwischenzeit das Land verlassen  (BelaPan 13.11.2012). Ingo Petz berichtete über den Fall in den deutschen Medien (FAZ 27.10.2012).

Fachpublikation des Instituts für die Kultur Belarus’ zur Lage der Museen

Unter dem Titel „Muzei Belarusi. Prablemy. Perspektyvy. Inavacyi“, Minsk 2012, ist vor Kurzem eine umfangreiche Broschüre zu verschiedenen Museums- und Ausstellungsfragen erschienen. Herausgeber sind das Kulturministerium und das Institut für die Kultur Belarus’.

Sie umfasst Kurzinterviews mit Akteuren zur Lage der Museen, darunter die Direktoren des Museums für den Großen Vaterländischen Krieg, Sergej Azaronok, des Nationalen Kunstmuseums, Vladimir Prokopcov, sowie weiterer Direktoren, auch aus den Regionen des Landes. Die folgenden Aufsätze werden eröffnet durch einen Beitrag von der Leiterin der Abteilung Museen im Institut für die Kultur Belarus’, Irina Laptjonok zur Entwicklung der Museen zwischen 1991 und 2011 mit Besucherzahlen und Statistik. Es folgt die thematische Abteilung „Schlösser und Paläste“, dabei steht Nezwizh im Mittelpunkt, wo in diesem Jahr zahlreiche neue Räumlichkeiten eröffnet wurden. Vorgestellt werden aber auch bisher nicht renovierte Schlösser und Kulturstätten. In der Rubrik „Konzeptionelle Projekte“ steht das im Sommer eröffnete Museum der belarussischen Staatlichkeit im Zentrum, gefolgt von dem Großprojekt des Museums des Großen Vaterländischen Krieges. Als „Erinnerungsausstellungen“ werden Chatyn und das Museum für Jakub Kolas vorgestellt, sowie Ausstellungen in der Festung Brest und das Chaim Soutine-Zentrum. Unter dem Thema

„Sammlungen“ werden Exponate aus dem Nationalen Kunstmuseum, dem Minsker Regionalmuseum, verschiedenen Heimat- und Spezialmuseen sowie einzelne Schlüsselobjekte vorgestellt.

Eine große Abteilung bildet das Thema „Interaktive Ausstellungen“: Hier wird über die Kinderprogramme aus dem Museumskomplex Polock berichtet, über Projekterfahrungen im Museum für zeitgenössische Kunst sowie zu theoretischen Aspekten der Museumspädagogik. Ebenfalls umfangreich ist die Rubrik „Design und Gestaltung“, ein hierzulande sehr aktuelles Thema. Für den durchaus anderen Umfang mit dem Aspekt hier in Belarus (wie übrigens auch in Russland) sprechen die ersten beiden Texte, in denen Künstler über ihre Arbeit als Gestalter berichten. Theoretisch wird dies noch einmal von Irina Laptjonok eingeordnet.

Zum Thema der „Neuen Medien“ werden die Beiträge eines Rundtischgesprächs auf der ADIT-Konferenz von Mai 2012 abgedruckt sowie weitere Beiträge zur Buchkonservierung und elektronischer Verfügbarkeit von Exponaten. Der Blick ins Ausland stellt das Chopin-Museum in Warschau, den Umgang mit Schlössern in Österreich vor und offeriert einen deutschen Blick auf die Museumslandschaft in Belarus (meine erste belarussische Publikation!).

Eigentlich sollte diese Art der Bestandsaufnahme der nationalen Museumslandschaft öfters erscheinen, dafür gibt es aber nicht genug Geld. Diese Ausgabe jedenfalls ist Teil des Kulturförderprogramms 2011-2015. Infolge dessen finden sich darin auch die Vorworte des Kulturministers (hier noch Latuschko) sowie der im Ministerium zuständigen Bearbeiterin Svetalana Gavrilova. Von Seiten des Instituts führt Irina Laptjonok in das Thema ein.

Das handliche DIN A 4-Format verleiht der Publikation einen Arbeitscharakter. Schade ist, dass alle Text ausschließlich auf belarussisch zu lesen sind, es gibt auch weder eine russische noch eine englische Zusammenfassung. Positiv zu vermerken sind dagegen die vielen farbigen Abbildungen. Literaturangaben finden sich teilweise am Ende der Texte, auch diese meist nur belarussisch, eine Gesamtbibliographie, die auch einige wenige russische und englische Titel nennt, steht am Ende des 200 Seiten dicken Buches.

Vom Kulturminister zum Diplomaten

Erst gab es nur Gerüchte, dann war es zwar amtlich, aber noch nicht terminiert, nun ist es soweit: Der bisherige Kulturminister Pavel Latuschko wird Botschafter für Belarus in Frankreich. Damit kehrt der smarte Politiker zu seinen Wurzeln zurück. Bereits mehrere Jahre war er als Diplomat tätig, zuletzt 2000-2002 als Botschafter in Polen. Nun geht er als Chef der Botschaft nach Paris, wo er zugleich ständiger Vertreter von Belarus bei der UNESCO sein wird. Damit bleibt er der Kultur in Belarus gewissermaßen erhalten.

Denn die ist überwiegend traurig, dass er den Posten verlässt. Er sei der erste und bisher einzige Minister „von europäischem Niveau“ gewesen, meinen die einen, und er habe das spezifisch Belarussische in der Kultur gefördert (es wird offiziell und ausdrücklich darauf hingewiesen, dass Latuschko der einzige hohe Beamte der Regierung sei, der belarussisch spreche!) und es zudem verstanden, Sponsoren für die Kultur zu begeistern, so die anderen. Es gibt aber auch kritische Stimmen, die seinen Weggang nicht bedauern, etwa mit dem Argument, er habe die Kultur allein nach dem Kriterium persönlicher Beziehungen und Vetternwirtschaft betrieben, keine Strategie entwickelt und sei nur auf die Außenwirkung bedacht gewesen. Auch hört man, habe sich in seiner Amtszeit das Papier im Ministerium mehr als verdoppelt.

Wie subjektiv und widersprüchlich diese Eindrücke sind, zeigt der Fall von Sergej Vecher, dem letzten Direktor des Nationalen Historischen Museums, der seinen Rausschmiss Latuschko persönlich zu verdanken hat, und das, obwohl auch Vecher  das spezifisch Belarussische zum Leitthema seiner Arbeit erhoben hat. Er fragt sich nun, ob er vielleicht ins Amt zurückkehren kann?!

Überhaupt gibt es auffällig wenig Artikel zum Abschied Latuschkos. Natürlich wurde allenthalben die Frage diskutiert, wer neuer Minister wird (der Favorit war Boris Svetlov, der nun auch ernannt wurde (10.12.2012)). Die Gerüchte, dass das Ministerium vielleicht als Einzelressort aufgelöst und mit dem Ministerium für Sport und Tourismus vereint werden sollte, haben sich demnach nicht bestätigt. Die schillernde Person Latuschkos bleibt bei all dem im Gespräch: Es wird schon spekuliert, ob er 2015 als Präsidentschaftskandidat gegen Lukaschenko antritt.

Historiker-Klub in Minsk

Erstmals nach einer längeren Pause kam der Minsker Historiker-Klub am 24. Oktober wieder zusammen (BelaPan 25.10.2012). Nach der Absage einer Sitzung im Juni in der Geschichtswerkstatt  musste der Klub eine neue Bleibe suchen.

Nachdem die Versammlung in der Geschichtswerkstatt nicht stattfinden konnte, weil der Film über die Stalin-Linie, den die Historiker anschauen und diskutieren wollten, in den Augen der GW-Leitung offenbar zu kritisch war, widmete sich das erneute Treffen abermals einem heiklen Thema. Dieses Mal ging es um neue Informationen zu polnischen Offizieren, die der NKWD auf dem Gebiet von Belarus ermordet hat. Darüber hinaus wurde ein Dokumentarfilm über die Exekution von Eisenbahnmitarbeitern in Minsk in den 1930er Jahren gezeigt.

Igor Kuznecov, ein Mitglied des Klubs, verwies darauf, dass die Aufarbeitung und Erinnerung an die Opfer des Stalinismus in Belarus nicht ausreichend betreiben werde. Das zeige auch die Tatsache, dass es bis heute kein Denkmal oder eine Information in Kurapaty gebe. Er kritisierte auch die Pläne für ein Restaurant und Freizeitcenter nahe dem historischen und Gedenkort (BelaPan 6.11.2012), wogegen es schon bei einer Gedenkveranstaltung in Kurapyty am Gedenkttag des 29. Oktober viele Proteste gegeben hatte. Das bei der Gedenkfeier aufgestellte Mahnmal für Offiziere der polnischen Armee ist in der darauf folgenden Nacht von Unbekannten vernichtet worden.

Interkulturelle Herausforderungen

Wie labil und anfällig bisweilen die kulturelle Zusammenarbeit zwischen deutschen Mittlerinstitutionen, in diesem Falle dem Goethe-Institut, und belarussischen Kulturschaffenden ist, zeigt der jüngst abgeschlossene Fall um eine Installation des Künstlers Michail Gulin und seiner Mitstreiter. Die Aktion fand im Rahmen des Projektes „Going Public“ statt, mit dem das Goethe-Institut in Litauen Künstler aus Litauen, Belarus und Kaliningrad einlud, ihre Positionen zu Kunst im öffentlichen Raum zu präsentieren.

In Minsk wurde das Projekt von Irina Gerasimowitsch und Olga Rybchinskaya kuratiert. Als Künstler nahmen Mikhail Gulin, Artjom Rybchinskiy, Olga Sazykina und Antonina Slobodchikova teil. Gulin erregte mit seiner Aktion großes Aufsehen. Er spazierte mit großen geometrischen Formen, die er immer wider neu zusammensetzte, durch die Stadt. Dadurch entstanden immer wieder neue Zusammenhänge von Kunst und öffentlichem Raum, immer neue Inhalte ergaben sich aus den Gesprächen mit den Passanten.

Einer der Orte, an denen Gulin die Module aufstellte, war der Oktoberplatz im Zentrum von Minsk. Bereits nach kurzer Zeit wurde er von der Miliz angesprochen und letztlich festgenommen. Den Ablauf der Ereignisse beschrieb der Künstler selber mehrfach im Internet, u.a. hier.

Gulin sowie Uladzislaw Lukyanchuk und Aleh Davydchyk wurden verhört, nach eigenen Angaben geschlagen und letztlich zunächst wieder freigelassen, ein gerichtliches Verfahren wegen Widerstands gegen polizeiliche Anordnungen angesetzt. In der letzten Woche wurde es aus Mangel an Beweisen niedergeschlagen (BelaPan2.11.2012, vgl. auch BelaPan 22.10.2012), d.h. die Künstler freigesprochen.

In seinen diversen Statements im Internet hatte Gulin gefordert, dass sich das Goethe-Institut, namentlich sein Leiter Frank Baumann, für ihn bei der Miliz einsetzen solle mit dem Hinweis, es habe sich „nur um Kunst“ gehandelt. Gulin, wie auch andere beteiligte Künstler, fühlten sich gewissermaßen betrogen und als offizielle Teilnehmer eines von Goethe-Institut geförderten Projektes „hängen gelassen“. Dagegen äußerte sich das Goethe-Institut bzw. Frank Baumann selber, der darauf verwies, dass genau diese konkrete Aktion nicht abgesprochen und der institutionelle Rahmen des Goethe-Instituts missbraucht worden sei.

Die Meinungen zu diesem Vorfall gehen weit auseinander, die Reaktion und konsequente Haltung des Goethe-Instituts werden allerdings von den meisten freien Künstlern und Kulturschaffenden respektiert und verstanden. Letztlich zeigt die Episode, wie schmal der Grad ist, auf dem sich die vom Goethe-Institut geförderte Kulturarbeit bewegt, wie dünn die Linie ist, die zwischen dem, was möglich ist, um die freie Kunstszene zu fördern und zu unterstützen, und dem, was riskant ist, will man den, wenn auch kleinen Freiraum innerhalb der rigiden staatlichen Kulturpolitik in Belarus nicht gänzlich verspielen.

In der Zwischenzeit ist der Vorfall auch in der deutschen Presse aufgegriffen worden. FAZ_8.11.2012

Belarussisch-französische Kulturbeziehungen könnten besser sein

… so drückte sich unlängst der französische Botschafter Michel Rainieri anlässlich der Eröffnung eines französischen Filmfestivals in Mogiljov aus. Er brachte seine persönliche Enttäuschung zum Ausdruck und verwies auf seine ehrgeizigen Pläne im Kulturbereich, als er vor drei Jahren als Botschafter nach Belarus kam. Aufgrund unterschiedlicher Prioritäten, aber auch nicht eingehaltener Absprachen und fehlender Partner sei es nicht zur Realisierung dieser Pläne gekommen.

Zu den Vorhaben der französischen Seite zählte zum Beispiel eine Reihe von Veranstaltungen zum 200. Jahrestag der napoleonischen Kriege. Auch war die Ausstellung eines französischen Museums in Belarus geplant, doch die belarussische Seite konnte die Sicherheit und fachgerechte Präsentation der Exponate nicht gewährleisten, so Rainieri . Im letzten Moment sei die Ausstellung daher ins europäische Ausland vergeben worden. Offenbar ging es um eine Ausstellung von Gemälden Marc Chagalls – kein belarussisches Museum sei bereit gewesen, die Ausstellung zu zeigen.

Belarussische/weißrussische Kulturinstitute im Ausland

Schon seit längerem plant die Regierung Kulturzentren in den Nachbarländern zu eröffnen. Bisher gibt es ein solches Zentrum nur in Warschau. Die Angebote sollten sich an die jeweilige Bevölkerung widen, um mehr Informationen über Belarus bereitzustellen, aber auch an die belarussischen Exilanten.

Geplant sind solche Zentren in Russland (geplant für 2012), der Ukraine, Litauen, Lettland und Deutschland.

Parallel sollten diesem Plan entsprechend auch die Auslandstourneen belarussischer Theater und Orchester intensiviert werden. Vladimir Chilep, der Vorsitzende des Belarussischen Kulturfonds beklagte in diesem Zusammenhang, dass dafür zu wenig Geld zur Verfügung stehe.

Geldsegen für die Kultur

118.000 $ (996,5 Millionen Rubel) stellt der Präsident für “sozial relevante” Kulturprojekte aus dem Präsidentenfond bereit.

Auch die Museen sollen berücksichtigt werden: Das Nationale Kunstmuseum und das Minsker Stadtmuseum erhalten Zuschüsse für Publikationen, das Theatermuseum für den Ankauf einer Plakatsammlung, das Polocker Museumskomplex für den Ankauf von Gemälden und das Smorgonsker Heimatmuseum für eine Büste.

Was den Präsidenten zu dieser Wohltat bewogen hat, nach welchen Kriterien er die Fördermittel zugesprochen hat und was unter „sozial relevant“ zu verstehen ist, bleibt freilich des Präsidenten Geheimnis.

Keine weiteren Straßenumbenennungen in Minsk

Die Phase der Umbenennung von Straßen sei vorbei, teilte jüngst ein hoher  Beamter der Stadt mit (BelaPan 8.8.2012). Nach Igor Karpenko, dem stellvertretenden Vorsitzenden des Exekutivkomitees der Stadt, können prominente belarussische Persönlichkeiten gewürdigt werden, indem neue Straßen nach ihnen benannt werden, nicht aber durch Umbenennung vorhandener Straßen. Als Beispiel nannte er Vasilij Bykov, dem aber anstelle einer Straße auch ein Museum gewidmet werden könnte, sagte Karpenko – ganz neue Töne übrigens in Bezug auf den hierzulande umstrittenen Schriftsteller.

Zugleich verteidigte er die Straßennamen, die an die sowjetische Periode der Geschichte erinnern. So sei Karl Marx [sic!] ein bedeutender Philosoph, dessen Werke bis heute an vielen Universitäten der Welt studiert würden. Neue Straßennamen werden in Zukunft in Zeitungen und im Internet veröffentlicht. Bürger können dazu Stellung nehmen, bevor das Stadtkomitee eine Entscheidung fällt.

Neues Museum in Planung

Für 2014 ist die Eröffnung eines Museum zu Ehren des Schriftstellter Vasilij Bykov (1924-2003) in dessen ehemaliger Datscha in Zhdanovichi bei Minsk geplant. Das Museum soll zum Jahrestag seines 90. Geburtstags 2014 als Filiale des Museums belarussischer Literatur eröffnet werden. Hier gab es bereits eine Sonderausstellung zu Leben und Werk Bykovs. Weitere Exponate werden derzeit von den Museumsmitarbeitern in der Datscha gesichtet.

Themen der Ausstellung sollen Leben und Werk Bykovs werden sowie sein besonderer Beitrag zur Darstellung des Großen Vaterländischen Krieges. Spätestens an diesem Punkt wird es spannend werden, ist doch Bykovs umfangreiches Werk zu diesem Thema in Belarus umstritten. Während viele, meist kritische Intellektuelle seine Darstellung für ihre differenzierte und ambivalente Perspektive auf den Krieg, oftmals durch die Augen individueller Schicksale, schätzen, sehen Vertreter der staatlichen Geschichtsinterpretation genau darin eine falsche Schilderung des noch immer ausschließlich als heldenhaft gedeuteten Sieges der Roten Armee.

Um eine einseitige Vereinnahmung des Werkes ihres Mannes zu verhindern, war die Witwe Bykovs bis heute nicht bereit, die bei ihr befindlichen Dokumente, Aufzeichnungen und Fotos für ein staatliches Museum zur Verfügung zu stellen. Vielmehr trägt sie sich, so hört man, mit dem Gedanken, selbst ein Museum zu eröffnen.

Kritische Überlegungen zu dem geplanten staatlichen Museum finden sich auch im Internet auf den Seiten von Radio svoboda. Hier werden ein Foto des zerstörten Geburtshauses von Bykov aus dem Jahre 2004 veröffentlicht und folgende Fragen gestellt: „Interessant, wie der Zeitraum 1988-1998 dargestellt wird, als Bykow ein aktiver Teilnehmer der Belarussischen Volksfront war, oder der Zeitraum 1998-2003, als er aus politischen Gründen gezwungen war, außerhalb der Heimat zu leben? Oder wie werden die Beziehungen des Schriftstellers mit Senon Posnjak oder Iwonka Surwila sowie die mit Kollegen Rygor Borodulin, Gennadi Burawkin oder Wladimir Nekljajew dargestellt? Allem Anschein nach wird dies in der Ausstellung gar nicht erwähnt“.

Schon wieder: Das Museum des Großen Vaterländischen Krieges

Einen ausfürhlichen Hintergrundbericht zum Neubau, der Konzeption und der Geschichte des Museums hat am 10. Juli Svetlana Balaschova (Светлана БАЛАШОВА) in der oppositionellen Zeitung Svobodnye Novosti (Freie Nachrichten) publiziert.

Dabei malt sie ein Szenario eines mit Medien überladenen Museums an die Wand, das sich von einer objektgestützten Dokumentation zugunsten eines diffusen Freizeitwertes immer weiter entfernt. Und das auf Kosten der Steuergelder! Und all das, so die Autorin, sei keineswegs geeignet, der jungen Generation einen Eindruck vom Krieg zu vermitteln. Im Gegenteil, dieser verkomme auf diese Weise zur Show.

In ihrem Urteil verbündet sich die Journalistin mit den Veteranen, die angesichts der Verlautbarung, dass nur 10% der Bestände im neuen Museum ausgestellt werden sollen offenbar ebenfalls schon ihre Sorge um das Gedenken an den Krieg zum Ausdruck gebracht haben.

Neues aus dem Museum der Geschichte des Großen Vaterländischen Krieges

Kürzlich befasste sich der stellvertretende Ministerpräsident, Anatolij Tozik, mit der Neueinrichtung des Museums. Konkret geht es aktuell um die Ausschreibung der Ausstellungsproduktion. (Zur Erinnerung: Die Ausstellungsgestaltung liegt bei dem polnischen Büro Redan).

Anlässlich der Sitzung kritisierte Tozik die Arbeit des Kulturministeriums und des Museums selbst bei der Erarbeitung der neuen Ausstellung. Im Ergebnis der Sitzung wurden Fristen der Ausschreibung und ein Zeitplan für die weitere Arbeit beschlossen. Es ist vorgesehen, dass seitens des Exekutivkomitees der Stadt Minsk erste Entwürfe für die zu beauftragende Firma am 12. August 2012 vorliegen werden.

Andere Nachrichten berichten im Gegenteil nicht von Kritik, sondern von der zeitgerechten und zufrieden stellenden Arbeit bei der Neueinrichtung. Auch dies war von Anatolij Tozik zu vernehmen. Teile der Ausstellung, so der stellvertretende Ministerpräsident, sollen am 9. Mai kommenden Jahres eröffnet werden.

Aus dem Museum selbst gibt es leider die fast bestürzende Nachricht von der Entlassung einer langjährigen Mitarbeiterin. Sie hatte fast 30 Jahre die Abteilung „Partisanenbewegung“ geleitet und war nicht nur in diesem Feld wissenschaftlich ausgewiesen. Auch kennt sie die Sammlung und das Archiv des Museums praktisch in- und auswendig, hat sich in den letzten Jahren als aufgeschlossene und kompetente Partnerin auch für die internationalen Museumspartner (z.B. Deutsch-Russisches Museum Karlshorst oder das Militärhistorische Museum der Bundeswehr in Dresden) erwiesen. Zudem ist sie eine der wenigen Mitarbeiter des Museums, die gut englisch spricht.

Mit ihr wurde der erst vor kurzem eingestellte Projektmanager für die Neueinrichtung entlassen. Beide sind beim Nationalarchiv untergekommen. Über die Umstände der Entlassung gibt es – naturgemäß – unterschiedliche Versionen. Sicher ist jedoch, dass diese personellen Verluste in der unmittelbaren Vorbereitungsphase des Umzugs dem Museum nur schaden können.

Gesellschaftliches Mäzenatentum à la Belarus

http://news.open.by/region/81329

Dank der beharrlichen Initiative des Museums der Geschichte von Mogiljow ist es gelungen, ein Statut des Großfürstentums Litauen zu erwerben. Es handelt sich um ein von Lew Sapega im Jahre 1588 herausgegebenes Dokument.

Eine erste Präsentation hat nun am 9. Juni im Stadtrat von Mogiljow stattgefunden. Demnächst soll es einen Ehrenplatz im Stadtmuseum erhalten.

Dem Museum war es gelungen, 15.000 $ aus privaten Spenden zu sammeln, die noch fehlenden 30.000 $, um das Dokument von einem russischen Sammler erwerben zu können, stiftete die Unternehmensgruppe „Alpari“. Ganz freiwillig war diese Spende jedoch wohl nicht, die Nationalbank hatte darum „gebeten“.

Für das Museum handelt es sich um eine bedeutende Neuerwerbung, wie der Direktor, Alexej Batjukow, betonte: „Der Kauf des Statuts wurde dank der großen gesellschaftlichen Unterstützung ermöglicht. Diese Aktion ist ein Teil der Maßnahmen zur Rückgewinnung kulturhistorischer Wertgegenstände“.

Neben dem Statut sind im Rahmen dieser Maßnahmen vier Slucker Gürtel erworben worden, die in Nezvizh gezeigt werden sollen (Svaboda.org, Kultura). Insgesamt sind laut Kulturministerium 10 Mrd. BYR für den Ankauf von Kulturgütern im Zeitraum 2011-2012 vorgesehen.

Proteste gegen Grabungsarbeiten bei einem Massengrab

Foto: https://nash-dom.info/novosti/vse-novosti/proisshestviya/perekopayut/

Aktivisten des Menschenrechts-Netzwerkes „Nash Dom“ haben Protest erhoben gegen Grabungsarbeiten in Drozdy (bei Minsk). Dort befindet sich ein Massengrab aus dem Zweiten Weltkrieg, in dem Insassen des dortigen KZs begraben sind. Dabei handelte es sich um Kriegsgefangene und Zivilbevölkerung.

Das Netzwerk hat online sowohl über die historischen Hintergründe, als auch über die Pläne der Behörden berichtet und die Bevölkerung aufgerufen, sich an die zuständigen Abgeordneten zu wenden. Offenbar mit Erfolg: Immerhin sind diese an den Ort des Geschehens gefahren, um sich vor Ort ein Bild von der Lage zu machen. Die konkrete Aktion endet mit dem Aufruf an alle Bürger, ihre Rechte zum Protest wahrzunehmen und nicht zu schweigen.

 

Musical Jesus Christ Superstar in Belarus/Weißrussland verboten

Foto: http://en.ria.ru/world/20120301/171669636.html

Die Nachricht ist eigentlich schon veraltet, aber angesichts der anhaltenden Nachrichten zum Einfluss der Orthodoxen Kirche auf Kunst und Kultur in Russland, bleibt ein gewisser Nachgeschmack. Im Februar meldete BelPan (13.2.2012), dass das Musical Jesus Christ Supersrat in Belarus verboten wird.

Hintergrund war die Petition von 500 Gläubigen, die sich an die Regionalverwaltung gewandt hatten. Sie hatten insofern Erfolg, als der für Mogilev bereits von dem St. Petersburg Rock Opera Theater angesetzte Aufführungstermin wieder abgesagt und statt dessen die Aufführung der Rockoper „Orpheus und Euridike“ des russischen Komponisten Aleksandr Zhubrin ins Programm genommen wurde.

Mal ganz abgesehen von den finanziellen Verlusten des örtlichen Veranstalters ArtFest war dieser von der Intervention der Kirche überrascht, zumal bisher keine Einwände gegen das Musical überhaupt (das seit 41 Jahren gezeigt wird!) und auch nicht bei den Planungen für mehrere Veranstaltungen in Belarus (Gomel, Mogilyov, Brest and Minsk) erhoben worden waren. Erst jetzt bemängelten die Gläubigen in ihrem Brief, und mit ihnen die Kirche, dass Judas in dem Musical in einem zu positiven Licht dargestellt werde.

Ein Sprecher von ArtFest äußerte sogar Unverständnis darüber, dass in einem säkularen Staat und bei entsprechenden Gesetzen, die ein Verbot nur aufgrund von Gewalt, religiösem Hass oder Pornographie zulassen, die Kirche eine solche Entscheidung herbeiführen kann. Mit diesem Widerspruch sollen sich nun auch das Kulturministerium und das Nationale Komitee für Religiöse Angelegenheiten beschäftigen.

Ein vergleichbarer Einfluss der Kirche auf Staat, Politik und Gesellschaft wie in Russland, ist in Belarus nicht zu beobachten. Zwar ist der Präsident an Feiertagen und zu wichtigen Anlässen häufig in der Kirche zu sehen und auch über Konsultationen Lukaschenkos mit kirchlichen Würdenträgern wird immer wieder berichtet. Die Kirche erhält jedoch kein Geld vom Staat und ist auch in der öffentlichen Wahrnehmung deutlich getrennt von Politik und Regierung.

Schwarze Liste

Laut Kulturministerium gibt es keine „schwarze Liste“ (BelaPan 22.2.2012) mit unerwünschten Musikern in Belarus . So lautete die Antwort auf eine Eingabe der Band „Adis Abeba“, die sich nach Absagen von Konzerten der Gruppen „Neuro Djubel“ und „Krambambulja“ in Minsk an die Behörden gewandt hatten.

“We believe that music bands whose activities and works are in line with the law, national traditions and generally established standards of conduct should be in demand,” sagte der stellvertretende Kulturminister. “We do not see any problems with providing venues and air time to Belarusian-language bands and singers.”

Dass es mit oder auch ohne eine konkrete Liste für viele Musikgruppen schwierig bis unmöglich ist, in Belarus aufzutreten, ist bekannt. Gerade hat Ingo Petz wieder darüber in der FAZ berichtet (Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 14.04.2012 Seite Z4). Viele Bands sind mit Auftrittsverboten belegt oder werden durch sog. technische Probleme an ihren Auftritten gehindert.  Im letzten Jahr konnten Rockkonzerte u.a. von Lyapis Trubetskoi, Zmitser Vaytsyushkevich, Neuro Dubel, N.R. M. and Krambambulya, ein Projekt von Lyavon Volski, nicht stattfinden. Immer wieder ist daher die „Schwarze Liste“ im Gespräch, auf der, so heißt es, 30 einzelne belarussische und ausländische Künstler und 15 Bands stehen.

Besucherzahlen Minsker und belarussischer/weißrussischer Museen

Angesichts einiger bevorstehender Kulturereignisse, waren die Besucherzahlen der Museen eine Meldung des Kulturministeriums wert. 2011 besuchten 5 Millionen Menschen die Museen von Belarus (zum Vergleich: 1,9 Mio waren es in den Theatern).

An der Spitze der meist besuchten Museen steht die Festung Brest mit 300.000 Besuchern, es folgt das Museumsensemble in Gomel mit 200.000. Ebenso viele Besucher zählte das Schloss Nesvizh (schon jetzt vor der Wiedereröffnung im Juni), das Schloss Mir besuchten 180.000 Interessierte. Das Nationale Kunstmuseum zählte 160.000 Besucher.

Die steigenden Zahlen bestätigen den Minister in seinem Vorhaben, den Tourismus weiter zu entwickeln. Günstig würden sich dazu die Neueröffnung des Schlosses Nesvizh im Juni erweisen, ebenso wie die Eröffnung der Michail Savitskij-Galerie und weitere Vorhaben. Die Erwähnung des „Museums der belarussischen Staatlichkeit“ in diesem Zusammenhang ist insofern interessant, als dies, so die bisherige Information, nicht für den Publikumsverkehr geöffnet sein soll. Außerdem sollen Belarussische Kulturzentren im Ausland eröffnet werden. Eines gibt es bereits in Warschau, weitere sind für Moskau.

Neues vom Museumsviertel in Minsk

Foto: http://www.profi-forex.org/news/entry1008115626.html

Eine neuerliche Meldung des Museumsdirektors Vladimir Prokopcov (BelaPan 13.4.2012) kündigt den schon länger geplanten Ausbau des Viertels rundum das Nationale Kunstmuseum für 2017 an. Demnach geht die Idee auf den Präsidenten selbst zurück.

Ziel des Ausbaus zum Museumsviertel ist die Erweiterung der Ausstellungsfläche, so dass die gesamte Sammlung des Kunstmuseums gezeigt werden kann. Bisher sind insbesondere die Bestände alter und moderner belarussischer Kunst sowie der orientalischen Kunst weitestgehend im Depot. Außerdem soll ein Besucherservicebereich mit Café und Shops entstehen.

In die Erweiterung einbezogen wird das ehemalige Wohnheim der Staatlichen Universität. Bei anderen Gebäuden, die derzeit noch mit Wohnungen belegt sind, gibt es noch Verhandlungsbedarf, ob uns wie diese in die Erweiterung mit einbezogen werden können.

Warum die Meldung gerade jetzt wieder aktuell ist, ist nicht erkennbar. Die Idee jedenfalls ist nicht neu und immer mal wieder im Gespräch.

Subbotnik für das Museum

Auch in diesem Jahr sollen die Erlöse des Frühjahr-Subbotniks, der am 21. April stattfand, wieder dem Museum der Geschichte des Großen Vaterländischen Krieges zugute kommen – ganze 50 % der Einnahmen sollen für den Neubau verwendet werden.

Talkshow zur Lage der Museen in Belarus/Weißrussland

Am 2.4.2012 hat sich die wöchtenliche Talkshow von Vjacheslav Bondarenko, Otkrytj format, mit der aktuellen Lage der Museen befasst. Gäste waren der Direktor des Nationalen Kunstmuseums, der Direktor des Museums der Geschichte des Großen Vaterländischen Krieges, die stellvertretende Leiterin der Museumsabteilung im Kulturministerium und zwei Künstler. Außerdem gab es, wie immer, Wortmeldungen aus dem Publikum, darunter vom Direktor der Gedenkstätte Chatyn, Alexander Guzhalovskij, einem führenden und kritischen Professor für Museumswissenschaften an der BGU oder Alexander Zimenko, einem freien Kurator für zeitgenössische Kunst.

Ausgangspunkt war die Einführung eines Eintrittsgeldes für den Ruhmeshügel. Es kamen aber auch andere Themen zur Sprache wie der Anstieg der Besucherzahlen, die in belarussischen Museen fehlenden Shops und Servicebereiche, Veranstaltungsprogramme und Lange Nacht, private Sammlungen sowie die Frage, warum es in Belarus eigentlich klein Open-Air-Automuseum gibt.

Interessanter als diese Frage war aus meiner Sicht die Umfrage, die während der Sendung bei den Zuschauern durchgeführt wurde. Demnach halten 83% der Belarussen Museen für einen Ort der Aufklärung, nur 17 % bringen sie mit Freizeit und Unterhaltung in Verbindung.

Insgesamt war die Sendung wenig ergiebig. Es gab kein erkennbares Konzept bzw. eine klare Fragestellung. Die Beiträge wirkten daher überwiegend beliebig, wie auch die zusammenfassende Stellungnahme von Bondarenko in seinem Blog: Angesichts der Tatsache, dass Museen lebendige Orte sein sollten, nehme die Verwaltung überhand.

Gerüchteküche aus dem Nationalen Kunstmuseum

Aus Kollegenkreisen ist zu hören, dass das Kunstmuseum das für dieses Jahr zugesagte Budget für Sonderausstellungen vom Kulturministerium nicht bzw. nicht in vollem Umfang erhält. Deshalb könne, so heißt es, keine der geplanten Ausstellungen stattfinden, mit einer Ausnahme: Der Präsentation der von der Belgazprombank neu angekauften Gemälde , die in der Zwischenzeit in Belarus sind (BelaPan 10. April) und im September im Kunstmuseum gezeigt werden sollen. Es handelt sich um die Gemälde „les Amoureux“ von Marc Chagall und “Les grands pres a Chartres” von Chaim Soutine. Es sind die ersten und bisher einzigen Werke der beiden Künstler in Belarus.

Für weiteren Unmut sorgt die Tatsache, dass auch aus Russland, genauer aus der Eremitage, eine „versprochene“ Ausstellung zu 1812 nicht nach Minsk kommen wird. Offenbar fehlt auch hierfür auf weißrussischer Seite das Geld. Und schließlich gab es (bisher freilich interne) Pläne, im Rahmen der Städtepartnerschaft Bonn-Minsk eine Ausstellung zu realisieren. Dieses Projekt wurde ebenfalls auf Eis gelegt – zum einen wegen des fehlenden Geldes, zum anderen aber auch wegen der angespannten politischen Lage, die insbesondere auch das Verhältnis zu Deutschland betreffen.

Budget der Belarussischen Staatlichen Universität

Einer Meldung von BelaPan  im Februar zufolge betrugen die Einnahmen der BGU im Jahre 2011 642.9 Billionen Rubel ($ 77 Millionen). Das sind 60% mehr als im Vorjahr, so der Rektor der Universität. Von diesen Einnahmen stammen 45 % (291.9 Billionen Rubel) von der Regierung. Den größten Teil machen die Studiengebühren aus, ca. 60 % der knapp 30.000 Studierenden müssen diese entrichten. Davon sind ca. 2.000 Ausländer aus 53 Ländern, so die Angaben der Universität.

Künstler und Direktor – Vladimir Prokopcov

Foto: http://goals.by/other?escape=false&page=15

Eine weithin bekannte Persönlichkeit ist der Direktor des Nationalen Kunstmuseums, Vladimir Prokopcov. In der Zeit nach seiner Amtsübernahme als Leiter des Museums 1998 hat das Museum einen Erweiterungsbau erhalten und zahlreiche Ausstellungen realisiert. Für die Zukunft ist ein ganzes Museumsviertel rund um das Kunstmuseum gepant.  Als charismatische Persönlichkeit, häufig im Fernsehen und auf so gut wie allen kulturellen Veranstaltungen der Stadt anzutreffen, gelingt es Prokopcov, das Museum immer wieder ins Gespräch zu bringen. Er ist Professor für Kunstgeschichte, Ehrenmitglied der Akademie der Wissenschaften und natürlich Mitglied des Künstlerverbandes. Außerdem ist er Mitglied der Nationalversammlung und damit durchaus eine politische Persönlichkeit.

Neben seiner Leitungsfunktion ist Prokopcov aber auch weiterhin noch als Künstler tätig. Zu seinen Sujets gehören Stillleben, Landschaften und Themenbildern, in denen er nicht selten selber vorkommt und die bisweilen auch in die Sammlung des Nationalen Kunstmuseums übergehen.

 Hier ein Interview mit Prokopcov aus dem Jahre 2009: http://www.pinguin.by/krupnym-planom/234-prokopzov.html

Streit um den Ruhmeshügel bei Minsk

Seit dem 20. März ist der Zutritt zu dem Gelände nur noch gegen ein Eintrittsgeld gestattet. Der Hügel, etwa 20 km von Minsk entfernt, befindet sich an der Stelle, an der sich 1944 die drei Armeekorps vereinigt haben, die Belarus von der nationalsozialistischen Besatzung befreit haben. Für die Anlage wurde Erde aus den Heldenstädten Moskau, Leningrad, Wolgograd, Sevastopol, Odessa, Kiew und aus der Brester Festung zusammengetragen, sie wurde 1969 eröffnet.

Das Eintrittsgeld beträgt 1.500 bis 3.000 Rubel (= 0,15 bis 0,30 ct.). Eingeführt hat es die Verwaltung der Gedenkstätte in Chatyn, zu der das Geländes des Ruhmeshügels seit einiger Zeit gehört, mit der Begründung, die Pflege der Anlage verursache erhebliche Kosten. Außer dem begehbaren Hügel selbst gibt es dort ein Café und Toiletten. Ein Museum oder Dokumentationszentrum ist nicht vorhanden. Zuvor war es eine Filiale des Museums der Geschichte des großen Vaterländischen Krieges. Er ist ein beliebtes Ziel für Touristengruppen.

Die Einführung des Eintrittsgeldes hat eine Debatte ausgelöst. Am vergangenen Montag (2. April) hat sich die Talkshow „Offenes Format“ von Vjacheslav Bondarenko mit dem Thema befasst.

Direktor des Nationalen Historischen Museums Belarus von seiner Aufgabe entbunden

Leider ist es kein Aprilscherz: Seit der vergangenen Woche ist das Nationale Historische Museum ohne Direktor. Der Vertrag von Sergej Vladimirovich Vecher, der am 23.3. turnusmäßig hätte verlängert werden sollte, wurde seitens des Kulturministeriums beendet. Eine offizielle Presseerklärung gibt es bisher nicht, auf der Website des Museums ist sein Name allerdings entfernt worden.

Vecher, vor seinem Amtsantritt im Historischen Museum vor sieben Jahren Leiter des Janka-Kupala-Museums, hat das Museum mit der ihm eigenen Energie geführt, zahlreiche Ausstellungen realisiert und einen ausländischen Sponsor an das Museum gebunden. Es lässt sich nur vermuten, dass seine Eigenständigkeit letztlich der Grund für seine Entlassung sein wird. Ob und inwiefern Differenzen mit dem Kulturministerium über das kurz vor der Eröffnung stehende „Museum der belarussischen Staatlichkeit“ eine Rolle spielen, ist nicht bekannt. Als Direktor des Historischen Museums war er zuständig für die Konzeption und Realisierung dieses auf die Person des Präsidenten zugeschnittenen Museums. Viele Museumskollegen äußern sich intern immer wieder kritisch zu diesem Vorhaben.

Er kämpfte aktiv für ein neues Gebäude für das Nationale Historische Museum und engagierte sich für eine Neukonzeption gerade auch im Hinblick auf die ausländischen Gäste und Touristen hin, die im Rahmen der Eishockey-Weltmeisterschaft im Jahre 2014 zu erwarten sind.

Bis auf weiteres übernimmt nun seine Stellvertreterin die Leitungsfunktion, weitere Mitarbeiter aber haben bereits angekündigt, das Museum in dieser Situation verlassen zu wollen. Ein Nachfolger ist bisher nicht benannt. Vecher wurde die Stelle eines stellvertretenden Direktors in einem anderen Museum angeboten.

Neues aus dem Museum der Geschichte des Großen Vaterländischen Krieges

Ein Detail aus dem besprochenen Museumsraum.

Noch immer ist die Eröffnung des neuen Museums für Sommer 2013 geplant. Man glaubt es kaum, wenn man den Stand der Vorbereitungen sieht, aber so ist es ja bekanntlich immer: Vorne spricht der Präsident und hinten wird gehämmert. Auch hier wird es nicht anders sein und angesichts der vielen Hindernissen bei dieser Neukonzeption geht die Arbeit gut voran.

Davon konnte ich mich gestern bei einem Workshop im Museum zur Präsentation und Analyse des Raums „Der Kriegsanfang: Die Verteidigungskämpfe der Roten Armee 1941-1942“. Im Zentrum der 400 qm stehen hier die ersten Kampfhandlungen auf dem Gebiet von Belarus bis zum Abschluss der Schlacht um Moskau. Die verantwortliche Wissenschaftlerin stellte mit Unterstützung einer Computeranimation nochmals die Architektur des neuen Museums vor. Anschließend erläuterte sie das aktuelle Raumkonzept, Schlüsselexponate und den geplanten Medieneinsatz (einschließlich hochmoderner FogScreens aus Russland) sowie eine museumspädagogische Station in Anwesenheit der polnischen Gestalterfirma. Als Kommentatoren traten mehrere Historiker auf (u.a. Vladimir Ivanovich Kuzmenko vom Institut für Geschichte der Akademie der Wissenschaften) , aber auch zwei Vertreterinnen des Museums für zeitgenössische Geschichte, Moskau. Als „europäische Expertin“ durfte ich auch meinen Kommentar abgeben – was wieder eines der vielen Paradoxa ist: Im Lichte der aktuellen politsichen Spannungen ist es um so erstaunlicher, dass eine deutsche Historikerin zur Neukonzeptin gerade dieses Museums eingeladen und gehört wird.

Nimmt man die aktuelle Version des Konzeptes aus wissenschaftlicher Sicht in den Blick, dann fällt zunächst auf, dass sich die Auswahl der Themen und ihre Ausarbeitung fast ausschließlich auf die (bela-)russische Geschichtswissenschaft stützen. Damit bleiben einige Themen nach wie vor ausgeklammert. Hinzu kommt die noch immer traditionell sowjetischen Militärlastigkeit der Darstellung. Schaut man von der museumswissenschaftlichen Seite, so ist die Ausstellung überladen, Leitexponate (noch) nicht erkennbar und in ihrer Gestaltung trotz vieler Medien recht konservativ.

Dieser Befund überrascht mich nach meiner Zusammenarbeit mit dem Museum nicht, sowohl der geschichtspolitische Rahmen als auch die Austauschmöglichkeiten mit Vertretern internationaler Museen sind eingeschränkt. Berücksichtigt man diese Umstände, so ist das Konzept gerade zu modern und weist deutlich über die aktuelle Ausstellung hinaus.

Überrascht waren aber die russischen Kolleginnen, die diese Argumente gar nicht gelten lassen wollten. Seien doch die Minsker Kollegen mehrfach und regelmäßig in Moskau gewesen, wo sie nicht nur mit verschiedenen Museen beraten hätten, sondern auch all die modernen Museen und Ausstellung hätten ansehen können, die mittlerweile Standards setzten. Offenbar läge es weniger an den Möglichkeiten, als an den Fähigkeiten der Minsker Museumsleute, dass hier ein „erstaunlich sowjetisches Museum nach alten Mustern“ entstehe.

Konkret kommentierten die Moskauer die zu große Menge an Exponaten, fehlende Themen und Perspektiven wie die der Zivilbevölkerung oder des Alltagslebens der Soldaten, das bisher nicht erkennbare Narrativ der Darstellung, den fehlenden Aktualitätsbezug des Krieges zur heutigen belarussischen Gesellschaft u.a. Hier merkten sie übrigens selbstkritisch an, dass im Falle des Minsker Museums dasselbe zu befürchten sei, wie im Falle des Museums der Verteidigung Moskaus: Es sei leider nicht, wie erhofft, zu dem zentralen Erinnerungsort für die heldenhaften Leistungen der Moskauer im Krieg geworden, weil es einfach „kein gutes Museum“ sei. Harter Tobak!

Nationales Programm zur Instandsetzung historischer Schlösser

Das Schloss Mir steht unter UNESCO-Weltkulturerbe.

Ein umfassendes Programm zur Bewahrung und Restaurierung historischer Schlösser in Belarus für die Jahre 2012 bis 2018 wurde im Januar vom Ministerrat beschlossen. Insgesamt wird das Programm 131 Billionen Rubel (nach heutigen Stand knapp 12 Milliarden Euro) kosten. Davon werden nur 2,5 Billionen Rubel aus dem staatlichen Budget zur Verfügung gestellt. Die restliche Summe sollen die lokalen Behörden aufbringen. Profitieren sollen 38 Schlösser (von insgesamt 150 auf dem heutigen Gebiet von Belarus), die meisten von ihnen sind in schlechtem Zustand und bisher nicht für den Tourismus erschlossen. Dies gilt bisher nur für die Schlösser in Mir und Nezvizh.

Neues aus dem Nationalen Historischen Museum

Das aktuelle Gebäude des Museums. Foto: http://images.yandex.by/

Um das Nationale Historische Museum Weißrusslands/Belarus’ steht es nicht gut. Das ist nichts Neues, aber nun gibt es eine weitere schlechte Nachricht: Das neue Gebäude in der Frunze Straße 19 im Stadtzentrum, in das das Museum mitsamt seinen Sammlungen in naher Zukunft hätte umziehen sollen, um dort endlich Platz für eine neue Dauerausstellung zu haben, wurde einer neuen Bestimmung zugeführt. In Zukunft soll es nicht das Historische Museum, sondern das erst kürzlich ins Leben gerufene Komitee für Aufklärung beherbergen.

Seit langem schon ist das Historische Museum auf der Suche nach einer Lösung für die zahlreichen Herausforderungen. An vorderster Stelle steht dabei der Bedarf an mehr Raum, sowohl für die Ausstellung als auch für die Sammlung. Der Umzug in das renovierte Gebäude hätte diese Probleme lösen können. Eine Alternative wurde dem Museum bisher nicht angeboten.

Eine Alternative ist der Umbau des jetzigen Gebäudes in der Karl-Marx-Straße. Um genug Platz und museumsgerechte Bedingungen für das Historische Museum zu schaffen, müsste das Gebäude grundsaniert und ein neuer Ort für das derzeit ebenfalls im Gebäude untergebrachte Naturkundemuseum gefunden werden. Doch ist weder Geld für den Umbau vorhanden, noch gibt es ein geeignetes Gebäude für das Naturkundemuseum.

Foto: http://images.yandex.by/

Das Museum des Großen Vaterländischen Krieges und die Wirtschaftskrise

Der Neubau des „Museums des Großen Vaterländischen Krieges“ am Obelisken Minsk Heldenstadt geht voran, trotz Wirtschaftskrise und chronischem Staatsdefizit. Probleme gibt es derzeit mit dem alten Gebäude bzw. der dort gelagerten Sammlung. Diese kann aufgrund der Stadtplanung der Behörden dort nicht bis zum Umzug in das neue Gebäude bleiben, das 2013 eröffnet werden soll. Der Plan sieht vor, dass die Sammlung in einem anderen Gebäude zwischengelagert werden soll, damit das alte Gebäude am Oktoberplatz in der Stadtmitte noch vor Juli 2012 abgerissen werden kann. An seiner Stelle soll ein 5-Sterne Hotels entstehen, das bereits bis zur Hälfte gebaut ist. Der zweite Teil kann nun nicht begonnen werden, da es bisher kein Gebäude gibt, in das das Museum mitsamt seiner Sammlung umziehen kann. Offenbar betreffen die Folgen  dieser Planänderung aber bisher nicht das Museum, sondern das Hotel. Demnach ist dieses Bauvorhaben eines von mehreren Projekten mit internationaler Beteiligung, die nicht in der geplanten Weise realisiert werden, sondern den veränderten Umständen angepasst werden müssen. Demnach wird das Museum vorerst an alter Stelle bleiben.

Besucherzahlen in Minsker (und anderen weißrussischen) Museen

Tiefe Einblicke in die Besucherzahlen und –statistik der belarussischen Museen gibt eine Äußerung des Kulturministers vor einigen Tagen. Demnach erreichen die meisten Museen die angestrebte Besucherzahl nur dadurch, dass sie einer großen Anzahl der Besucher freien Eintritt gewähren. Dies sei verständlich bei Museen wie der Brester Festung, so Latuschko, deren 340.000 Besucher im Jahr sich zur Hälfte aus Besuchern von Veranstaltungen zusammensetzten. Unverständlich sei dagegen, dass zum Beispiel das Nationale Kunstmuseum nur 97.000 zahlende Besucher aufweisen könnte, obwohl es eine der bedeutendsten Sammlungen des Landes beherberge.

Übersehen hat der Minister dabei offenbar, dass die Besucherzahlen vorgegeben werden, was dazu führt, dass Schulklassen und Armeetruppen mehrfach in eine Ausstellung abkommandiert werden, damit die angestrebten Zahlen erreicht werden. Von knappen Budgets, die eine zielgruppengerechte Vermittlungsarbeit oder gar Marketing ermöglichen, ganz zu schweigen.

Ebenfalls unzufrieden war der Minister damit, dass kein einziges Nationalmuseum im Jahre 2011 eine Ausstellung im Ausland veranstaltet habe.

Preis für „geistige Wiedergeburt“ auch im Kulturbereich vergeben

Foto: http://zapadrus.su/ruszizn/sobrz/544--l-r-l-r.html

Und da ist er schon wieder – Vjacheslav Bondarenko. Derzeit begegnet er mir wirklich überall. Dieses Mal gehört er zu den Trägern des diesjährigen Preises für „geistige Wiedergeburt“. Zusammen mit weiteren Kollegen vom Fernsehen wurde er für die Dokumentarfilmreihe „Heldenstädte“ ausgezeichnet.
Aus dem Kulturbereich erhielt ferner eine Gruppe von Mosaikkünstlern. Von ihnen stammt das Mosaik in der Kapelle auf dem ehemaligen Friedhof für Soldaten des Ersten Weltkrieges, der zu einer Gedenkanlage umgestaltet wurde.
Neben den Kulturschaffenden sind hauptsächlich Personen aus dem Sozial- und Kirchenbereich ausgezeichnet worden, darunter Ärzte einer Kinderklinik in Gomel und der Erzbischof von Nowogrudok und Lida Guri. Aber auch eine kinderreiche Familie wurde geehrt, die im Laufe von 20 Jahren 11 Waisen großgezogen hat. Derzeit erziehen sie weitere fünf Kinder.

Die Museumslandschaft in Belarus …

… ist vielfältig und birgt viele Überraschungen in einem politischen System, in dem man wenig Spielräume vermutet. Mehr noch als die Museen selbst profitieren die Museumsmitarbeiter noch immer von der Aufbruchstimmung der frühen 90er Jahre. Was fehlt, sind internationale Kontakte und die Entwicklukng von Qualitätsstandards.

Eine Bestandsaufnahme der gegenwärtigen Situation, aktueller Tendenzen und Herausforderungen habe ich für die aktuelle Ausgabe der „Belarus-Analysen“ der Forschungsstelle Osteuropa an der Universität in Bremen zusammengestellt, ergänzt von statistischen Angaben zur lage der Museen, die vom Institut für Belarussische Kultur stammen. Zum vollständigen Text geht es hier.

Frauenpower

Eigentlich fällt diese Nachricht nicht in den engeren Themenbereich des Blogs, Kultur und Museen in Belarus, aber ich kann nicht umhin, sie doch aufzugreifen. Wie BelaPan am 14. Oktober schreibt, hat der Präsident verkündet, dass er Frauen zwar sehr schätze, ja sie sogar für „die größte und unnachahmliche Arbeit der Natur“ halte, aber Präsident des Landes könnten sie dann doch nicht werden. Begründung: Das sei eine schwere Arbeit, für die Frauen nicht gemacht seien.

Vorsichtshalber wies wer noch darauf hin, dass 30 % der Sitze im Belarussischen Parlament von Frauen besetzt seien. Der Grund dafür, so Lukaschenko weiter, liege darin, dass er Frauen mehr vertraue als Männern, sie seien verantwortungsbewusst, weniger abenteuerlustig und weniger korrupt. Aber Präsident, nein, dass dann doch nicht. Möglich, so Lukaschenko, ist das in der EU, hier geht es schließlich mehr um die Repräsentation. In Belarus dagegen muss der Präsident hart arbeiten.

Dies tun übrigens viele Frauen in hohen Positionen in Belarus, das jüngste Beispiel ist die Präsidentin der Nationalbank. Auch werden deutlich mehr Museen im Land von Frauen geführt, als das in Deutschland der Fall ist, z.B. das Janka-Kupala-Literatur-Museum (Minsk), das Theater- und Musikmuseum (Minsk), das Kultur- und Palastmuseum in Polock und viele andere.

Ein Museum des ganzes Landes

http://news.tut.by/culture/253266.html (12.10.2011)

Wieder mal muss die Bevölkerung ran, dieses Mal bei der Finanzierung des neuen Gebäudes des Museums der Geschichte des Großen Vaterländischen Krieges. Zwei Etagen sind schon gebaut, die Eröffnung ist für 2013 geplant. Nun kann sich die Regierung die Finanzierung wegen der Wirtschaftskrise wohl nicht mehr in vollem Umfang leisten, aufgrund der ideologischen Bedeutung des Vorhabens kann es aber auch nicht gestrichen werden. Also setzt man verstärkt auf die Spendenbereitschaft der Belarussen. Ein öffentliches Konto gibt es schon seit Jahren. Nur leider haben sich da bisher nur 400 Mio. Rubel, also 52.000 € eingefunden. Insgesamt sind die Kosten allein für den Bau mit 160-170 Milliarden Rubel (ca. 22 Mio. €) veranschlagt. Eigentlich eine vergleichsweise kleine Summe für ein großes, modernes Museumsgebäude, wie man gerade in diesen Tagen im Vergleich zum Militärhistorischen Museum der Bundeswehr in Dresden, das am Freitag eröffnet wird, feststellen kann. Hier waren es über 60 Mio. (allerdings mit Innenausbau).

http://news.tut.by/culture/253266.html (12.10.2011)

Wieder mal gibt es also eine Fernsehkampagne, die auf das „Gemüt der Weltkriegserinnerung drückt“ (so TUT.BY) und Geld für das Museum generieren soll. Bereits ein Teil der Erlöse des Subbotniks, des zwangsweisen Arbeitssamstags in diesem Frühjahr, wurde für das Museum abgezweigt. Die erneute Initiative, für das Museum Geld zu sammeln, wird daher eher missmutig von den Medien aufgenommen. TUT.BY schreibt, ähnlich bei damals bei der Nationalbibliothek, nähmen die Aufrufe zu Spenden der gesamten Bevölkerung schon einen „zwanghaften Charakter“ an.

Das jetzige Gebäude des Museums aus dem Jahren 1964 wurde übrigens aus der Liste der zu schützenden Gebäude gestrichen, weil dort ein Hotel anlässlich der Eishockey-Weltmeisterschaft 2014 entstehen soll. Ein Teil der Finanzierung des neuen Gebäudes, so heißt es aus Museumskreisen, kommt aus Mitteln, die die Hotelkette Kempinksi zahlen muss, um an diesem Platz bauen zu können.

Zeitgenössische Kunst in der Galerie Ȳ

Die gestrige Eröffnung der Ausstellung „Wie in einem schrecklichen Märchen“ möchte ich nutzen, um endlich über die einzige unabhängige Galerie für zeitgenössische Kunst zu berichten. Leicht versteckt in einem typischen Minsker Hinterhof, bildet die 120 m² große, 2009 gegründete Galerie den Mittelpunkt einer Reihe von Geschäften und Einrichtungen der alternativen Jugend- und Kunstszene. Dies war gestern Abend wieder mal eindrucksvoll zu erleben: Eine erfrischend schräge Mischung aus jungen und ganz jungen Leuten, vielen Künstlern und Literaten, aber auch „ganz normaler“ mittelalter Besucher und einigen Ausländern. Im Zentrum der Aufmerksamkeit stand zunächst die Eröffnung der Ausstellung des Künstlers Michail Senk’kov, der eine Reihe von Gemälden und Graphiken in seiner ersten Einzelausstellung präsentierte. Eindrucksvoll in ihrer Wirkung und technisch präzise in der Ausführung sind seine Werke Ausdruck für die inneren Konflikte, Ängste und Träume des Künstlers. Verstärkt wurde die zugleich beklemmende wie inspirierende Atmosphäre durch den Auftritt von Schauspielern des Freien Theaters, die in eindrucksvollen Kostümen die Fantasie der Märchenwelt in die Galerieräume trugen.

Draußen vor der Tür wurde alsbald ein Feuer in einer alten Tonne entzündet – endlich mal wieder ein Gefühl wie in Berlin-Kreuzberg – und die Gespräche bei einem Glas Wein, einer Flasche Bier und einer Zigarette fortgesetzt. Der Galerieshop (mit seinem in Minsk einzigartig originellen Angebot), das Designer-Büro direkt neben der Galerie, war ebenso geöffnet wie das Café Malako, das sich auf wohltuende Weise von den sonst entweder teuren und schicken, provisorisch in einem Zelt untergebrachten oder standarisierten Cafés in Minsk unterschiedet. Allein die Buchhandlung des Verlags Loginoȳ mit ihrem reichen Angebot an belarussischer (Naša Niva, PARTisan, Arche etc.) sowie nicht überall zu habender russischsprachiger Literatur war nicht mehr geöffnet.

Das Programm der Galerie kommt bereits in ihrem Namen zum Ausdruck, dem Buchstaben ȳ, den es nur im belarussischen Alphabet gibt. Dies verweist auf den Programmschwerpunkt der Galerie: belarussische Künstler sowie solche, die mit ihrem Werk in Beziehung zu Belarus stehen. Galina Kisiljova, eine der beiden Direktorinnen, ist selbst zugezogen, nicht mit belarussisch als Muttersprache aufgewachsen und spricht zur Eröffnung auch russisch. Dafür die ist Internetseite der Galerie nur auf belarussisch, für eine englische Variante hat bisher das Geld nicht gereicht. Überhaupt ist das der wunde Punkt: Die Galerie ist im wesentlichen auf Eigenmittel angewiesen, Sponsoren finden sich nur selten und das System der Spenden oder eines Freundeskreises ist in Belarus bisher nicht sehr verbreitet. Staatliche Unterstützung gibt es keine, dafür zwischendurch eine Projektförderung durch den German Marshall-Fund oder das Goethe-Institut im Rahmen des Programms für Kulturmanager. Insgesamt vier Personen arbeiten in der Galerie, die neben dem Ausstellungsraum über ein winziges Büro und einen Lagerraum verfügt. Von Anfang an hat das Projekt Resonanz in internationalen Künstlerkreisen gefunden, der sich mit den Jahren stetig erweitert. Leider ist es nur selten möglich, die zum Verkauf stehenden Arbeiten der Künstler in einem Katalog zu veröffentlichen. Ernsthafte Probleme mit „den Behörden“ gab es bisher nicht, wenngleich die Arbeit schwierig bleibt. Doch das Engagement lohnt sich, die Galerie ist ohne Zweifel ein besonderer Ort in Minsk.

Interview mit den beiden Leiterinnen: http://news.tut.by/146438.html

Weiteres zur zeitgenössischen Kunst in Belarus: www.art-belarus.com

Planerfüllung im Museum

Wieder mal ein schönes Beispiel für die staatlich reglementierte Kulturpolitik ist der jüngste Beschluss des Ministeriums vom 28. Juli (Meldung bei der Nachrichtenagentur Belapan). Demzufolge müssen alle Museen, die zum Kulturministerium gehören, bis Ende 2012 eine Website aufweisen können.

Ebenfalls vorangetrieben und bis 2015 abgeschlossen sein soll die digitale Erfassung der Sammlungen, die dann online zugänglich sein sollen. Bisher nutzen 125 von 153 Museen eine Software für die Sammlungsverwaltung. Bereits seit im September 2010 existiert ein Nationaler Sammlungskatalog, in den bisher 4.000 Objekte eingespeist wurden. Besser aufgestellt sind die Bibliotheken des Landes, von denen nach Aussage des Ministeriums alle bereits ans Internet angeschlossen sind.

Belarus auf der 54. Biennale in Venedig I

Erstmals wieder seit 2005 ist Belarus mit einem eigenen Pavillon in Venedig präsent. Auf 170 m² vertreten die Künstler Yury Alisevich, Artur Klinau, Kanstantsin Kastsiuchenka, Viktar Piatrou und Dzianis Skvartsou ihr Land mit dem Projekt „Kodex“, einer künstlerischen Interpretation von Textdesign. Es ist geplant, einige der Arbeiten im Dezember in Minsk im Museum für zeitgenössische Kunst auszustellen.

Die Teilnahme in diesem Jahr geht auf eine Entscheidung „von ganz oben“ zurück und wird vom Kulturministerium finanziert. Außerdem beteiligt sind das Museum für zeitgenössische Kunst, die Kunstakademie und die Botschaften Italiens in Belarus und von Belarus in Italien. 2009 hatte es die staatliche Kulturförderung, die die zeitgenössische Kunst ohnehin kaum bis gar nicht einschließt, „versäumt“, Belarus auf der Biennale zu präsentieren. Daraufhin initiierten 30 Künstler ein Projekt: Den Weißrussischen Pavillon auf der 53. Biennale in Venedig – in Minsk. Die Ausstellung, die im Juni 2009 im Ausstellungszentrum BelExpo eröffnet wurde, erregte viel Aufmerksamkeit und unterstrich den Vorwurf der Künstler, seitens der staatlichen Stellen werde im Ausland der Eindruck vermittelt, in Belarus mangele es an Gegenwartskunst auf internationalem Niveau – was insofern stimmt, als Künstler hier unter erschwerten Bedingungen kaum Chancen haben, sich international zu entwickeln.

Offenbar aber wollte Belarus diesen Vorwurf nicht auf sich sitzen lassen und schickte nun fünf Vertreter der zeitgenössischen Kunst nach Italien. In der Berichterstattung über die Biennale ist Belarus bisher nicht aufgetaucht, was angesichts der schwierigen Situation, in der sich viele der Künstler im eigenen Land befinden, bedauerlich ist. Umso mehr Aufmerksamkeit sei dem Pavillon in Venedig und damit auch Belarus selbst beschieden!

Einen virtuellen Rundgang durch den Pavillon bietet ein Video auf youtube. Weitere Informationen zu zeitgenössischen Künstlern findet man bei der amerikanischen (!) Galerie BellaBelarus.

Neues vom Museumsviertel Minsk

Seit längerem bereits ist rund um den Standort des Nationalen Kunstmuseums (Leninstraße 22/Kirovstraße 25) ein Museumsviertel geplant. Nun meldet der „Minsker Kurier“ (29.4.2011) neue Aktivitäten zu dessen Realisierung, die bis 2017 abgeschlossen sein sollen.

In den Gebäuden wurden nach dem Krieg Bewohner der Stadt untergebracht. Derzeit sind dort Büros des Museumspersonals untergebracht. Für Ausstellungszwecke sind die Bereiche eher ungeeignet. Durch Umbau- und Restaurierungsmaßnahmen in der Kirovstraße sollen die Räume als Depot und Bibliothek nutzbar gemacht werden. Die schon jetzt dort befindlichen Gästezimmer für das Museum sollen erhalten bleiben. Das Gebäude erhält eine neue Etage, die nach derzeitigem Planungsstand einem Kunstatelier für Kinder überlassen werden soll. Bisher für die Administration genutzte Räume in der Leninstraße sollen dann als Ausstellungsbereich zur Verfügung stehen.

Das neue Museumsquartel. Quelle: http://mk.by/ (29.4.2011)

Speziell für den Ausbau zu einem Museumsquartal erhält das Museum zusätzlich das Gebäude des ehemaligen Wohnhauses der Staatlichen Belarussischen Universität in der Karl-Marx-Straße 24, das perspektivisch die nationale Kunst von Belarus sowie ein Café und einen Museumsshop beherbergen soll. Im Café plant der Direktor des Museums, Vladimir Prokopcov, eine zusätzliche Fläche für Sonderausstellungen von Werken sowohl professioneller Künstler als auch von Studenten. Während es tagsüber nur den Besuchern des Museums offen stehen soll, wird es abends von der Straße aus öffentlich zugänglich sein.

Alle Gebäude des zukünftigen Kulturstandortes sollen untereinander verbunden sein und im Innern einen gemeinsamen Hof bilden, der als Ort der Begegnung und Kommunikation geplant ist. 2012 starten die ersten Baumaßnahmen, die abschnittsweise fertig gestellt werden sollen. Als Vorbilder für das, zumal in Zeiten akuter Devisenknappheit wahrlich ambitionierte Projekt werden Wien, Berlin und Amsterdam genannt.